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Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519<br />

seinen Gemälden gegenüber verhielt, so weit ging seine Kritik hier über das Ziel<br />

hinaus. Bei der subjektiven Willkür des Sammlers war alles möglidt: Edttes für<br />

edtt auszugeben (Prehnit), Unechtes für edtt anzupreisen (Gemälde) und Edttes<br />

wie Unedttes zu behandeln (Lysimadten).<br />

5. Der große "Diamant"<br />

Die vierte und letzte Stufe der Sammlungsbesdtreibung ist nur noch einem einzigen<br />

Objekt gewidmet, dem angeblichen großen Diamanten. Zwisdten die Besdtreibung<br />

der Münzensammlung und die Vorführung des "Diamanten" hat Goethe die<br />

Sdtilderung seines Ausfluges nach Sdtloß Harbke zur Familie des Grafen von VeItheim<br />

eingefügt 165). Was Goethe dort antraf, strahlte Frisdte, Ordnung und soziale<br />

Gesinnung aus. Die berühmten Harbker Bäume wurden bewundert; Altes und<br />

Neues, Vergangenheit und Gegenwart sdtienen hier in frudttbarer Weise miteinander<br />

verbunden zu sein. Die kleine versteinerte Seelilie, die Goethes Sohn dort zum<br />

Gesdtenk erhielt 166), ersdteint in der autobiographisdten Erzählung als Quintessenz<br />

der kurzen Berührung mit dieser WeIt. Im Bild des Enkriniten läßt der<br />

Didtter sein Liliensymbol aufleudtten, wie es uns urbildlidt aus dem Rätselmärdten<br />

von 1795 vertraut ist 167).<br />

Als Ernst Jünger im Jahre 1947 in Königslutter die berühmte Petrefaktensammlung<br />

von Otto Klages besidttigte, notierte er in seinem Tagebuch 168):<br />

"Nachmittags sahen wir die Versteinerungen, die Herr K1ages seit vielen Jahren aus dem<br />

Gebiet des Elm und auf seinen Reisen zusammengetragen hat. Sie lagen in flachen<br />

Schubladen auf rotem Samt. Besonders fiel mir eine Reihe großer, sehr sauber aus dem Steinkern<br />

präparierter Taschenkrebse auf. Die Seelilien des Elm leuchten im Glanz marmorner<br />

Magnolienknospen; ich erhielt eine zum Andenken. Wir betrachteten gebänderte Achate,<br />

Abdrü&e niederer Tiere im Solnhofener Schiefer, Ammoniten, die wie knotige Goldmünzen •<br />

geprägt waren. Die Palme gebührte versteinerten Koniferenzapfen aus Kalifornien, durch die<br />

Querschnitte gelegt waren. Im amethystenen Feinschliff leuchteten Kränze von hellen Pinienkernen<br />

auf. Die Sdtänheit solcher Gebilde hat etwas Umwerfendes, trifft wie mit Pfeilen<br />

unser Herz. Wir schließen die Augen vor dem zu starken Glanze, der aus der Präge stätte<br />

auf diese Schätze fällt. Wir dürfen ihn nur in den Spiegelbildern sterblicher Schönheit ahnen;<br />

in seiner Reinheit würde er tödlich sein." (Taf. 8)<br />

Der helle Kristall, der nun folgt, bildet als durchlidttete Materie die Bekrönung<br />

der Sammlungsbesdtreibung. Auf der Spitze der Pyramide ist er ein Sinnbild<br />

hödtster über- und Zusammensdtau, alle bisher genannten Aspekte voraussetzend<br />

und in sidt begreifend. Rein äußerlich gesehen war die Vorführung dieses "Diamanten"<br />

die größte Rodomontade, die sidt Beireis seinen Gästen gegenüber erlaubte.<br />

185) W A 35, U5-:u8. - VgI. dazu Be c k e r 4

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