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Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />

über Mienenspiel, Augenfarbe und Augenausdruck, sowie über die Farbe der Haut<br />

vermieden. Weiterhin hat er darauf verzichtet, von "magisch" wirkenden Zügen im<br />

Antlitz des Professors zu sprechen und schließlich hat er auch nicht auf die physiognomische<br />

Ähnlichkeit des Beireis-Schädels mit anderen historischen Persönlkhkeiten<br />

hingewiesen, wie uns dies von Gall überliefert ist, der Beireis ebenfalls 1805<br />

besuchte 95).<br />

V. DIE BESICHTIGUNG DES BEIREIS-HAUSES<br />

UND SEINER SAMMLUNGEN<br />

I. Zur Komposition<br />

Wir wollen im folgenden versuchen, einen ersten Einblick in den Aufbau deI<br />

Reiseschilderung zu gewinnen, indem wir nach dem inneren Zusammenhang der<br />

einzelnen Bilder und Szenen des Helmstedtaufenthalts fragen. Wir beschränken<br />

uns dabei auf dasjenige, was Goethe über seinen Gang durch die verschiedenen<br />

Sammlungen des Beireis-Hauses mitgeteilt hat. Nach allem, was wir über seine<br />

autobiographische Arbeitsweise wissen, dürfen wir hier keinen chronologisch exakten<br />

Bericht erwarten. Es wird vielmehr nur das mitgeteilt, was dem Dichter im<br />

Rückblick zum Symbol geworden ist. Alles Zufällige wurde ausgeschieden, nichts<br />

ist nur um der Vollständigkeit willen erwähnt. Bei näherer Betrachtung ist vielmehr<br />

zu erkennen, daß der Dichter seine Erinnerungsbilder in eine bestimmte<br />

Konfiguration gebracht hat. So hat er die Besichtigungsschilderung in vier<br />

Abschnitte unterteilt, die durch Einschaltungen oder andere Zäsuren deutlich voneinander<br />

abgehoben sind. Diese vier Abschnitte lassen sich mit folgenden Stichworten<br />

bezeichnen:<br />

I. Automatenfiguren und naturhistorisch-physikalische Sammlungen<br />

z. Gemäldesammlung<br />

3. Münzensammlung<br />

4. Der große "Diamant"<br />

H) Li c h t e n s te in, Brief (1810) 3-4: "Seine Physiognomie hatte etwas ausgezeichnet<br />

Großes und Geniales. Er übertraf in dieser Hinsicht nom um vieles den seeligen Klopstock,<br />

der so wie Beireis nie von einem Maler oder Zeichner so getroffen ward, daß das Bild einem<br />

Kenner genügte. Doctor Gall, der von Beireis nicht sonderlim aufgenommen war, hat doch<br />

bekannt, es sey ihm nirgend ein Schädel vorgekommen, der ähnliche Anlagen und Organe<br />

bezeimne. Selbst uns Laien in der Cranioscopie fiel seine auffallend große und hoch gewölbte<br />

Stirn auf, die ohne die eckige Form, wie die des Sokrates und unsers seeligen Henke, doch in<br />

ihrem weiten Umfange, in den stark bezeimneten Umrissen und in ihrer ganzen Bildung dem<br />

Ideale der Genialität glichen, welches die alten Gemmenschneider in dem Antlitze eines Theophrastus<br />

Eresius, Plato, Apollonius von Tyane, Apulejus und anderer solmer Wundermänner<br />

darstellen. Mit dem zunehmenden Alter gewann die Physiognomie des seeligen Beireis immer<br />

mehr ein wahrhaftig magisches Ansehen. Seine Augen blitzten so listig unter den sanftgewölbten<br />

nimt sehr starken grauen Auglidern hervor, daß jeder Mann, ja ein jedes Kind<br />

gereizt wurde, sim zu erkundigen, wer dieser Greis sey und ein Gemism von Ehrfurcht,<br />

Scheu und Zutraulichkeit empfand. Die letztere Räße te vornernlich ein Zug von Guthmütigkeit<br />

um den nam Verlust der Zähne eingefallenen Lippen her ein."<br />

149<br />

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