Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...
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Eine weitere Anmerkung gilt einem Gemälde 132), auf dem der auferstandene<br />
Christus mit den Jüngern zu Emmaus dargestellt war 133). Beireis schrieb dieses<br />
Bild, das in seinem Arbeitszimmer aufgehängt war, Michelangelo zu.<br />
"Den eilften September des vorigen Jahres bellte der Hund des Herrn Raths Frankenfeld<br />
1M), wie er dieses selbst bezeugen kann, in seiner Gegenwart zu zwei versmiedenen<br />
Malen die auf dem Gemählde befindlimen drei Mensmen an, und andere Male nom mehrere<br />
Hunde."<br />
Als Goethe im August 1 Ra 5 nach Helrnstedt kam, blieben ihm diese Anekdoten<br />
vermutlich nidlt erspart, und auch Achim von Arnim schrieb im Herbst des folgenden<br />
Jahres nach seinem Besuch bei Beireis 135): nunter den Gemälden schien er nur<br />
das zu schätzen, was Hunde angebellt oder Consistorialräthe beweint." Kommen<br />
wir von hier aus auf die Goethesche Formulierung in den Tag- und 1ahresheften<br />
zurück, so bemerken wir folgende Abweichungen von den Fußnoten des Beireis<br />
Gedichtes: Statt von der Mariengestalt des ersten Bildes spricht Goethe von einem<br />
Christus. Im zweiten Gemälde wird das Brot hervorgehoben und die Rasse des<br />
Hundes in eigenartiger Weise präzisiert. Das dritte Bild dürfte vom Dichter aus<br />
der Erinnerung ergänzt oder frei hinzu erfunden sein. Wichtig erscheint, daß Goethe<br />
die überlieferte Zweiheit zu einer Dreiheit erweitert und zu einer Art blasphemischer<br />
Trinität umgestaltet hat 136).<br />
Andere Gemälde dagegen waren geeignet, das phantastische Chaos der Beireisischen<br />
Sammlung in einem versöhnlicheren Licht erscheinen zu lassen. Zwei derartige<br />
Motive wählte Goethe aus und stellte sie als positive Beispiele den drei<br />
Curiosa gegenüber. So hat das Selbstbildnis des jungen Dürer von 1493 einen<br />
besonders nachhaltigen Eindruck auf ihn ausgeübt. Eines der interessantesten<br />
132) Zu den Versen in Bei re i s, Morgengesimt:<br />
"Sie staunten, als im es erzählte,<br />
Das Hund' ein Bild einst angebellt,<br />
Das Bonarotti's Geist beseelte;<br />
Das einz'ge Beispiel in der Welt."<br />
UlI) Bei r eis, Gemälde Nr. 77. Beireis in seinem Brief an Henry von 1808 e b d a.<br />
S. VIII: "Eines seiner [d. i. Mimelangelos] größten Meisterstücke. Dieses stellt Christus mit<br />
den beiden Jüngern zu Emaus vor. Christus mit dem göttlimen Gesimte, welmes je gezeimnet<br />
ist, sitzt in Cleophas Laube, in welme die untergehende Sonne ihre Stralen einfallen<br />
läßt, Rn der Mitte des Tismes; an beiden Enden desselben die Jünger, Christus sieht mit der<br />
edelsten dankbarsten Gebärde zum Himmel empor, indem er das Brot brimt, und eben seine<br />
Gestalt wieder angenommen hat. Beide Jünger äußern freudiges Erstaunen, ihren Lehrer<br />
wieder lebendig zu sehen. Im Gesimte des Matthias ist der Contrast der Traurigkeit und<br />
Freude mit der hömsten Kunst ausgedrückt. überhaupt ist der Ausdruck in diesem einzigen<br />
Gemälde so bewundernswürdig groß und entzückend, daß, wenn im des Tages oder Namts<br />
anhaltend mim fast abgestumpft gearbeitet habe, die Betramtung dieses Gemäldes und die<br />
Freude über den Besitz desselben, mim fähig mamt, sogleim wieder die stärksten Geistesarbeiten<br />
vorzunehmen."<br />
1:1&) Ludwig Georg Frankenfeld, ab 1791 Rat zu Hclmstedt, gestorben 1808. VgI. S t AW b<br />
37 Alt 3740; 3 Alt vor!. Nr. 501.<br />
,,-<br />
1M) Schüddekopf HZ.<br />
13~) Vgl. hiermit Ti eck, Sternbald 91-91.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519