Rotes Grün
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Bürgertum im zweifelnden Trotz<br />
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ter« für alle gelten sollte, nur noch für ihre Auftraggeber und für sich<br />
selbst. Nach langen Jahren exzessiver Reichtumspflege sind ihre Vermögenslisten<br />
gut gefüllt, aber ihre Glaubwürdigkeit nichtig – und der geistige<br />
Vorrat ihrer politischen Repräsentanten leer gefegt. Was kann das<br />
bürgerliche Lager jetzt, beim unwiderruflichen Eintritt ins ökologische<br />
Zeitalter noch bieten?<br />
Sein Angebot ist der nackte Markenkern konservativer Liberalität, angereichert<br />
mit Preisschildern für die Natur, die – das wird zugestanden<br />
– nicht nur, aber auch von der Politik zu beschriften sind. Das Besitzbürgertum<br />
und seine politischen Gewährsleute versuchen, die ökonomische<br />
Story der vergangenen Jahrzehnte fortzuschreiben – vor allem<br />
mit den gleichen, aber auch mit einigen zusätzlichen Mitteln, die es ermöglichen<br />
sollen, auf versteckte ökologische Kosten und auf Rohstoffknappheiten<br />
zu reagieren. Die Leitlinie heißt: weiter im Gang der ökonomischen<br />
Dinge und etwas breiter bei den politischen Instrumenten.<br />
Die große Hoffnung des liberalen und konservativen Bürgertums bleiben<br />
– stets in optimistischer Sprache formuliert – preissensible Märkte,<br />
findige Investoren, ehrgeizige Unternehmer und die Substitution all dessen,<br />
was nicht mehr hinreichend zur Verfügung steht oder – im Extremfall<br />
– zugrunde gegangen ist. Damit aber am Anfang der Wirkungskette<br />
richtige Signale zu vernehmen sind, braucht auch die Natur einen Preis<br />
– das ist die Quintessenz bürgerlicher Umweltpolitik. Dabei sollen vor<br />
allem Marktinstrumente zum Zuge kommen. Richtige Preise, gute Umwelt<br />
– so heißt die Rettungsformel für den eigenen Glauben.<br />
In diesen Trotz des Bürgertums mischen sich allerdings auch Zweifel.<br />
Denn Märkte und die sie prägenden Gewinnkalküle stehen im Verdacht<br />
des weitgehenden oder gar vollständigen Versagens, wenn es<br />
um existenzielle Allgemeingüter geht. Märkte reagieren kurzfristig – es<br />
geht aber um langfristige Zyklen der Natur. Märkte orientieren sich an<br />
Preisen und Mengen – Natur aber ist ein komplexer lebender Zusammenhang.<br />
Märkte folgen dem Auf und Ab der Preise – aber für viele<br />
Naturgüter wird es keine Preise geben. Und selbst wenn Preise »die<br />
ökologische Wahrheit sagen«, also höher liegen, weil sie ökologische<br />
Folgekosten wenigstens näherungsweise einschließen, kann die Wirkung<br />
verheerend sein.<br />
Denn gerade dann wird die vorher zu teure Förderung von Rohstoffen<br />
in sensiblen Gebieten und mit fragwürdigen Methoden lukrativ. Hinzu