Rotes Grün
Rotes Grün
Rotes Grün
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Reformisten im grünen Rausch<br />
53<br />
setzungen einer solchen Politik zu überprüfen. Und in der internationalen<br />
Politik wird isoliert über den Klimawandel oder den Schutz der<br />
Biodiversität verhandelt, ohne einen systematischen Bezug zwischen<br />
beiden oder beider mit der Gerechtigkeitsfrage zwischen den Menschen<br />
und den Völkern herzustellen.« (BUND et al. 2008: 458)<br />
Jenseits moralischer Traktate, die entweder mehr an den Einzelnen<br />
oder mehr an die Gesellschaft appellieren, gibt es die vielen »Soziotechniker«,<br />
die mehr könnten, aber offenkundig nicht mehr wollen oder sich<br />
aus anderen <strong>Grün</strong>den bescheiden. Sie sind es, die große und technisch<br />
ausgefeilte Szenarien entwerfen (siehe WBGU 2011; SRU 2012).<br />
Fasst man einige der gemeinsamen Thesen solcher Studien zusammen,<br />
dann sind es wohl folgende: Vorausschau und Planung werden<br />
wieder zu großen Themen. Was zu tun ist, muss fair geschehen. Der<br />
Handlungsraum der Politik ist zu erweitern. Politik braucht die nötigen<br />
Mittel, um handeln zu können. Tastende Experimente und die Vielfalt<br />
der Optionen sind ausdrücklich willkommen. Die wirtschaftliche Entwicklung<br />
bedarf der bewussten und aktiven Gestaltung.<br />
Nur wie soll all das geschehen, wenn man die heutige Wirtschaftsordnung<br />
nicht antastet, wenn man nirgends beispielsweise nach der<br />
Berechtigung und der Angemessenheit heutiger Eigentumsverhältnisse<br />
fragt? 13 Stattdessen beschränkt man sich auf weiche Begriffe, die Richtungen<br />
andeuten, aber Richtungskämpfe nicht benennen.<br />
Der WBGU beispielsweise bietet Revolutionstheorie in Sozio-Techno-<br />
Sprache. Von Zeitfenstern, Pfadabhängigkeiten, Kooperations- und Innovationsblockaden,<br />
Vetospielern und institutionellen Routinen ist die<br />
Rede. Von Herrschaft, konzentriertem Eigentum, Konzernmacht, Privilegien<br />
und manifester oder struktureller Gewalt liest man nichts. Im<br />
Grunde wird durchgehend bejaht, dass die Wirtschaft zur abhängigen<br />
Variable werden muss, die sich dem Willen des Gemeinwesens fügt.<br />
Aber was das bedeutet, bleibt nebulös.<br />
So verwandelt sich die proklamierte Große Transformation in eine<br />
der Technik, der Politik und der Kultur. Aber die Gesellschaftsstruktur<br />
selbst wird nicht zum Thema. Man gewinnt den Eindruck, dass die Ex-<br />
13<br />
Der WBGU stellt insgesamt neun Leitfragen. In keiner einzigen Frage geht es<br />
um Eigentum, Machtstrukturen, Eingriffe in die Wirtschafts- und Eigentumsordnung,<br />
Verteilung von Vermögen und Einkommen – siehe WBGU 2011: 30.