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Braunschweigisches Jahrbuch 49.1968 - Digitale Bibliothek ...

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> Braunschweig<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042519<br />

Allein der Amtmann und Ober-Commissarius Cleve hatte seinem Ackerhof, der<br />

von den v. Schwicheldt zu Lehen ging, inzwischen vier KotsteIlen hinzugefügt, deren<br />

Gebäude zum Teil schon verschwunden waren. Zwei weitere Kothöfe waren zu<br />

einem Acker- und einem Halbspännerhof gelegt. Wenn aber um 1685 schon einige<br />

Kothöfe von zwei Familien bewohnt und genutzt wurden, 50 mußte der Abgang von<br />

sechs Kothöfen zu einem Mangel an Wohnplätzen führen. Er wird natürlich verschärft,<br />

wenn die Bevölkerung wächst. In Lutter löste man die entstandenen<br />

Schwierigkeiten, indem man zwölf Kothöfe teilte, so daß man über 24 Halbkothöfe<br />

verfügen konnte 62). Allerdings schaffte man dadurch nur Hausplätze. Gleichzeitig<br />

halbierte man natürlich das Ackerland und schmälerte die wirtschaftliche Grundlage<br />

dieser Höfe. Dennoch förderte das fürstliche Amt sicher noch die Auf teilung der<br />

Höfe; denn mit diesem Vorgehen trieb man eine positive "Peuplierungspolitik" und<br />

vennehrte außerdem die zu fordernden Dienste. Zwar diente der Halbköter nur an<br />

einem Wochentag "mit der Hand" und leistete auch nur an zwei Tagen im Jahr den<br />

Burgfestedienst, aber er arbeitete gen au wie der Vollköter an zwei Erntetagen auf<br />

dem Amtsgut. Daneben hatte man die Handdienste aber noch auf andere Weise<br />

vennehrt. 1756 hatten dem Amt auch fünfzehn Brinksitzer den Handdienst wie die<br />

Halbkäter zu leisten. Lediglich in der Ernte brauchten sie nur an einem Tage zu<br />

kommen. Diese Erleichterung wiegt aber im Vergleich zu den Halbkotsassen gering;<br />

denn im Regelfall besaßen die Brinksitzer überhaupt kein Land, während die Halbköter<br />

im Schnitt sechs Morgen bewirtschafteten. Infolgedessen muß die soziale Lage<br />

dieser zuletzt Angesiedelten die schlechteste gewesen sein 63).<br />

Erklärlicherweise hatte der Amtmann den Wunsch, die zu fordernden Dienste<br />

seinen Bedürfnissen anzupassen 64). Deshalb schuf er nicht nur Höfe in den entsprechenden<br />

Bauernklassen, er wirkte auch auf deren Umfang ein. Das konnte um so<br />

82) 1756 war ein Halbkothof smon wieder wüst und wurde von einem Kothof mit<br />

bewirtsmaftet.<br />

es) Gegenüber Ernst Wolfgang Buchholz (Ländliche Bevölkerung an der Smwelle des<br />

Industriezeitalters, Stuttgart 1966, S. 7 H.), der die übervölkerung des Landes und die Verarmung<br />

der unterbäuerlimen Schichten auf den Anfang des 19. Jahrhunderts verlegt, ist<br />

wohl eher Wilhclm Abel (Der Pauperismus am Vorabend der industriellen Revolution,<br />

in: Vortragsreihe d. Ges. f. westf. Wirtsch.Gesch. Heft 14, Dortmund 1966) zuzustimmen,<br />

der beide Ersmeinungen bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts beobamtet. Wenn aber<br />

in Lutter schon vor 1756 u Kothöfe in 14 Halbkothöfe umgewandelt wurden und dazu<br />

15 Brinksitzer und 7 Anbauerstellen kamen, so muß hier der Beginn der Peuplierungspolitik,<br />

bei der schwachen wirtsmaftlichen Grundlage dieser Stellen aber aum der Pauperismus,<br />

eher angesetzt werden. Das bestätigt aum die Arbeit von Theodor Penners: Bevölkerungsgeschimtliche<br />

Probleme der Land-Stadt-Wanderung - untersucht an der ländlichen Abwanderung<br />

in die Städte Braunsmweig und Wolfenbüttel um die Mitte des 18. Jahrhunderts, in:<br />

Braunschw. Jb., Bd. 37, Braunschweig 1956, die für die Zeit von 1719 bis 1765 eine nicht<br />

unerhebliche Abwanderung vom Lande ermittelt, an der die unterbäuerliche Schicht (S. 119)<br />

relativ stark beteiligt war.<br />

") In der Literatur und den landesherrlichen Verordnungen wird verschiedentlich<br />

berichtet, die Amtmänner hätten zu ihrem eigenen Nutzen unberechtigterweise Dienste<br />

gefordert. Da sie vor der Zeit um 1580 und wieder ab 1680 die Amtsgüter gepachtet hatten<br />

und mit den Diensten bewirtschaften ließen, die sie als Vertreter des Landesherrn zu fordern<br />

hatten, ersmeint es beremtigt, von "ihren" Diensten zu spremen.<br />

101.

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