Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519<br />
Bibel und aus Cato lernen und auslegen. Bis zum Nachtessen können sie im Gemach<br />
umhergehen und werden dabei von dem Hofmeister in moribus unterrichtet; nach<br />
dem Abendessen dürfen sie musizieren. Um 8 Uhr soll der Präzeptor im Beisein des<br />
Hofmeisters ein Kapitel des Neuen Testaments vorlesen. Aus demselben sollen die<br />
Prinzen stets einen "vornemen hauptspruch" mit ins Bett nehmen und ihn sich<br />
einprägen 17).<br />
Daneben wurden die Leibesübungen nicht vernachlässigt. Schon von Liebenburg<br />
aus beschwerte sich der Hofmeister, daß der FechtIehrer noch nicht angekommen und<br />
ohne Urlaub in Wolfenbüttel verblieben sei. 1577 schrieb Julins an den Amtmann<br />
zu Schöningen: "daß du den großen dantzsal uf unsern hause Schöningen außreumst<br />
und lehr machest, damit unsere junge herschaft ihr fecht - und spielplatz darauf<br />
haben konen", 1578: "exercitia corporis müssen jetzt in turniren und ringrennen,<br />
hetzen und beitzen geübt werden, mittwoch, sonnabend und sontag nach gehaltener<br />
predigt auch springen und andere kurtzweil und galliarden (tanzen?) lernen, welches<br />
alles fürnemblich nicht zu wollust, sondern zu bewegung und gradheit des leibes<br />
dient und achte, solcher leute sollten in Gülich und den Niederlanden wol zu finden<br />
sein, deßgleichen müßte i. f . g. einen haben, der denselben beizen lernte, und solche<br />
solte man zu Halberstadt und bei den benachbarten hartzgrafen wol finden. Im<br />
garten ist an gelegenen örtern und zum schießen ein rennplatz zuzurichten" 18).<br />
Jede Woche mußten die beiden Knaben einen lateinischen Brief an die Eltern<br />
schreiben, dessen Inhalt völlig konventionell ist. Es fällt auf, wie unbeholfen die<br />
Schrift Philipp Sigismunds wirkt gegen die seines älteren Bruders. Diese Unbeholfenheit<br />
findet sich auch später bei allen seinen eigenhändig geschriebenen Briefen und<br />
Aktenstücken. Wahrscheinlich hängt das mit der vielgenannten "Blödigkeit des<br />
Gesichts" zusammen. Wahrscheinlich war er weitsichtig, denn er bekommt ein<br />
Psalterium mit großen Buchstaben, während er auf der Jagd erheblidte Beute<br />
madtte - so hatte er einmal 5 Wölfe gefangen und war beim Sdteibenschießen vorn<br />
Philippsberg in Wolfenbüttel der Beste 19).<br />
Vorn Wolfenbütteler Hofe hielt man die Knaben fern. 1577 wurden sie jedoch<br />
einmal zum Weihnadttsfeste in die Residenz gebracht. 1579, als der Markgraf von<br />
Ansbadt, der König von Dänemark und der Kurfürst von Sadtsen zu Besudt dort<br />
weilten, forderte der Vater beide Söhne auf, dahin zu kommen 20).<br />
Einmal im Jahre wurde ein Examen im Beisein des Kanzlers, einiger Räte und<br />
Helmstedter Professoren abgehalten, wobei ein genaues Protokoll angefertigt<br />
wurde. Bei diesen schnitt der hochbegabte Heinridt Julius immer glänzend ab, während<br />
es sich zeigte, daß Philipp Sigismund recht schwerfälligen Geistes war. Der<br />
Helrnstedter Professor Tilemann Heshusius 21) urteilte nadt der Prüfung am<br />
17) StA W I Alt u Nr. 73.<br />
18) StAH Ca!. Br.:u C XVI 61 Nr.9.<br />
18) StA W 1 Alt 11 Nr.71.<br />
20) Ebenda.<br />
11) Heshusius, geb. 1517, Magister der Theologie, versdtiedene Pfarrstellen. 1577 nach<br />
Helmstedt berufen. ADB 11, S. 3 14-3 16.<br />
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