Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519<br />
1. EINFüHRUNG<br />
Niemand wird behaupten wollen, daß der niedersächsische Raum im Leben<br />
Goethes eine zentrale, bestimmende Rolle gespielt habe, wie das für andere<br />
deutsme Landschaften in so auffallender Weise zutrifft. Es lassen sich jedoch aum<br />
hier, vor allem für den Bereich des ehemaligen Herzogtums Braunsmweig mehrere<br />
interessante Goethe-Beziehungen nachweisen. Die Briefe Goethes an Langer aus<br />
der Zeit der Leipzig-Frankfurter Krankheitskrise 1), das Schicksal des jungen<br />
Jerusalem und seine Wirkung auf den Werther-Roman sowie die erste öffentlime<br />
Faust-Aufführung im Braunsmweiger Theater am Hagenmarkt - das sind<br />
nur einige Themen, die in diesem Zusammenhang beachtet wurden. Man kann aber<br />
aum auf die Fahrt hinweisen, die den Dimter einmal in seinem Leben nam Helmstedt<br />
geführt hat. Diese Reise ist zwar der Tatsache nach bekannt geworden, in<br />
ihrer Bedeutung für das Leben und Werk des alten Goethe ist sie indessen so gut<br />
wie unerforsmt geblieben. Zum Verständnis dieser merkwürdigen niedersächsismen<br />
Goethe-Beziehung soll im folgenden ein Beitrag gegeben werden. Mamen<br />
wir uns zunämst mit dem Verlauf dieser Reise bekannt.<br />
Im Sommer 1805 faßte Goethe den Entsmluß, seinen Aufenthalt in Bad Laumstädt<br />
ein zweites Mal zu unterbrechen, um zusammen mit dem Philologen Friedrim<br />
August Wolf aus Halle, jenem bedeutenden Altertums- und Homerforsmer,<br />
eine Reise nach Helmstedt zu unternehmen. Der fünfzehnjährige Sohn Goethes,<br />
August, durfte die beiden Männer begleiten. Das Interesse der Reisenden galt zwei<br />
bekannten Merkwürdigkeiten der kleinen braunschweigismen Universitätsstadt:<br />
der Sammlung Beireis, einer Attraktion von europäischem Rang, und ihrem<br />
Besitzer, dem nimt minder sehenswerten Hofrat und Professor Gottfried Christoph<br />
Beireis, dessen ,Ruf als Polyhistor, Arzt und geheimnisvoller Krösus längst auch<br />
bis nach Weimar gedrungen war. Am 14. August wurde die Fahrt von Halle aus<br />
angetreten. Ober Bernburg, dem linken Ufer der Eibe folgend, erreichte man<br />
Magdeburg, wo ein erster Halt eingelegt wurde. Die Aufmerksamkeit galt hier vor<br />
allem dem Innenraum des Domes und seinen plastischen Bildwerken (Taf. I) 2).<br />
Am 16. August abends traf die kleine Reisegesellschaft in Helmstedt ein. Mit der<br />
Besichtigung des Beireis-Hauses, wo die Besucher durch \Volf förmlich angemeldet<br />
waren 3), konnte gleich am folgenden Morgen begonnen werden. Das Betramten<br />
und Erklären zog sim über mehrere Tage hin. Heitere Gastmähler im Kreise der<br />
Professorenschaft und ein Ausflug nach Schloß Harbke, dem Erbsitz der Grafen<br />
von Veltheim, gaben den Helmstedter Tagen ihr besonderes Gepräge. Die Rückfahrt<br />
ging über Gut Nienburg, wo der "tolle Hagen", ein derber Landrat, auf<br />
1) Vgl. die Veröffentlimung von Goethes Briefen an E. Th. Langer durm Paul Zimmermann<br />
in Band I der Neuen Folge dieser Zeitsdlrift: Z i m m e r man n, Goethes Briefe 1-34.<br />
2) W A 35, 1°7-108; Teilabdrud. der Magdcburg-Notizen Goethes von 1805 W A 48,<br />
141-144; vgl. dazu Me i n eck e 4-19 und Be r na y s 66 Anm. 10; ferner JA 30, 4H;<br />
Go e t h e - Bei r eis - Aus 5 tell u n g I 93 ° VI, 5-7; K 0 h fe 1 d Zl-ZZ; Pan 0 f<br />
sky, Plastik 19-H,91-94; Pinder 135-137; Greisehel LVIII-LlX; Panofsky,<br />
Grabplastik 60.<br />
3) M erb ach, Beireis /4.<br />
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