Rotes Grün
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3. Trügerische Erwartungen<br />
Parteien gelten zu Recht als kurzfristig orientierte Maximierer von Mandaten<br />
und Macht. Für diese Politik der üblichen Art ist die Herausforderung<br />
einer gefährdeten Weltökologie offenbar viel zu groß, in ihren<br />
räumlichen und zeitlichen Dimensionen viel zu weitreichend. Dennoch<br />
müssen sich alle politischen Strömungen zu den ungewohnten Themen<br />
des ökologischen Zeitalters verhalten und sich wenigstens geistig-konzeptuell<br />
darauf einstellen. Wie konsequent und glaubwürdig sie das tun,<br />
dürfte künftig die politische Auseinandersetzung prägen.<br />
Bürgertum im zweifelnden Trotz<br />
Es ist schon eine Weile her. Aber es gab tatsächlich eine Zeit permanenter<br />
Steigerung des allgemeinen Wohlstands. Wer im »Goldenen<br />
Zeitalter« (Joan Robinson), im real existierenden »Traum immerwährender<br />
Prosperität« (Burkart Lutz) groß geworden ist, der erinnert sich<br />
vielleicht noch, wie das war.<br />
Immer mehr, immer bessere Güter, ob als elektrische Diener zu Hause<br />
oder als Produktionsassistenten im Betrieb. Gelebte Zuversicht, weil<br />
Jobs für alle da waren und die Einkommen verlässlich zunahmen. Am<br />
Ende dieser einmaligen Epoche sogar mehr Demokratie und Freiheit,<br />
weil »mitten im Mehr« wieder Sinnfragen auftauchten und das Leben<br />
als Ganzes gehaltvoll sein sollte, dieses Begehren auf Straßen und in<br />
Fabriken, in Schulen und Universitäten seinen Ausdruck fand, Eindruck<br />
machte und – für einen kurzen Moment – die offizielle Politik nicht unbeeinflusst<br />
ließ.<br />
Karl-Hermann Flach, FDP-Generalsekretär in jener Zeit, notierte 1971<br />
Gedanken, die heute klingen, als kämen sie von einem anderen Stern:<br />
»Der Kapitalismus als vermeintlich logische Folge des Liberalismus lastet<br />
auf ihm wie eine Hypothek. Die Befreiung des Liberalismus aus seiner<br />
Klassengebundenheit und damit vom Kapitalismus ist daher die Voraussetzung<br />
seiner Zukunft.« (Flach 2013: 114)<br />
Wäre, was damals möglich schien, der Zug der Zeit in Richtung nicht<br />
nur postindustrieller, sondern auch egalitär-ökologischer Lebenswelten,