Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />
leichter geschehen, je weniger die Landesregierung dem Amtmann bindende Vorschriften<br />
machte. War er auch nicht "Herr" des Dorfes, so konnte doch seine Gunst,<br />
die er einem Bauern zuwandte oder vorenthielt, bei der gewährten Ermessensfreiheit<br />
nahezu schicksalhaft werden. \Venn auch die dürren Notizen in Erbregistern und<br />
Dorfbeschreibungen keinen sicheren Anhalt dafür bieten, welche Grunde den Amtmann<br />
im einzelnen bei der Einstufung eines Hofes leiteten, so scheint doch eins<br />
festzustehen: Als objektiven Maßstab seines Handelns hat er gewiß nicht die Betriebsgröße<br />
gewählt. Sonst hätte er 1568 den Kothof des Christoffer Hacken zu den Halbspännerhöfen<br />
zu rechnen gehabt, und 1756 hätte er zwei Karrnerhöfe ebenfalls als<br />
Halbspännerhöfe einreihen müssen. Wenn man jetzt aber glaubt, wenigstens bei<br />
dem Zusammenhang von Klassenzugehörigkeit und Diensten auf sicherem Boden<br />
zu stehen, so mag auch hier ein sicherlich extremes Beispiel zur VorsidJ.t mahnen.<br />
Es stammt aus der Exklave Ostharingen. die immerhin zehn Kilometer östlich von<br />
Lutter liegt, aber damals zum Amt gehörte.<br />
Seit 1459 besaßen die v. SdJ.wicheldt in Ostharingen 91/2 Hufen Land. Acht<br />
Hufen gehörten 1548 zu zwei "freien" Ackerhöfen, I Hufe und 10 Morgen zu dem<br />
dritten "freien" Ackerhof. der außerdem noch 1/2 AfterIehnshufe der v. SchwidJ.eldt<br />
und eine weitere Hufe derer v. Heere beackerte. Dem fürstlidJ.en Amt in Lutter<br />
schuldete er als .. freier" Ackerhof nur die Burgfeste, die übrigen Dienste gingen an<br />
das Haus Schwicheldt in Ostlutter. NadJ. Angaben des zweiten Erbregisters hatte sidJ.<br />
der Landbesitz inzwisdJ.en um 1 Hufe und 8 1 12 Morgen verringert, und die Stelle<br />
galt diesmal als "freier" Kothof. Danach wuchs zufolge des dritten Registers die<br />
Landausstattung wieder um eine halbe Hufe an. und der Amtmann stufte den<br />
Betrieb nunmehr als "freien" Halbspännerhof ein. Obwohl ansdJ.ließend wieder eine<br />
Hufe verloren ging, wiederholte auch das vierte Erbregister die vorherige Klassenzugehörigkeit.<br />
Rund 170 Jahre später wies ihn die DorfbesdJ.reibung von 1764<br />
immer noch als Halbspännerhof aus 65). Das Lagerbuch der Familie v. SchwidJ.eldt<br />
behielt dagegen noch nach 1752 die ältere Klassifizierung als Ackerhof bei, obwohl<br />
der Hof dem adligen GesdJ.lecht nur an einem Wochentag den Handdienst<br />
leistete 66). Dem Amt Lutter diente er nur an zwei Erntetagen "mit dem Spanne",<br />
einen Tag mußte er Roggen mähen. Da zu jener Zeit, als die Erbregister entstanden,<br />
der LuttersdJ.e Amtmann nur die Burgfeste. nicht aber die gewöhnlidJ.en Dienste<br />
beanspruchen konnte, bleibt als Begründung für die zweimalige Umstufung diesmal<br />
nur der wechselnde Landbesitz, will man nidJ.t Willkür oder GleidJ.gültigkeit<br />
annehmen.<br />
SdJ.on der Begriff der Hofklasse konnte nidJ.t mit einer bestimmten Entstehungsart<br />
oder einem annähernd fixierten Gründungstermin in einen gesicherten Zusammenhang<br />
gebracht werden. Ebenso läßt sich die Frage nach der Bedeutung dieses<br />
Begriffes nicht eindeutig beantworten. Bei der Betriebsgräße sind seit langem überschneidungen<br />
festgestellt worden, und auch bei den Diensten ist der Umfang durchaus<br />
nicht immer durch die Klassenzugehörigkeit genau umrissen. Dabei mögen sidJ.<br />
1&) St.Arm. Wolf. 10 Alt 199.<br />
l1li) 8. Anm. 39.<br />
103<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519