Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519<br />
überdieß von der Art war, daß sie sich verstärken und täglich ein größres Gewicht tragen<br />
konnte, diese gebeimnißvolle Tugend hatte mich dergestalt zur Bewunderung hingerissen,<br />
daß ich mir lange Zeit bloß im Anstaunen ihrer Wirkung gefiel. Zuletzt aber glaubte ich<br />
doch einige nähere Aufschlüsse zu erlangen, wenn ich die äupere Hülle wegtrennte. Dieß<br />
geschah, ohne dap ich dadurch klüger geworden wäre: denn die nackte Armatur belehrte mich<br />
nicht weiter. Auch diese nahm ich herab und behielt nun den blopen Stein in Händen, mit<br />
dem ich durch Feilspäne und Nähnadeln mancherlei Versuche zu machen nicht ermüdete, aus<br />
denen jedoch mein jugendlicher Geist, außer einer mannigfaltigen Erfahrung, keinen weitem<br />
Vortheil zog. Ich wußte die ganze Vorrichtung nicht wieder zusammenzubringen, die Theile<br />
zerstreuten sich, und ich verlor das eminente Phänomen zugleich mit dem Apparat.<br />
Vom Sinn, den der Naturforscher Goethe dem Bild des Magneten beilegte, ist in<br />
der Farbenlehre die Rede 108):<br />
§ 755·<br />
Am 'WÜnschenswerthesten wäre jedoch, daß man die Sprache, wodurch man die Einzelnheiten<br />
eines gewissen Kreises bezeichnen will, aus dem Kreise selbst nähme; die einfachste<br />
Erscheinung als Grundformel behandelte, und die mannigfaltigem von daher ableitete und<br />
entwickelte.<br />
§ 756.<br />
Die N othwendigkeit und Schicklichkeit einer solchen Zeichensprache, wo das Grundzeichen<br />
die Erscheinung selbst ausdrückt, hat man recht gut gefühlt, indem man die Formel der<br />
Polarität, dem Magneten abgeborgt, auf Elektricität U.s.W. hinüber geführt hat. Das Plus<br />
und Minus, was an dessen Stelle gesetzt werden kann, hat bei so vielen Phänomenen eine<br />
schickliche Anwendung gefunden •.•<br />
Es ist die Grundformel der Polarität, die für Goethe im Bilde des Magneten<br />
anschaubar wurde. Hier wird nur die anziehende Kraft des Steines betont, so daß<br />
man erinnert wird an Fähigkeiten, Talente und Neigungen seines Besitzers: seine<br />
phänomenale Gedächtniskraft, seine SammeIIeidenschaft sowie die Eigenart, auch<br />
in der Helrnstedter ProfessorengeseIIschaft als "Mittelpunktsmagnet" zu wirken.<br />
Wir sind bei unserer Interpretation zunächst von der Anziehungskraft des<br />
Magnetsteins ausgegangen. Welche Bewertung er darüber hinaus als Mineral, das<br />
heißt als Magnetit, in der Elementen- und KristaIIsymbolik Goethes erfährt, wird<br />
deutlich, wenn wir ihn zusammen mit dem beigeordneten Prehniten betrachten.<br />
Der Prehnitkristall war eine der wirklichen Zimelien der Sammlung, ein Schaustück<br />
von seltener Pracht und Größe 109). Er kommt bei Goethe schon in den<br />
Notizen von 1805 vor und wird dort auf der Rückseite desjenigen Blattes genannt,<br />
auf dessen Vorderseite die ausführlichen Vermerke über den angeblichen Diamanten<br />
zusammengefaßt sind. 1805 heißt es über den Prehniten 110):<br />
108) N I, 305.<br />
1") Bei r eis, Seltenheiten 6, bezeichnet unter den Mineralien der Beireis-Sammlung<br />
als "origineIle cimelia": "das Stüd< chemisch gereinigtes Gold aus Japan, viele kostbare Erzstufen<br />
von edlen und anderen Metallen, die lapides mutabiles aus Island, Ungarn und<br />
Sibirien, der große Prenit, die ansehnlichen Labrador-Steine, der opalisirende Muschelmarmor,<br />
der große elastische Stein aus Brasilien etc." E b d a. 71: "Ein überaus schöner<br />
Prenit 4 Zoll lang 3 Z. br. 2 Z. hoch, vom VorgebÜfge der guten Hoffnung, ein sehr kostbares<br />
Stück, dergleichen selbst dort jetzt nicht mehr zu bekommen ist 1 Pfd. 8 Lth. schwer." -<br />
VgI. Bassermann-Jordan 746; Becker 34.<br />
110) Go e t he, Reisenotizen BI. 4V, 1-4.