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Rotes Grün

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Reformisten im grünen Rausch<br />

47<br />

Lösungen, aber keine Leitideen hat, nicht ins Reaktionäre taumelt oder<br />

sich bewusst dorthin begibt, ist der grüne Reformismus – die Erneuerung<br />

der Technik, nicht der Gesellschaft – das strategische Projekt<br />

schlechthin.<br />

In Deutschland kommt mit der Leitidee grünen Wachstums zusammen,<br />

was zwar nicht automatisch passt, aber doch miteinander verwoben<br />

werden kann: erstens ein konzeptionelles Angebot an die Wirtschaftsmächtigen,<br />

zweitens eine aussichtsreiche Legitimationsquelle für<br />

die internationale Autorität des Landes (auch wenn gleichzeitig die Junior-Beteiligung<br />

an Ressourcenkriegen erfolgt), drittens ein politisches<br />

Dach für problembewusste Wählerschichten verschiedenster Herkunft,<br />

zunehmend auch für die »stofflichen Reformisten«, die Ingenieure und<br />

Techniker, und viertens das Versprechen, dass es doch noch eine lebenswerte<br />

Zukunft geben kann, eine Zukunft, die – so die zentrale Botschaft<br />

der grünen Reformisten – keine Umwälzungen braucht, sondern konsequente<br />

ökologische Modernität.<br />

Genau das verkörpern grüne Reformisten: ökonomisch nüchtern und<br />

unideologisch, lebensweltlich cool und individualistisch, ökologisch problembewusst<br />

und verantwortungswillig. Der grüne Reformismus ist<br />

mittlerweile in allen politischen Parteien verankert und wäre in Deutschland<br />

– wenn alle aus dieser Geistesströmung sich vereinten – die dominante<br />

politische Kraft. Das Szenario einer politischen Neuformierung<br />

entlang ökologischer Linien ist allerdings sehr voraussetzungsvoll und<br />

deshalb unwahrscheinlich. Auf absehbare Zeit behält der grüne Reformismus<br />

trotz seiner gesellschaftlichen Breite eine eher schmale parteipolitische<br />

Basis, nämlich die Partei gleichen Namens, die <strong>Grün</strong>en.<br />

Die SPD, die als politisch schwankende Gestalt sich überall bedient,<br />

aber nichts Eigentümliches, erkennbar Eigenes, mehr bieten kann, gehört<br />

auch zum grünen Reformismus, weil sie nur mit diesem geliehenen<br />

Konzept noch etwas halbwegs Kleidsames anziehen kann. In weiten Teilen<br />

noch dem alten Industrialismus verbunden ist die SPD zu eigenem<br />

strategischem Handeln offenkundig nicht mehr fähig und hat die geistige<br />

Führungsrolle an die <strong>Grün</strong>en abgegeben.<br />

Die <strong>Grün</strong>en, die einstmals nicht nur das Verhältnis zur Natur, sondern<br />

auch die Grundstrukturen der Gesellschaft verändern wollten, haben<br />

heute ein bescheidenes Programm, das gut in den Zeitgeist passt: Technik<br />

schnell ändern, Wirtschaft und Gesellschaft im Wesentlichen bei-

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