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Rotes Grün

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Produzenten der Dinge<br />

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Seitdem läuft das umgekehrte Programm. Der Geist wandert wieder<br />

nach unten. Die Kenntnis der Produktionsabläufe, der Eigenheiten von<br />

Maschinerie und Material, ist zwingend nötig in hoch technisierter Produktion.<br />

Zwischendurch gab es immer wieder mal die Erwartung, dass<br />

sich das Produktionswissen doch abtrennen und bei Meistern und Ingenieuren<br />

oder in der Software der Steuerung von Maschinen und Organisationen<br />

versammeln ließe. Aber im Großen und Ganzen ist das nicht<br />

gelungen (siehe Kern/Schumann 1984 für die 1970er Jahre; siehe Redlich<br />

2011 für die jüngsten Entwicklungen).<br />

Das ständige Gerede von der Wissensgesellschaft, überhaupt von<br />

der Bildung als der Investition schlechthin, ist nicht nur Gerede, sondern<br />

auch Reflex der Tatsache, dass heute nicht Hände, sondern Köpfe<br />

die dominante Produktivkraft sind. Aktuell soll aus dieser Not für das<br />

Kapital sogar eine Tugend werden: Handelt selbstverantwortlich, denkt<br />

vom Standpunkt des ganzen Betriebes, werdet unternehmende Beschäftigte.<br />

Offenkundig soll in der Gegenwart auch noch der unternehmerische<br />

Geist unten ankommen. Nicht nur das äußere Tun, auch das<br />

Innenleben und die gesamten kreativen Kräfte mögen der Kapitalverwertung<br />

dienen. Vor einigen Jahren haben Betriebsräte der Düsseldorfer<br />

IBM-Niederlassung treffend zum Ausdruck gebracht, wie sich diese<br />

Dynamik als Zwang entfaltet, der scheinbar nur noch aus freien Handlungen<br />

besteht (Glißmann/Peters 2001).<br />

Dass die Delegation unternehmerischer Haltungen nach unten, auf<br />

die Ebene der tatsächlichen Produktion, überhaupt möglich ist, folgt<br />

aus der Flexibilisierung und Intellektualisierung der Produktionsmaschinerie.<br />

War in früheren Zeiten der Zweck der Produktion den Maschinen<br />

quasi eingeschrieben, weil sie nur zu einer Funktion fähig waren,<br />

so sind heute die Maschinenparks zweckvariabel, durch elektronische<br />

Steuerung flexibilisiert. Dadurch wird die Technik wieder zum Werkzeug,<br />

und deshalb ist permanent zu entscheiden, was gemacht werden<br />

soll. Folglich gibt es eine Freiheit zur Strategie. Technik wird strukturell<br />

demokratiefähig.<br />

Die Trennung von Kopf und Hand war früher die berechtigte und<br />

lange Zeit auch verwirklichte Hoffnung der herrschenden Kreise. Heute<br />

ist die Chance, diese Trennung nicht nur faktisch, in den alltäglichen Arbeitshandlungen,<br />

sondern auch bewusst und strategisch aufzuheben,<br />

ihre Furcht. Wenn die Produktionstechnik vielfältige Chancen der dezen-

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