27.12.2013 Aufrufe

Rotes Grün

Rotes Grün

Rotes Grün

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Bürgertum im zweifelnden Trotz<br />

43<br />

allem die Unternehmerschaft klammert sich an das bewährte Rezept:<br />

Restauration der gesellschaftlichen Verhältnisse durch permanente Revolution<br />

der Dinge, also Bewahrung der eigenen Dominanz durch ständig<br />

erweiterte Naturbeherrschung und daraus folgender Legitimation.<br />

Dabei soll es auch in Zukunft bleiben. Denn, so die rhetorische Frage an<br />

das Volk: Sollen wir etwa den Leuten verbieten, innovativ zu sein, etwas<br />

zu unternehmen, Bedürfnisse der Kunden zu befriedigen und dafür<br />

dann auch den verdienten Gewinn einzustreichen?<br />

Das Problem ist nur: Diese Praxis passt noch im Einzelnen, aber nicht<br />

mehr im Ganzen. Angesichts ökologischer Grenzen beginnt permanent<br />

erweiterte Naturbeherrschung unmöglich zu werden. Was zu tun ist,<br />

steht quer zu dem, was das Bürgertum verlängern will. In den beiden<br />

vergangenen Jahren ist in den Sitzungen der Bundestags-Enquete-Kommission<br />

»Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität« bis hin zu grotesken<br />

Peinlichkeiten deutlich geworden, dass Konservative und Liberale bei<br />

den großen Zukunftsaufgaben nackt dastehen. Ihre Philosophien und<br />

Selbstrechtfertigungen tragen nicht mehr. Tauglich ist weder die als<br />

Neo liberalismus in Verruf geratene Mobilisierung egoistischer Instinkte<br />

noch konservatives Bewahren im alten Sinne.<br />

Die erste Variante, die seit den Zeiten von Reagan und Thatcher forcierte<br />

Freiheit für Finanzakteure und Investoren, ist zwar in der Wirklichkeit<br />

immer noch sehr lebendig, aber als Idee spätestens in den Krisen<br />

der vergangenen Jahre an sich selbst gescheitert. Den Geretteten,<br />

den Banken, den Finanzakrobaten und ihren Klienten, den Reichen und<br />

Superreichen, gelingt es, ihren Rettern, den Staaten, die Bedingungen<br />

ihrer Rettung zu diktieren, weil sich bürgerliche Politiker, unterstützt<br />

von Sozialdemokraten und <strong>Grün</strong>en, willfährig zeigen. Da äußert sich<br />

schiere Macht, aber nirgends eine Idee.<br />

Ebenso ist der Ruf neoliberaler Piraten in den Entwicklungsländern<br />

ruiniert. Denn unter der Flagge der Marktfreiheit segelten allzu oft Fanatiker,<br />

die man als Stalinisten des Privatinteresses bezeichnen könnte.<br />

Wie Naturkatastrophen als »window of opportunity« für das Abräumen<br />

von Staatlichkeit, für die Ausradierung sozialer Gefüge genutzt<br />

oder wie soziale Katastrophen zu demselben Zweck bewusst herbeigeführt<br />

werden, hat Naomi Klein (2007) eindrucksvoll an vielen Beispielen<br />

beschrieben und mit Dokumenten belegt. Gegen diese Praxis der<br />

zynischen Verachtung hat sich längst eine Gegenbewegung gebildet,

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!