Rotes Grün
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3. Trügerische Erwartungen<br />
nach Entfremdung riecht – das wäre die Negation, die sich auf Dauer<br />
im Getto einrichtet. Das ganz Andere sofort, hier und jetzt zu wollen,<br />
sollte als Energie erhalten bleiben, aber nicht das politische Handeln<br />
bestimmen. Die Geschichte lehrt Vorsicht bei diesem unnachsichtigen<br />
Streben. Diejenigen, die aufs Ganze gehen wollen, sollten sich fragen, ob<br />
denn nicht die Freiheit, die sie meinen, des sanften Zwangs für die unangenehmen<br />
Seiten des menschlichen Daseins bedarf. Im reinen Licht<br />
sieht man so wenig wie in der völligen Finsternis. Wer die totale Freiheit<br />
will, muss Auskunft geben, wie denn die Umkehr in ihr Gegenteil<br />
zu verhindern ist.<br />
Gemeinschaft und Gesellschaft, Lebenswelt und Systemwelt – die<br />
Differenz beider Welten aufheben zu wollen, ist nicht nur unrealistisch,<br />
sie ist auch nicht wünschenswert. Das Reich der Notwendigkeit ist nicht<br />
nur, aber auch und zwar in erheblichem Umfang systemisch zu organisieren,<br />
und zwar im Interesse individueller Freiheit. Sozialismus ist nicht<br />
Abschaffung, sondern Gestaltung dieser Differenz.<br />
Insgesamt ist also einiges zu tun, um aus dem Labyrinth der Kategorien<br />
herauszukommen. Immerhin wird gelegentlich der Mangel genannt.<br />
In den Worten von Dieter Klein: »Offen ist, was – vergleichbar<br />
mit der Rolle des Adam Smith im Frühkapitalismus, des Keynesianismus<br />
ein halbes Jahrhundert hindurch und mit dem Neoliberalismus seit den<br />
siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts – die theoriegestützte zentrale<br />
geistig-politische Kernbotschaft der Linken sein wird, die sich als tragend<br />
für emanzipatorische Alternativen erweisen kann.« (Klein 2008: 49)<br />
Oder in den Worten von Stephan Kaufmann und Tadzio Müller: »Für die<br />
intellektuelle Arbeit an der Wachstumskritik stellt sich also die Frage, ...<br />
wie eine antikapitalistische Makroökonomie aussehen könnte.« (Kaufmann/Müller<br />
2009: 203)<br />
Schließlich fordert auch der kühle Links-Analyst Georg Fülberth: »Die<br />
bisherigen großen Krisen des Kapitals begannen als ökonomische Katastrophen<br />
und endeten stets in der einen oder anderen Form in politischen,<br />
ökologischen oder militärischen Desastern. Welches Desaster<br />
wird es diesmal sein? Die Regierungen sind ausschließlich mit kurzfristig<br />
angelegten Rettungsaktionen beschäftigt. Niemand denkt an das<br />
große Ganze. Es ist die Stunde für andere, für neue Ideen aus der Zukunftswerkstatt.«<br />
(Fülberth 2009: 1)