Rotes Grün
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3. Trügerische Erwartungen<br />
behalten, wie sie sind, aber entstauben, entgiften, durchlüften. Weg<br />
mit den Dreckschleudern fossiler Energie und den Giftkreisläufen der<br />
industrialisierten Agrarwirtschaft – her mit dem bio-coolen, selbstbestimmten<br />
Leben im gut bezahlten Job. Sarkastisch könnte man sagen:<br />
Politik für die Wohlstandsoasen mit Wohlfühlgarantie und gewissenreinem<br />
Weltverbesserungsanspruch.<br />
Diese rein lebensweltliche Typisierung würde allerdings die strukturellen<br />
<strong>Grün</strong>de für den wachsenden Einfluss verfehlen. Die Basis grüner<br />
Reformisten wird breiter, weil ihr wesentliches Reservoir, die gebildete<br />
Urbanität, ständig wächst. Und dieses Wachstum ist – ob bewusst oder<br />
unbewusst – das Programm aller Parteien. Mehr Bildung und mehr weltgewandtes<br />
Problembewusstsein – das wollen schließlich alle.<br />
Seit 1980 haben die <strong>Grün</strong>en 18 Jahre permanenter Häutungen erlebt<br />
und sind – in diversen Landesregierungen bereits zahm geworden – zunächst<br />
in der Bundesregierung und dann in verantwortungsbereiter Opposition<br />
gelandet. Wirtschaft und Gesellschaft in ihren heutigen Grundformen<br />
haben sie voll und ganz zu akzeptieren gelernt. Das war nicht<br />
immer so. Im September 1986 forderten die damals noch recht radikalen<br />
<strong>Grün</strong>en programmatisch einen »Umbau in der Industriegesellschaft.<br />
Schritte zur Überwindung von Erwerbslosigkeit, Armut und Umweltzerstörung.«<br />
In diesem noch heute lesenswerten Programmpapier heißt es unmissverständlich:<br />
»Die Verschlechterung der Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />
macht immer mehr Menschen krank. Die Ausbeutung der Natur<br />
lässt die Wälder weiter sterben, die Vergiftung der Luft, des Bodens,<br />
der Gewässer und auch unserer Nahrungsmittel nimmt zu. Verantwortlich<br />
für diesen Umgang mit der Natur ist die privatwirtschaftliche, kapitalistische<br />
Produktionsweise, die sich der Gewinne und Konkurrenz<br />
wegen um ihre gesellschaftlichen und ökologischen Folgen nicht kümmert.«<br />
(Die <strong>Grün</strong>en 1986: 4)<br />
Aktuell bevorzugen die <strong>Grün</strong>en und Teile der SPD den importierten<br />
Slogan vom Green New Deal, bei dem allerdings – die Zeiten ändern<br />
sich – so manches »Green«, aber kaum noch etwas »New« ist. Der ursprüngliche<br />
New Deal von Franklin D. Roosevelt kombinierte wirtschaftliche<br />
Stabilisierung mit gesellschaftlicher Veränderung: deutliche Umverteilung<br />
von oben nach unten, <strong>Grün</strong>dung neuer Institutionen der<br />
Kapitalkontrolle, massenhafte Anwendung gemeinwohlorientierter Ar-