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Rotes Grün

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Linke im Labyrinth der Kategorien<br />

59<br />

Das ökosozialistische Potenzial in den heutigen Strukturen und das<br />

Wachküssen dieser Möglichkeiten durch Menschen, die weder sich noch<br />

das, was sie machen, in irgendeiner Weise sozialistisch nennen würden<br />

und es trotzdem tun – all das ist an den meisten Sozialistinnen und Sozialisten<br />

ohne Notiz und Spur vorübergezogen. Das ist befremdlich, bedauerlich<br />

und im Grunde unverzeihlich.<br />

Denn ohne linke Beiträge von Gewicht, ohne einen auf die Höhe der<br />

Zeit weiterentwickelten Marx, ohne die klare Erkenntnis der Geschichtlichkeit<br />

und damit Vergänglichkeit der bürgerlichen Verkehrsformen<br />

bleiben die überfälligen ökologischen Veränderungen unnötig zahm<br />

und den heutigen Institutionen ausgeliefert, weil der Gedanke an ein<br />

anderes System ökonomischer Reproduktion gestorben ist. Was dieser<br />

Tod bedeutet, bezeugen nahezu alle großen Umbaustudien und ebenso<br />

die bunten Szenen der Nichtregierungsorganisationen. Ihnen mangelt<br />

es nicht an einzelnen, aber an systemischen Alternativen.<br />

Was also tun? Zu den Altmeistern, die noch das Ganze im Blick hatten,<br />

zurückkehren und sie aktualisieren? Auf der Folie von Karl Marx und –<br />

wo nötig und möglich – auch mit Hilfe von Max Weber, John Maynard<br />

Keynes und Joseph Alois Schumpeter und einigen anderen die Gegenwart<br />

interpretieren?<br />

Das hätte nur dann Erkenntnis stiftenden Sinn, wenn die Alten dabei<br />

nicht ungeschoren blieben. Das würden sie selbst auch von uns verlangen.<br />

Denn sie alle dachten in historischen, nicht in ewigen Kategorien.<br />

Gerade das ist ja ihr Vorzug im Vergleich mit den heutigen Gestalten,<br />

die glauben, mit überzeitlichen Konstanten menschlichen Verhaltens<br />

hantieren zu können.<br />

Nicht mit gläubiger Ehrfurcht, sondern kritisch an die Altmeister herantreten,<br />

methodisch bei ihnen anknüpfen und inhaltlich über sie hinausgehen<br />

– das ist wegen eines merkwürdigen Faktums linker Geistesgeschichte<br />

nicht leicht. Denn die von Marx begründete Tradition, den<br />

Lauf der Geschichte nach einer Logik zu befragen oder doch zumindest<br />

Elemente zu entdecken, die schlüssig in gewisse Richtungen weisen, ist<br />

heute, so scheint es, ein ausgestorbenes Geschäft. Weshalb also findet<br />

das, was in prononciertester Form Karl Marx tat, was in der Vergangenheit<br />

aber auch marktwirtschaftliche Theoretiker von Rang zu benennen<br />

sich verpflichtet fühlten, in der Gegenwart nirgends einen originären<br />

Ausdruck?

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