Rotes Grün
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6. Neue Geschichten<br />
Engagement als blauäugig denunzieren. Gerade sie aber werden gebraucht,<br />
wenn wir den Kurs der Zerstörung verlassen und eine neue<br />
Reise buchen wollen. Es ist also Zeit für eine Wiedergeburt kritischen<br />
Denkens.<br />
Dabei geht es um Denkansätze, die nicht in voluntaristischer Manier<br />
eine schöne neue Welt herbeizaubern, sondern mit radikalem Realismus<br />
Emanzipationspotenziale und den ihnen angemessenen institutionellen<br />
Rahmen benennen. Es geht um polit-ökonomische Modelle, die<br />
den ökologischen Imperativ an zentraler Stelle und nicht nur als zusätzliche<br />
Variable in sich aufnehmen. Nicht zuletzt ist die Frage wichtig, wie<br />
die weltweit 50 Millionen Hochqualifizierten, die heute fragwürdigen<br />
Zwecken hinterherrennen, vernünftige Tätigkeitsfelder finden.<br />
Wer Zivilisation bewahren will, muss sein Verständnis gesellschaftlicher<br />
Entwicklung nicht nur technisch, sondern vollständig ökologisieren.<br />
Und diese ökologische Erneuerung braucht ein zeitgemäßes<br />
Verständnis des sozialistischen Erbes von Kooperation, Gleichheit und<br />
Planung. Denn im ökologischen Licht wird das, was Generationen von<br />
Linken gefordert haben, nämlich dass die formelle Gleichheit des bürgerlichen<br />
Rechts auch materiell gelten soll, eine notwendige Voraussetzung<br />
für eine auch künftig halbwegs zivilisierte Welt.<br />
Obwohl die Notwendigkeit grundlegender Änderungen heute kaum<br />
noch zu leugnen ist, kann man offenkundig diese Änderungen nicht<br />
mehr in Analogie zu früheren Umbrüchen denken. Früher ging es in den<br />
Ländern des Nordens um obsolet gewordene Staatsformen, um die Ablösung<br />
unfähiger oder menschenverachtender Regime oder – in den radikalsten<br />
Varianten – um eine Reorganisation der Ökonomie, die dann<br />
auch zwangsläufig neue Herrscher brauchte.<br />
Heute geht es um eine Revolution, die auch Politik und Wirtschaft<br />
grundlegend zu ändern hat, deren zentraler Ausgangspunkt aber nicht<br />
unterdrückte Lebensansprüche revoltierender Klassen oder Völker sind,<br />
sondern die Gefährdung der Lebensgrundlagen insgesamt. Deshalb ist<br />
nicht eine neue und höhere Qualität der Naturbeherrschung das Erstrebenswerte,<br />
das dann revolutionär zum Durchbruch kommt, sondern<br />
eine Mäßigung im Umgang mit der Natur, die in früheren Revolutionen<br />
nie zur Debatte stand.<br />
Überall wird geahnt und ausgesprochen, dass positive Entwürfe als<br />
Orientierung notwendig sind, beispielsweise von Rob Hopkins, dem In-