Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />
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Gerade das, was Goethe von Anfang an für durchführbar hielt, Beireis in seiner<br />
ganzen Zwiespältigkeit im Spiegel seines Besitzes zu schildern 64), erschien Arnim<br />
unmöglich.<br />
Dann überwand Arnim seine Skrupel im Laufe der folgenden Jahre und fügte<br />
seinem Roman, den er 1810 Goethe zusandte, ein ganzes "Beireis"-Kapitel ein 65).<br />
Der Held dieses Romans, Graf Karl, sieht seinen eigenen chaotischen Seelenzustand<br />
in dem grotesken Inventar gespiegelt, das der "wunderbare Doktor in H." in<br />
seinem Hause aufgestapelt hat. Der ankommende Besucher erlebt im Zusammentreffen<br />
mit Beireis und dessen Besitz eine Art Selbstbegegnung. Das ist ein<br />
Gedanke, der durch Arnim hier erstmals ausgesprochen wird. Goethe hat dieses<br />
Werk Arnims mit drastischen Worten abgelehnt 66). Doch gehen wir vielleicht in<br />
der Annahme nicht fehl, daß für Goethe von dem literarischen Beireis-Bild<br />
Arnims ein weiterer Anreiz zur eigenen Gestaltung dieses Themas ausgegangen<br />
ist. So ist die Beireis-Charakteristik der Tag- und 1ahreshefte als ein antiromantisches<br />
Gegenstück dem Romankapitel vom "wunderbaren Doktor in H." in<br />
Arnims "Gräfin Dolores" durchaus vergleichbar.<br />
Goethe hatte smon früh die Absicht, das Thema der Helmstedtfahrt im Rahmen<br />
seiner Lebensdarstellung zu behandeln. Das ist aus dem ersten autobiographischen<br />
Schema vom Oktober 1809 ersidltlich 67). Beireis und WolE werden hier noch nicht<br />
namentlich genannt. Ein genaueres Schema für das Jahr 1805 entstand erst im<br />
August I 8 I 7 68). Anderthalb Monate früher finden wir im Tagebuch Goethes folgende<br />
84) Vgl. Lichtenstein, Brief (1810) 34: "Wer ihn [Beireis] reden hörte, dessen<br />
Seele schwankte unaufhörlich zwischen einem fremden Gemische widersprechender Empfindungen,<br />
der Bewunderung und des Mitleidens, der Zuneigung und des Abscheues, der Gunst<br />
und des Neides. Das Resultat davon war ein eben so natürlicher Widerwille, als man bei dem<br />
Geschmadce und Geruche eines aus angenehmen und ekelhaften Ingredienzen zusammengesetzten<br />
Arzneimittels verspüret. Alles dies nahm mit der Zeit mehr zu als ab."<br />
111) Arnim, Dolores 171-293. - Vgl. Thalmann, Fuhrmann, Offermanns.<br />
61) B 11,395 (Goethe an C. F. v. Reinhard, 7. 10. 1810): [Mit Bezug auf die romantische<br />
Rücktendenz zum Mittelalter und überhaupt nach dem Veralteten] Aber manchmal machen<br />
sie mir's doch zu toll. So muß ich mich z.B. zurückhalten, gegen Achim 'Von Arnim,der mir<br />
seine Griifinn Dolores zuschickte und den im remt lieb habe, nimt grob zu werden. Wenn im<br />
einen 'Verlorenen Sohn bätte, so wollte ich lieber, er bätte sich 'Von den Bordellen bis zum<br />
Schweinkoben 'Verirrt, als daß er in den Narrenwust dieser letzten Tage sich verfinge: denn ich<br />
fürchte sehr, aus dieser Hölle ist keine Erlösung. Vgl. G H b 2. Auf!. Sp. 396. - Bi e dermann<br />
Bd.2, 158; Bd. 3, lIS: "Von Achim von Amim sagte er [Goethe]: Er ist wie ein Faß, wo<br />
der Böttcher vergessen hat, die Reifen fest zu schlagen, da läuft's denn auf allen Seiten heraus. ce<br />
87) W A 26, 361-363: 1805.<br />
Französche Litteratur in Verbindung mit Ram. Neffen. Kranckheit Schillers Tod. 9. May.<br />
Lauch5udt. Halle. Dr. Gall. Magdeburg. Helmstedt ss. Winckelmann Ausstellung siebente<br />
Stall des Augias Thaten des Herkules. Physicalische Vorlesungen den Damen.<br />
Anfang des Drucks der Farbenlehre.<br />
es) T 6, 97--98:<br />
1817 2J. August: Schema des 'Jahres 1805 •.• Briefe 'Von 1805.<br />
24. August: Das 'Jahr 1805 und 1807 nachgesehen und schematisirt.<br />
Z5. August: Die 'Jahre 1805, 1806 und 1807 schematisirt.<br />
z6. August: Lebenserinnerungen 'Von 1805. Fortgesetzte Vorarbeiten.<br />
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