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Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519<br />

über außerordentlichen und kaum denkbaren Schätzen waltete 14). Dieses Bild<br />

bedarf einer Deutung und eignet sim gut, um an ihm die Besonderheiten des symbolischen<br />

Stils der Tag- und 1ahreshefte aufzuzeigen. Verfolgen wir, über welme<br />

Vorformen der Dimter zu diesem ungewöhnlimen Vergleim gelangt. Nom vor<br />

Antritt der Reise smreibt Goethe in dem schon bekannten Brief vom Io.August an<br />

den Weimarer Herzog, er gedenke, den wunderlichen Beyreis in seinem Hamsterneste<br />

kennen zu lernen 75). Nach der Begegnung schreibt der Dimter am 28. August:<br />

Zu I-Ielmstedt ward unsre Aufmercksamkeit mehrere Tage durcb Merlin-Beireis<br />

festgehalten 76). Erst in den Tag- und Jahresheften ist dann vom geheimnisvollen,<br />

smatzhütenden Greif die Rede. Das Bild des Hamsternestes und die Gestalt des<br />

keltischen Magiers treten zurück 77); für beide hat der Didlter in der späteren<br />

Darstellung keine Verwendung mehr.<br />

Aus Äußerungen von Zeitgenossen wissen wir, daß Beireis mit zunehmendem<br />

Alter auf viele Menschen gewirkt hat wie eine Magus-Gestalt, die ihrer Zeit auf<br />

geheimnisvolle Weise enthoben schien. Seine asketischen Gesichtszüge und seine<br />

altertümliche Kleidertramt wurden in diesem Zusammenhang gerne genannt. Um<br />

dieser rätselhaften Wirkung willen hat man ihn auch mit Persönlimkeiten verglichen,<br />

denen übernatürliche Fähigkeiten beigelegt wurden. So hat ihn A. A. H.<br />

Limtenstein. ein Helmstedter Universitätskollege, im Zusammenhang mit Apollonius<br />

von Tyana genannt 78). In die Reihe der Magier-Vergleiche fügt sim die<br />

Merlin-Anspielung Goethes durchaus nom ein. Mit dem der klassismen Mythologie<br />

entnommenen Greifenbild kommt ein völlig neu es Element in die Beireis­<br />

Deutung hinein. Um zu verstehen, was den Dimter bewogen hat, Beireis so zu<br />

74) W A 35. 2°5-206: Doctor Gall war abgegangen und besuchte Göttingen, wir aber<br />

wurden durch die Aussicht eines eigenen Abenteuers angezogen. Der wunderliche, in manchem<br />

Sinne viele 'jahre durch schon bekannte problematische Mann, Hofrath Bei re i s in Helmstädt,<br />

war mir schon so oft genannt, seine Umgebung, sein merkwürdiger Besitz, sein sonderbares<br />

Betragen, so wie das Geheimniß, das über allem diesem waltete, hatte schon längst auf<br />

mich und meine Freunde beunruhigend gewirkt, und man mußte sich schelten, daß man eine<br />

so einzig merkwürdige Persönlichkeit, die auf eine frühere vorübergehende Epoche hindeutete,<br />

nicht mit Augen gesehen, nicht im Umgang einigermaßen erforscht habe. Professor<br />

Wolf war in demselbigen Falle, und wir beschlossen, da wir den Mann zu Hause wußten, eine<br />

Fahrt nach ihm, der wie ein geheimnißvoller Greif über außerordentlichen und kaum denkbaren<br />

Schätzen waltete. - Ähnlich leitet Goethe seine Charakteristik des Landrats Hagen zu<br />

Nienburg mit einem mythologischen Vergleich ein. W A 35, 233: In so froher als belehrender<br />

Unterhaltung legten wir den Weg zurück, und langten endlich an dem Gute des<br />

Mannes an, der, unter dem Namen des tollen Hagen, weit und breit bekannt, wie eine<br />

Art von gefährlichem Cyclopen auf einer schönen Besitzung haus'te. - Vgl. die parallele<br />

Verwendung des Wortes Abenteuer (W A 35.2°5 und 234). dazu den Artikel: "Abenteuer"<br />

im GWh.<br />

75) B 19. 35. - Vgl. auch den Brief an Meyer vom u. 8.18°5, in dem es entsprechend<br />

heißt: Da ich mich ganz leidlich befinde, so will ich mit Geheimerath Wolf eine Tour nach<br />

Helmstädt machen, um den alten Beyreis in seinem Hamsterneste zu besuchen. Ich bin recht<br />

neugierig, was ich für Schätze bey ihm finden werde. (B 19, 38-39.)<br />

70) B 19. 48.<br />

77) Zum Merlin-Bild Goethes vgI. Vi el hau e r 89-9%'<br />

78) L ich t e n s t ein, Brief (18 I 0) S. 4.

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