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Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />

In den Tag- und Jahresheften endlich gedenkt der Dichter im Rahmen seiner<br />

Schilderung des Besuches in Harbke der Schriften des Mineralogen und Beireis­<br />

Schülers August Ferdinand Graf von Veltheim. Dieser, der mit Goethe in dessen<br />

ersten Weimarer Jahren in Gedankenaustausch über Bergwerksfragen gestanden<br />

hatte, war 1799 und 1800 mit einer mythengeschichtlichen Studie unter dem Titel<br />

"Von den goldgrabenden Ameisen und Greiffen der Alten, eine Vermutung"<br />

hervorgetreten 88). Der Graf glaubte die Greifensage aus dem" Verfahren und der<br />

Methode wie überhaupt die ältesten Völker ••• ihre Goldwäschen getrieben"<br />

erklären zu können und war zu der These gekommen, daß Greifen tatsächlich einmal<br />

existiert hätten, nämlich als große, mit Flügeln verkleidete indische Wachhunde,<br />

die ihren Besitzern dazu dienten, Fremde von den Goldfeldern abzuhalten. Goethe<br />

hat den Sammelband, in dem dieser Greifen-Aufsatz enthalten war, mindestens<br />

zweimal gelesen, im Juli 1800 und im September 1805, das zweitem al also in unmittelbarem<br />

Zusammenhang mit der Helmstedtreise 89).<br />

88) Veltheim 281-283: "Um jedoch dieser an sich so schwachen Beschützung [des<br />

Gebietes, in dem Goldwäschen betrieben wurden], noch mehr Ansehen und allen nur erforderlichen<br />

Nachdrudc zu geben, benutzte man nicht allein jene dunkele Sage von goldgrabenden<br />

und sehr beißigen Thieren, die von selbst schon in Umlauf gekommen war [die<br />

Sage von den goldgrabenden Ameisen], sondern man ersann überdem noch höchst abentheuerliche<br />

und fürchterliche Nachrichten von dieser goldreichen Gegend. Man verbreitete<br />

und unterhielt sie mit der größten Vorsicht und Staatsklugheit. Es war um so leichter, diesen<br />

fabelhaften Erzählungen einen allgemeinen Glauben zu verschaffen, da überall die Naturgeschichte<br />

in diesem Zeitalter noch in ihrer Kindheit war, da man Indien allgemein für ein<br />

Land voller Wunder und übernatürlicher Geschöpfe hielt, da die in dieser Gegend umherziehenden<br />

nomadischen Horden und Räuberbanden und Kaufleute, in gleich hohem Grade<br />

unwissend und abergläubisch waren, und da ohnehin diese so äußerst wüste, durchaus öde<br />

und völlig unbewohnte Gegend [es ist von der Wüste Gobi die Rede] nicht leicht von<br />

menschlichen Geschöpfen besucht werden konnte.<br />

Die aufgeworfenen unzähligen Sandhügel gab man daher für Arbeiten von großen und<br />

äußerst gefährlichen Ameisen aus. Die fremden Gesandten und auswärtigen Kaufleute, denen<br />

die Naturgeschichte dieses entfernten Landes, besonders in jenem Zeitalter, völlig unbekannt<br />

war, konnte man sehr leicht glauben machen, daß die Felle von jenen Fuchsarten die Felle von<br />

eben den Ameisen wären, welche dort die großen Sandhügel aufwürfen.<br />

Zur völligen Beschützung und Sicherheit aber, verpflanzte man auch in diese Gegend<br />

noch höchst grausame und unbezwingliche Wunderthiere, nemlidt die Greiffen [in der Anmerkung<br />

vermutet v. Veltheim, daß die Sage aus Ägypten und die Vogelverkleidung eher<br />

vom Adler als vom Geier stammt]. Und damit diese um so weniger gcläugnet werden<br />

könnten, bedurfte es nur eines einzigen Hülfsmittels, weldtes eben so leicht in der Ausführung,<br />

als entscheidend für die Absicht war. Man brauchte nur alle funfzig bis hundert<br />

Jahre einmal, einen von den großen Indischen Hunden, der besonders hiezu abgerichtet war,<br />

oder wohl gar nur einen von den Wachen selbst, mit den schönfarbigsten Zeugen der dasigen<br />

Länder, in die Figur der Greiffen auszukleiden,_ ihn mit künstlichen Hügeln zu versehen, und<br />

so auf Anhöhen zur Wadte auszustellen, wo er vorzüglidt ins Auge fiel."<br />

8i) Tagebucheintragung Goethes über die Veltheim-Lektüre 23.7.1800 (T 2, 302); am<br />

29· 7.1800 urteilte Goethe Schiller gegenüber (B 15, 93): Graf Veltheim Seine zusammengedruckten<br />

Schriften, geistreich und lustig; aber leider leichtsinnig, dilettantisch, mitunter<br />

hasenfüßig und phantastisch. Nochmalige Lektüre im Jahre I80S nach Rüd

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