Rotes Grün
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– was die ökologische Überdehnung gesellschaftlich bedeutet<br />
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kann man auch die Mildtätigkeit der Reichen als obszönes Schmierenstück<br />
verachten.<br />
Die Vorstellung von John Maynard Keynes, dass man aus Krisen herauskommt,<br />
in dem man die gesamtwirtschaftliche Nachfrage mit politischen<br />
Mitteln beeinflusst, mag kurzfristig immer noch richtig sein,<br />
aber angesichts der Enge der ökologischen Grenzen ist auch dieser Tradition<br />
kein brauchbarer Rat mehr zu entnehmen. Die scheinbar kühle<br />
Rationalität des einzelnen, in Begriffen von Aufwand und Nutzen denkenden<br />
und vom Standpunkt des einzelnen Vorteils Handelnden bedeutet,<br />
wenn man sie massenhaft und ungesteuert laufen lässt, nicht nur<br />
volkswirtschaftliche Irrationalität (Krisen, Massenarbeitslosigkeit), wie<br />
von Keynesianern zutreffend erkannt. Sie bedeutet eben auch gesamtökologische<br />
Irrationalität – und diese viel größere Gefahr muss nun der<br />
konzeptionelle Rahmen sein, der gleichzeitig Antworten auf die alten<br />
Gebrechen des Kapitalismus formuliert.<br />
Die besten Ökonomen gingen in der Vergangenheit davon aus, dass<br />
irgendwann materieller Reichtum in zwischenmenschlichen Reichtum<br />
umschlägt. Diese These teilten beispielsweise Marx und Keynes. Bei<br />
Marx war diese Prognose mit den Widersprüchen des kapitalistischen<br />
Systems begründet. Keynes setzte eher darauf, dass die besitzende<br />
Klasse und mit ihr das ganze Volk zur Ruhe kommen und die Früchte<br />
des Fortschritts genießen wolle. Entsprechend fand der Umschlag unterschiedliche<br />
Fassungen. Für Marx war klar, dass die neue Qualität gesellschaftlicher<br />
Verhältnisse organisiert werden muss und ohne harte<br />
Kämpfe nicht zu haben ist. Keynes setzte eher auf die Einsicht der Kontrahenten.<br />
Heute sind all diese Auffassungen nichtig, nicht nur die von Smith,<br />
auch die von Marx und Keynes. Denn weder Gemeinwohl noch verheißungsvolle<br />
Zukunftserwartungen können heute noch als abhängige Variable<br />
der ökonomischen Maschinerie verstanden werden. Heute muss<br />
umgekehrt das Gemeinwesen die ökonomische Maschinerie zähmen<br />
und in den Griff bekommen. Der »Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung<br />
Globale Umweltveränderungen« benennt das, was zu bewältigen<br />
ist, als »Herausforderung in einer Größenordnung, wie sie die<br />
Menschheit noch nie erlebt hat« (WBGU 2011: 29).<br />
Das ist richtig. Aber was bedeutet es? Das bislang größte Menschheitsproblem<br />
ohne Erfahrung meistern? Auf Sicht navigieren, wo es