Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519<br />
keit des Stifts Gandersheim selbst zu verdunkeln, wirkte sich aber zunehmend auf<br />
dessen Eigenklöster dahin aus, daß diese gleich den übrigen geistlichen Anstalten<br />
innerhalb der welfischen Territorien zu den steuerlichen und sonstigen Leistungen<br />
und Diensten des Landes herangezogen wurden und mehr und mehr als "Landstand"<br />
galten. Diese Entwicklung mußte von den Klöstern hingenommen werden<br />
und ergab sich zwangsläufig eben daraus, daß ein wirksamer Schutz nur von den<br />
Herzögen bzw. ihren Amtleuten auf der Gandersheimer Burg als den Trägem der<br />
öffentlichen Gewalt gewährleistet werden konnte und diese mehr Sicherheit zu<br />
garantieren vermochten als das Reichsstift, dessen ursprünglich starke Lehnsmannschaft<br />
sich längst mit dem herzoglichen Machtträger arrangiert hatte.<br />
Ein landesherrliches "Klosterregiment" im weltlichen Bereich konnte von den<br />
Gandersheimer Eigenklöstern noch aus einem weiteren Grunde als den Verhältnissen<br />
gemäß empfunden werden. Die Klosterreform des 15. Jhs. war gerade von den<br />
welfischen Landesherren, die sich von ihrer Durchführung mit Recht eine Stärkung<br />
der Wirtschaftskraft des einzelnen Klosters erhofften, wesentlich gefördert worden.<br />
Es wurde bereits oben daran erinnert, daß Clus der eigentliche Ausgangspunkt der<br />
großen, später unter dem Namen der Bursfelder Union bekanntgewordenen Reformbewegung<br />
gewesen ist. Nur mit tatkräftiger Hilfe des" weltlichen Armes", durch persönliches<br />
Eingreifen des fürstlichen Landesherrn, hatte im Jahre 1430 Abt Johannes<br />
Dederoth die Reform des zu stiftischen Lebensformen übergegangenen und wirtschaftlich<br />
nahezu ruinierten Klosters in CIus durchzuführen und einige Jahre später<br />
auf Veranlassung des Herzogs auch in Bursfelde das gleiche zu tun vermocht 39). Die<br />
Unterstützung der Cluser Reform durch die Gandersheimer Äbtissin trat demgegenüber<br />
zurück. So überwogen die wechselseitigen Interessen von Landesherr und<br />
Kloster dessen eigenkirchenrechtlich begründete Beziehungen zum Reichsstift Gandersheim.<br />
Ja, der in der zweiten Hälfte des 15. Jhs. eben infolge der Reform einsetzende<br />
beispiellose wirtschaftliche Aufschwung des Klosters Clus, die hervorragende<br />
Stellung, die seine Äbte zumal in den ersten Jahrzehnten des 16. Jhs. in der<br />
Führung der Bursfelder Kongregation innehatten 40), stärkten sein Selbstbewußtsein<br />
in einem Maße, daß das alte Eigentums- bzw. Patronatsverhältnis zum Reichsstift,<br />
welches sich abgesehen von den liturgischen Verpflichtungen des Abtes im wesentlichen<br />
auf dessen Eidesleistung und Bestätigung beschränkte, als nicht mehr angemessen<br />
und mit den Grundsätzen der Bursfelder Reform unvereinbar empfunden<br />
wurde 41). Hinzu kam, daß mit dem Einsetzen der den Adel und die Städte der<br />
89) Herbst, a. a. O. S. 19 und 31. Dazu die Smilderung von der persönlimen Verhaftung<br />
des die Reform verweigernden und deshalb abgesetzten Cluser Abtes Dethlev von Hannover<br />
durm Herzog Otto den Einäugigen in Johannes Busm's Liber de refonnacione monasteriorum<br />
(brsg. von K. Grube, Gesmimtsquellen der Provo Samsen 19, 1886, S. 517 ff.), die als solme<br />
zuverlässig ist. Vgl. allgemein aum Adolf Brenneke, Vor- und namrefonnatorisme Klosterherrsmaft<br />
und die Gesmimte der Kirchenreformation im Fürstentum Calenberg-Göttingen I,<br />
I, 1918, Absmnitt 1 passim, und Horst Rel1er, Vorrefonnatorisme und refonnatorische Kirchenverfassung<br />
im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel (Studien zur KirmengesmidJte<br />
Niedersamsens 10, 1959), S. 50 f.<br />
40) Vgl. P. Volk, Generalkapitelsrezesse II, 1957, S. 5,14, 46, 51 U. ö.<br />
U) Vgl. IOIx I Urk 98 und den von Henrieus Bodo später darauf angebramten Rü