27.12.2013 Aufrufe

Rotes Grün

Rotes Grün

Rotes Grün

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

– wie die Ideen in Bewegung kommen<br />

157<br />

ist ungewohnt und angesichts der Aufgabengröße nicht automatisch<br />

eine Quelle der Zuversicht.<br />

Im Unterschied zur geistigen Lage der Gegenwart waren die großen<br />

Denker früherer Zeiten nahezu alle Optimisten. Dabei mag ein kräftiger<br />

Schuss Selbstüberschätzung dabei gewesen sein. Denn Ideengeber<br />

müssen davon überzeugt sein, dass große Gedanken wichtig und<br />

vorwärtstreibend sind. Die früheren Geistesgrößen waren deshalb stets<br />

bemüht, gedanklich die Tore zu öffnen, um eine bessere, jedenfalls vernünftigere<br />

Welt betreten zu können. Heute ist das anders, in vielen Fällen<br />

sogar blamabel einfallslos.<br />

Wie ist es möglich, dass angesichts einer noch nie dagewesenen<br />

wechselseitigen Abhängigkeit aller Teile dieser Welt der individuelle<br />

Nutzenmaximierer und der blinde Markt noch immer und trotz aller Blamage<br />

zum Ideal erklärt werden? Weshalb ist in einer Zeit, in der Wissenschaftler<br />

und Techniker im Verhältnis zur Natur eine Revolution an die<br />

andere reihen, die gesellschaftliche Fantasie so erstarrt? Ist die heutige<br />

Gesellschaft so ausdifferenziert, dass in ihren Elementen alles erdenklich<br />

Neue, aber im Ganzen nichts wirklich Anderes mehr geht? Warum<br />

ist im Moment eine Kraft undenkbar, die sich analog zur Bürger- oder<br />

Arbeiterbewegung früherer Jahrhunderte um ein gemeinsames Interesse<br />

gruppiert?<br />

Dass ein grundlegender Wandel mehr denn je notwendig ist, ahnen<br />

Millionen. Was fehlt, ist die Story, die überzeugen und mobilisieren kann.<br />

Gäbe es sie, ließen sich vielleicht auch diejenigen für einen Neuanfang<br />

gewinnen, die bislang noch von der Schnelligkeit fasziniert sind, die ihnen<br />

die heutigen wirtschaftlichen Verhältnisse bieten. In der Mehrzahl<br />

rühmen die Träger von Wissenschaft und Technik die Verwertungsmaschinerie<br />

als ihren natürlichen Verbündeten. Anträge, sachfremde Entscheider,<br />

Bürokraten, Verwaltungsvorschriften sind ihnen ein Gräuel<br />

– sie wollen Tempo, Leistung, Orientierung an der Sache. Deshalb optieren<br />

sie pro-kapitalistisch, wenn ihnen die geistigen Gralshüter des Establishments<br />

einpauken, dass es nur die Wahl zwischen Bürokratie und<br />

Privatunternehmen gibt.<br />

Wenn niemand mit Ernst und argumentativer Kraft Grundzüge anderer<br />

Strategien, vielleicht sogar einer anderen Welt beschreibt, werden<br />

Millionen Kopfarbeiter sich auch künftig von gesellschaftlicher Verantwortung<br />

fernhalten, Politik als zwangsläufig schmutzig und jegliches

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!