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Rotes Grün

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3. Trügerische Erwartungen<br />

prägt ist, kann der individuelle Ausbruch auch zur quälenden Hängepartie<br />

werden. Im Grunde wird es ohne kulturellen Bruch nicht gehen. Der<br />

Gedankengang von Harald Welzer liest sich dann so: »Die ungeheure<br />

Erhöhung der Produktivität durch die Nutzung fossiler Energien ging<br />

einher mit der Entstehung eines ganz neuen Typs von Individuum, mit<br />

einem zuvor gänzlich unbekannten Sozialtypus des Gestalters seiner eigenen<br />

Biografie. Und sie ging deshalb einher mit gänzlichen neuen individuellen<br />

und politischen Assoziationsformen, mit neuen Zeitregimen,<br />

mit neuen Kommunikationsformen, neuen Denkformen, einer neuen<br />

Ökonomie … Konzepte von Wachstum, Mobilität, Fortschritt usw. haben<br />

sich in die kleinsten Nischen unserer Lebenswelt eingenistet und stellen<br />

einen festen Bestandteil unseres mentalen und emotionalen Haushalts<br />

dar … Deshalb muss jeder Versuch einer gesellschaftlichen Transformation<br />

auf das kulturelle Modell abzielen.« (Welzer 2012: 33f.)<br />

Bei Niko Paech tritt deutlicher hervor, dass die »Befreiung vom Überfluss«<br />

– so der Titel seines kleinen Manifests – auch gesellschaftliche<br />

Garantien braucht, damit möglichst viele die Befreiung wagen (Paech<br />

2012). Aber letztlich kann auch sein Manifest nur auf diejenigen zielen,<br />

die mit guten Jobs und gesicherten, eher überdurchschnittlichen<br />

Einkommen die Freiheit der Wahl tatsächlich haben. Ob sie diese Freiheit<br />

auch nutzen, ist aber immer wieder zweifelhaft. Denn im Alltag ist<br />

das Gewissen des Konsumenten meistens so einsam wie das Gewissen<br />

des Abgeordneten im Parlament. Und wenn es sich regt, schrumpft es<br />

schnell zur Attitüde, der keine Handlungen folgen.<br />

Zivilgesellschaftlich ist die Debatte über das, was Transformation bedeuten<br />

sollte, deutlich weiter als die genannten Appelle an den Einzelnen.<br />

Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit gehören zusammen, bedingen<br />

sich wechselseitig und bedürfen spürbarer Veränderungen der Gesellschaft<br />

– das ist weitgehend Konsens in der bunten Szene von Umweltverbänden,<br />

Bürgerinitiativen und engagierten Kirchengruppen.<br />

So heißt es beispielsweise in der bislang größten Umbaustudie, in<br />

dem monumentalen Werk »Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten<br />

Welt«, dass man die ökologische Herausforderung in einem<br />

umfassenden Sinn begreifen müsse. »Sie verlangt statt Einzelmaßnahmen<br />

systemische Reformen, weil sich die miteinander verschränkten<br />

Probleme nur gemeinsam lösen lassen. Noch dominiert in der nationalen<br />

Politik eine Strategie des ›grünen‹ Wachstums, ohne die Voraus-

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