Rotes Grün
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Gleichheit<br />
71<br />
Die Protagonisten einer gerechten, ökologischen Welt erkennen das<br />
Potenzial bisher zu wenig, das im Zwang zur Kooperation vorhanden<br />
ist. Machtgewohnte Herrschaften sind längst einen Schritt weiter, wissen<br />
oder ahnen instinktiv, dass Kooperation der Gegenpol zum Wettbewerb<br />
ist und dass Kooperation eine für sie beängstigende Grundlage<br />
hat: Gleichheit.<br />
Gleichheit – vom ethischen Gesang<br />
zum ökologischen Menschenrecht<br />
Wer über die Weltökologie spricht und verhandelt, wer für die Bewahrung<br />
der Lebensgrundlagen kämpft, braucht Kriterien für das, was gelten<br />
soll. Wann und wo ist allein strenger Schutz die richtige Antwort?<br />
Welche ökologischen Mindeststandards, welche Leitplanken für die zulässige<br />
Naturnutzung sind verbindlich festzuschreiben? Welche Größenbeschränkungen<br />
sind einzuhalten, wenn natürliche Kreisläufe sich auf<br />
Dauer reproduzieren sollen?<br />
Um einzelne, besonders sensible Naturgüter zu bewahren, gibt es bereits<br />
seit längerer Zeit Verbote, Gebote und Schutzgebiete. Die Mengenfragen<br />
dagegen wurden lange vernachlässigt, weil sie die Ökonomie<br />
insgesamt und nicht nur einzelne Regionen oder Branchen betreffen. Allmählich<br />
aber bekommen auch die quantitativen Grenzen die Aufmerksamkeit,<br />
die sie verdienen (WBGU 2011; Enquete-Kommission 2013).<br />
Inmitten all dieser Spezialthemen, die sich mit jeweils einzelnen Überlastungen<br />
befassen, wird ein Fundamentalproblem sichtbar, das alle angeht,<br />
nämlich die Übersetzung der Größenbeschränkungen in gerechte<br />
und – weil es um globale Kooperation geht – weltweit akzeptierte Nutzungsmaße.<br />
Wenn über den zulässigen Umfang wirtschaftlicher Aktivitäten<br />
in irgendeiner Weise politisch zu entscheiden ist, dann wird es<br />
solche Maße geben müssen. Die Grundlage solcher Maße kann, solange<br />
nicht offen reaktionär oder rassistisch gesprochen wird, solange nicht<br />
Pragmatismus das Grundsätzliche vernebelt, nur Gleichheit sein.<br />
Bei den Schutzpflichten, bei den zulässigen Emissionen, ist Gleichheit<br />
als Grundsatz bereits anerkannt. Noch nicht in der Praxis, aber normativ<br />
gilt: Jeder Mensch hat dasselbe Recht. Künftig wird Gleichheit als bindendes<br />
Prinzip auch schrittweise das Reich der Nutzungsrechte erobern