Rotes Grün
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– was die ökologische Überdehnung gesellschaftlich bedeutet<br />
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wenigen Insidern begreifen auch die Ministergestalten und ihre Kanzlerin<br />
nicht, was sie tun. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Europa<br />
noch tiefer in selbst verschuldete Wirrnisse taumelt.<br />
Umso wichtiger ist es, den vergifteten »Rettungspaketen« entgegenzutreten,<br />
die ganze Volkswirtschaften ins Chaos stürzen. Unmittelbar<br />
geht es um möglichst breiten Widerstand in den unter Kuratel gestellten<br />
Ländern und um Aufklärung im finanzdiktatorisch auftretenden<br />
Deutschland. Beides dürfte besser gelingen, wenn es nicht nur Protest<br />
und Anklage, nicht nur Fachdiskurse über Kreditderivate und Ungleichgewichte<br />
gäbe, sondern auch eine Verständigung über die Inhalte, Ziele<br />
und Zeithorizonte eines anderen Gesellschaftsvertrages für Europa.<br />
Nur diskutiert es sich schlecht über längerfristige Perspektiven, wenn<br />
der Boden plötzlich wankt, der gestern noch unerschütterlich schien.<br />
Insofern ist Europas aktueller Zustand auch ein Menetekel für die anspruchsvolle<br />
Qualität gesellschaftlicher Reaktionen und politischer Vorsorge,<br />
die notwendig sein werden, wenn man die kommenden ökologischen<br />
Krisen meistern will.<br />
In fernen Zeiten, als sich Herrschaft noch Personen zuordnen ließ, war<br />
den Beteiligten immer klar, wer Räuber und wer Beraubter, wer Täter<br />
und wer Opfer war. Heute ist das anders. Heute muss man erst suchen,<br />
wer sich hinter Banken- und Konzernmacht als institutioneller Investor<br />
oder Privatperson versteckt. Auch deshalb geht bei den großen und den<br />
wichtigen Kämpfen ohne begreifendes Denken nichts mehr. Die Sinne<br />
liefern allzu oft nur Täuschungen. Das gilt für die Eurokrise und in noch<br />
viel größerem Maße für die ökologischen Herausforderungen.<br />
Denn in den Zentren des Nordens ist die Umweltverschmutzung sauberer<br />
geworden, den Sinnen kaum noch zugänglich. Wo vor einigen Jahrzehnten<br />
die Flüsse trüb dahin flossen und die Stadtluft nicht frei machte,<br />
sondern den Atem nahm, da sind Schadstoffe kaum noch zu sehen oder<br />
zu riechen. Die Umweltpolitik der vergangenen 40 Jahre hat der sinnlichen<br />
Erfahrung manchen Grund zur Aufregung genommen. Pragmatisch<br />
auf jeweils einzelne Gifte, auf jeweils separat wahrgenommene<br />
Belastungen reagierend wurden spürbare Fortschritte erzielt: weniger<br />
Schwefel aus den Abgasen der Kraftwerke, kaum noch Blei in den Kraftstoffen,<br />
erhebliche Reduktion des aus Kühlgeräten entweichenden und<br />
Ozon killenden FCKW, ein ausdifferenziertes Grenzwert-Management<br />
für eine breite Palette von Schadstoffen.