Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...
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Des weiteren ist zu berücksichtigen, daß der Dichter den in seiner Beweglichkeit<br />
jugendlich wirkenden Greis mit einern Irrlicht verglichen hat 160). Auch das Irrlichtsymbol,<br />
wie wir es aus Goethes Märchen von der grünen Schlange und der schönen<br />
Lilie kennen, ist eng auf das Gold bezogen. In diesem Märchen treten zwei Irrlichter<br />
als flammende Jünglinge auf. Sie besitzen die Fähigkeit, Gold in sich aufzunehmen<br />
und in geprägter Form, als leuchtende Scheiben wieder von sich abzuschütteln<br />
161). Auf diese Eigenschaft scheint Goethe anzuspielen, wenn er bei der<br />
Beschreibung der römischen Kaisermünzen sagt 162):<br />
Was jedoch an dieser Sammlung am höchsten zu bewundern, war die Vollkommenheit der<br />
Abdrücke, welche sämmtlich als kämen sie aus der Münze vorlagen. Diese Bemerkung nahm<br />
er wohl auf, und versicherte, dap er die einzelnen erst nach und nach eingetauscht und mit<br />
schwerer Zubupe zuletzt erhalten und doch noch immer von Glück zu sagen habe.<br />
War Beireis auf die Reihe der römischen Kaisermünzen besonders stolz, so<br />
behandelte er die Gepräge des thrakischen Königs LysimachUS mit betonter Verachtung.<br />
Der Versteigerungskatalog der Beireis-Münzen weist zwei Gepräge dieses<br />
Typs nach, der auf der Vorderseite den jugendlichen Alexanderkopf mit Ammonshorn<br />
und Diadem und auf der Rückseite die sitzende Athena mit einer Nikefigur<br />
zeigt 168). Beireis hielt alle goldenen Lysimachen für Fälschungen. Diese These<br />
diente Goethe als Anknüpfungspunkt für folgende abschließende Bemerkung 164):<br />
Nun war aber nicht zu läugnen, dap er in diesem Fache unterrichtet und in gewissem Simle<br />
ein Kenner war: denn er hatte ja schon in froheren 1ahren eine kleine Abhandlung, wie echte<br />
und falsche Münzen zu unterscheiden seien, herausgegeben. Indessen scheint er auch hier wie<br />
in andern Dingen sich einige Willkür vorbehalten zu haben, denn er behauptete, hartnäckig<br />
und über alle Münzkenner triumphirend; die goldnen L'Ysimachen seien durchaus falsch, und<br />
behandelte dephalb einige vorliegende schöne Exemplare höchst verächtlich. Auch dIeses<br />
ließen wir, wie manches andere, hingehen und ergötzten uns mit Belehrung an diesen wirklich<br />
seltenen Schätzen.<br />
Aufgrund der genauen Beschreibung bei Leitzmann läßt sich feststellen, daß die<br />
beiden fraglichen Gepräge echt waren (Taf. 7). Warum hat sich Goethe zu dieser<br />
Richtigstellung bewogen gefühlt? Es ist das Leitmotiv der Echtheitsprobe, das<br />
hier in einer interessanten Abwandlung aufgegriffen wird. So unkritisch sich Beireis<br />
180) W A 35.111: ja ich habe kluge Menschen gekannt, die sich eine Zeitlang von diesem<br />
Irrlicht nachziehen liepen.<br />
161) Zum Irrlicht-Symbol bei Goethe vgl. S t ein er, Geheime Offenbarung !rIO.<br />
14-15; Lucerna. Märchen 151-158; Steiner. Goethes Geistesart 76-77; Weinha<br />
nd I 341-344; Sc h m i d t. Irrlimt 168-189.<br />
162) W A 35. 121-211.<br />
163) Bei r eis. Münzen S. 3 Nr. 6 = Müll er. Münzen Nr. 185 (posthume Prägung<br />
der Stadt Istria mit barbarisierendem Münzbild). Taf. I. 15. DesgI. Bei r eis, Münzen S. 3<br />
Nr. 7 (mit anderem Beizeimen. nicht genau zu identifizieren). Vgl. Bö t ti ger (Besuch<br />
1793) in: He ist e r 158. Siehe aum Fra n k e II8-u9 und zur Frage der Lysimachen<br />
Fälsmungen Müll er. Münzen 5-7. Siehe auch Fern m e 1 Nr. 189: Zeimnung Goethes<br />
(Alexander-Kopf) nam einer Tetradrachme des Lysimachus.<br />
164) W A 35. 123.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519