Rotes Grün
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– vom totalen Markt zu sektoraler Blüte<br />
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voller, freier und zugänglicher zur Entfaltung kommt, ohne die Antriebskräfte<br />
für seine Produktion zu erlahmen. Gefragt ist also nicht nur die<br />
»Erdung« der Ökonomie, sondern auch ein zeitgemäßes Modell geistiger<br />
Produktion.<br />
Eine neue Politische Ökonomie kann es nur geben, wenn sie von vornherein<br />
eine ökologisch informierte ist und in ihren Theoriekern die Reproduktionsfähigkeit<br />
der Natur aufnimmt. Bislang bleiben fast alle Theoretiker<br />
des Sozialen naturblind und stoffvergessen, weil sie in der früher<br />
verständlichen, heute überholten Tradition stehen, die Natur bestenfalls<br />
als zu beachtende Umwelt, aber nicht als Basis von allem zu denken.<br />
Was bei Karl Marx angelegt ist, aber zu seiner Zeit noch nicht zu denken<br />
war, kam auch später im Sinne einer durch und durch ökologischen und<br />
gleichzeitigen politiktauglichen Vision niemals aufs Papier.<br />
Das gilt besonders für die Ökonomen, die – ob in linken oder rechten<br />
Varianten – noch immer glauben, dass Wachstum niemals sinnlos<br />
sein kann. In ehrlichen Bilanzen, bei voller Berücksichtigung aller gesellschaftlichen<br />
und ökologischen Folgen, sind aber schon heute die Kosten<br />
des vermeintlichen Fortschritts oft höher als sein Nutzen.<br />
Wenn die heutige Produktionsweise sich anschickt, die Lebensgrundlagen<br />
zu zerstören, dann verfehlt eine ökonomische Theorie, die in<br />
reinen Wertkategorien verharrt, also nur von Einkommen, Preisen und<br />
Märkten spricht und den Stoffwechsel mit der Natur nicht thematisiert,<br />
die wesentliche Herausforderung. Das gilt auch für alle kritischen Varianten,<br />
die – ob auf Keynes oder Marx oder andere Traditionen sich berufend<br />
– nur die ökonomischen Ausdrücke der Verhältnisse zwischen<br />
Menschen zum Gegenstand erheben und von der Natur abstrahieren.<br />
Karl Marx selbst hatte ein solches Ansinnen stets zurückgewiesen.<br />
Wer Zusammenhänge behauptete, die unter allen zeitlichen und unter<br />
allen stofflichen Umständen gelten sollen, war für ihn ein Objekt bitteren<br />
Spotts. Für Marx war der stoffliche Inhalt der Produktion systematisch<br />
mit den Wertformen und den Kreisläufen des Kapitals verbunden.<br />
Und er war sich gewiss und hat am historischem Material reichlich<br />
demonstriert: Die Art dieser Verbindung ändert sich im Zeitverlauf.<br />
Wer heute eine Re-Animation von Marx versucht, wer an die Marxsche<br />
Gedankenkraft nicht philologisch und textgläubig, sondern im Interesse<br />
wirklichen geistigen Fortschritts anzuknüpfen versucht, sollte<br />
sich die Frage stellen, was der Meister in der Gegenwart wohl tun würde,