Rotes Grün
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4. Signale der Hoffnung<br />
Bleiben Kopf und Hand voneinander geschieden, ist das Wissen eine<br />
einseitige Macht.<br />
Im Schnelldurchlauf zeigt sich, dass hier einiges in Bewegung gekommen<br />
ist. In weit zurückliegenden Jahrhunderten war das wichtige, vor<br />
allem das schriftgebundene Wissen ausschließlich Herrschaftswissen:<br />
Kenntnis der Zusammenhänge, der Eckpfeiler der jeweiligen Ordnung<br />
und der Personen, die in ihrer Person Macht verkörperten. Wo Wissen<br />
nicht in die jeweilige Ordnung integriert war, gab es Inseln der Selbstbestimmung:<br />
Handwerker und Klöster im Mittelalter, später Kaufleute<br />
und Geldvermittler und schließlich die eigenständige Wissenschaft. Das<br />
Wissen um die Bearbeitung der materiellen Welt, die Erfahrung über<br />
den Umgang mit der Natur, blieb über Jahrhunderte eher unten. Der<br />
Herr befahl, der Knecht wusste, was auf dem Acker zu tun war.<br />
In ihren Anfängen war auch die bürgerliche Welt abhängig von den<br />
Kenntnissen ihrer Untergebenen. In einer dynamischen Welt ist diese<br />
Abhängigkeit allerdings hinderlich. Deshalb war der Kapitalismus bis ins<br />
20. Jahrhundert ein doppeltes Enteignungsprogramm: Enteignung von<br />
den materiellen Ressourcen und Enteignung des Arbeiterwissens. Eine<br />
doppelte ursprüngliche Akkumulation: nicht nur der materiellen, sondern<br />
auch der ideellen Ressourcen. Beides, die Erzeugung von materiellem<br />
Reichtum und die ideelle Seite der Naturbeherrschung, sollten<br />
unabhängig vom Willen und Wissen der Arbeitenden erfolgen. Das gelang<br />
durch Naturwissenschaft und Maschinerie.<br />
Im ersten Band des »Kapital« beschreibt Karl Marx diesen Trend bis<br />
hin zur völligen geistigen Leere der Lohnabhängigen, ihrer Reduktion<br />
zum reinen Anhängsel der Maschine, dem vorgegebenen Takt willenlos<br />
ausgesetzt. Alle Produktivkraftentwicklung sei vom Kapital bestimmt,<br />
vom Kapital angeeignet und vom Kapital weiter getrieben – so die reichlich<br />
illustrierte These von Marx.<br />
Mit dieser Diagnose hatte Karl Marx recht – aber nicht für die gesamte<br />
bürgerliche Epoche, sondern nur bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts.<br />
Der Taylorismus, die Teilung der Arbeitsabläufe in kleinste,<br />
gemessene und als Norm vorgegebene Einheiten, war der Höhepunkt<br />
der geistigen Enteignung und gleichzeitig der Höhepunkt einer homogenen<br />
Arbeiterklasse in großen Einheiten. Nicht zufällig war diese Ära<br />
auch der Höhepunkt der alten (in den Unternehmen organisierten) Arbeitermacht<br />
und der alten Idee eines zentral regulierten Sozialismus.