Rotes Grün
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4. Signale der Hoffnung<br />
Manche verweigern sich dem Thema vollständig, weil sie meinen,<br />
dass Unternehmer grundsätzlich zu den Gegnern gehören, es also falsch<br />
ist, über etwaige gemeinsame Interessen mit bestimmten Unternehmergruppen<br />
überhaupt nachzudenken. Denn, so diese Weltsicht, in einer<br />
nicht-kapitalistischen Welt seien die Unternehmer keine eigenständige<br />
soziale Kategorie mehr, weil an ihre Stelle die Arbeitenden selbst<br />
treten.<br />
Das mag für textgläubige Marx-Jünger alter Schule angenehm schlüssig<br />
klingen, ist tatsächlich aber unbrauchbar. Denn jegliche Vorstellung<br />
einer konfliktlosen Aufsaugung der Unternehmerfunktion in die Beschäftigtenschar<br />
sollte man von vornherein fallen lassen. Denn es gibt<br />
weder eine Gleichheit des Tatendrangs noch eine Automatik des kollektiven<br />
Interesses. Den Treibern Raum zu geben, die ökonomisch Fähigsten<br />
zu motivieren, bleibt deshalb eine zentrale Aufgabe, wenn es zu einer<br />
Bewegung der Aneignung von Unternehmen kommen soll.<br />
Da es diese Bewegung bisher nicht gibt, ist die Frage nach einer produktiven<br />
Haltung zum Unternehmertum umso wichtiger. Hermann<br />
Scheer, der geistige Vater der Energiewende in Deutschland, hatte das<br />
von Anfang an begriffen (Amery/Scheer 2001; Scheer 2005; Scheer<br />
2010). Für ihn war klar, dass die in wenigen Unternehmen konzentrierte<br />
fossil-atomare Energiewirtschaft nur bezwungen werden kann, wenn<br />
man für ökonomische Gegengewichte sorgt. Unter den gegebenen Bedingungen<br />
können das nur eigenständige investive Interessen sein, die<br />
unabhängig von den Energiekonzernen agieren, eigene Machtpositionen<br />
aufbauen und sich in Konfliktfällen zu wehren verstehen. Dieses<br />
Handeln von Hermann Scheer und vielen anderen war keine opportune<br />
Anpassung an die bestehenden Verhältnisse, sondern eine strategische<br />
Haltung, die sich als erfolgreich erwiesen hat. Ohne diesen Weitblick<br />
hätte es die Energiewende nicht gegeben.<br />
Jede politische Kraft muss ein Interesse daran haben, den Gegner<br />
zu schwächen und auseinanderzudividieren. Und das gilt nicht nur politisch,<br />
sondern auch ökonomisch. Entsprechend ist klar zu identifizieren,<br />
welche Kräfte des Besitzbürgertums und der Unternehmerschaft<br />
einzubinden sind. Wer sich in der Geschäftswelt nicht auskennt, wird<br />
es nicht glauben, aber es ist so: Es gibt massenhaft Unternehmerinnen<br />
und Unternehmer, die ihre Gewinne und Bilanzen nur als Mittel betrachten,<br />
die sich – weil das Leben sonst nicht spannend wäre – an Ge-