27.12.2013 Aufrufe

Rotes Grün

Rotes Grün

Rotes Grün

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

50<br />

3. Trügerische Erwartungen<br />

Wie lange der grüne Reformismus die geistige Führung behalten wird,<br />

dürfte vor allem von der Frage abhängen, wann und inwieweit es zu<br />

Neuinterpretationen der ökologischen Herausforderungen kommt. Die<br />

wahrscheinlichste Variante ist – analog zu den Tendenzen, die es in den<br />

USA längst gibt – eine neo-imperialistische Strategie, die sich weniger<br />

dem Schutz der Biosphäre als vielmehr der Sicherung der Ressourcen<br />

widmet. Das verlogene, aber passende Motto, das dann aus dem bürgerlichen<br />

Lager käme, würde lauten: »Wir sichern unsere Ressourcen,<br />

nicht die der ganzen Welt.«<br />

Diese Gefahr ist heute schon spürbar. Sie wird wohl stärker werden,<br />

wenn sich abzeichnet, dass irreparable Schäden zunehmen und es nur<br />

noch um die Anpassung an fragil gewordene Ökosysteme geht. Dann<br />

könnte eine »Rette-sich-wer-kann-Logik« so naheliegen, dass sie auch<br />

subjektiv als Option ausgesprochen und verwirklicht wird. Der grüne Reformismus<br />

hätte dann ausgedient, weil ihm für den Ressourcen-Nationalismus<br />

die Härte fehlt – oder er würde den Schutz der Senken einstweilen<br />

weniger ernsthaft betreiben und den Schwenk zur Sicherung der<br />

Ressourcen mitmachen.<br />

Eine eher links-grüne Sicht – das ist die andere Variante der Neuinterpretation<br />

der ökologischen Herausforderungen. Diese Links-Wendung<br />

des Reformismus bedeutet konsequente Ökologie und auf dieser<br />

Grundlage Kritik am Green New Deal in seiner parteigrünen Fassung als<br />

gesellschaftspolitisch zu zahm, wirtschaftspolitisch zu traditionell und<br />

in seinen selbst proklamierten Zielen zu blass. Der Ausgangspunkt eines<br />

solchen, wieder etwas fundamentaleren grünen Standpunkts wäre die<br />

Inkonsequenz des grünen Reformismus, seine Beschränkung auf das<br />

Drehen an den vorhandenen Hebeln, seine unbegründete Zuversicht,<br />

dass das Begrünen von Investitionsanreizen und Steuervergünstigungen<br />

eine ausreichende Eingriffstiefe entwickelt.<br />

Wie sich der grüne Reformismus im Kraftfeld der beiden Varianten<br />

entwickeln wird, dürfte auch von seinem geistigen Umfeld abhängen.<br />

Dieses Umfeld lässt sich differenzieren einerseits in den moralischen<br />

Teil, der mehr will, aber nicht mehr kann, weil er nur lebensweltlich,<br />

nicht ökonomisch zu argumentieren versteht. Und andererseits in den<br />

eher politisch und ökonomisch argumentierenden Teil, der die gesellschaftliche<br />

Debatte mit deutlicheren Worten beeinflussen könnte, wenn<br />

er denn wollte und sich traute.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!