Rotes Grün
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– wie die Ideen in Bewegung kommen<br />
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völlig offen, in Medien, zu denen vermutlich nur ihre ärgsten Gegner<br />
privilegierten Zugang haben.<br />
Man sieht sehr schnell, dass der Ausdifferenzierung der Gesellschaft,<br />
der Individualisierung der Lebensperspektiven und den biografischen<br />
Brüchen des offiziellen Lebens eine offensichtlich ebenso ausdifferenzierte<br />
Gegengemeinschaft entspricht. Subjekte grundlegender Veränderung<br />
werden deshalb nicht mehr in erster Linie sozial-ökonomisch<br />
konstituiert.<br />
Wahrscheinlicher ist vielmehr, dass sich ein Begriff von Fortschritt<br />
bildet, der dem Ökonomischen seinen untergeordneten Platz zuweist.<br />
Keynes hat schon in den 1930er Jahren prophezeit, dass umfassende<br />
Güterversorgung, also das klassische ökonomische Problem, bald erledigt<br />
sein könnte. Hätte er die spektakulären Wachstumsraten der Nachkriegsjahrzehnte<br />
gesehen, wäre er in seiner Erwartung wohl noch bestärkt<br />
worden.<br />
Was aber finden wir heute vor? Das ökonomische Problem im Sinne<br />
einer allen zugänglichen Güterversorgung wäre in der Tat längst erledigt,<br />
wenn wir uns zum Status quo eine andere Verteilung, andere Produktpräferenzen<br />
und ein kreatives und wirklich demokratisches Gemeinwesen<br />
hinzudenken. Trotzdem dreht sich heute alles um die Ökonomie<br />
– eine absurde Situation, die den Verdacht nährt, dass unnötige Knappheiten<br />
als Knute für die Massen künstlich aufrechterhalten werden.<br />
Welche Motive könnten an die Stelle begrenzter wirtschaftlicher Interessen<br />
treten? Ein kulturvolles, sinnvolles, nicht von der Not unmittelbarer<br />
Bedürfnisse getriebenes Leben? Eine Bescheidung auf das Wesentliche?<br />
Vielleicht nur Leben? Vielleicht nur Überleben? Wer den Raum<br />
handlungsleitender ökonomischer Motive verlässt, gerät schnell in einen<br />
Nebel, in dem die Konturen verschwimmen.<br />
Und doch gibt es in vielfältiger Weise ein Keimen neuer Möglichkeiten.<br />
Für viele, die es sich leisten können, ist Zeit wichtiger als Geld<br />
geworden. Allem Neoliberalismus zum Trotz nimmt das Engagement<br />
für Gemeinschaftsinteressen zu. Die meisten sozialen Bewegungen verfolgen<br />
keine ökonomischen Partialinteressen. Auch dort, wo es in Ein-<br />
Punkt-Initiativen explizit um Einzelinteressen geht, sind diese in den<br />
meisten Fällen nicht primär ökonomischer Natur. In der Regel richten<br />
sie sich gegen das Eindringen der ökonomischen Maschinerie in Lebensräume,<br />
kommunale Traditionen oder andere Lebensqualitäten. Sie sind