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Rotes Grün

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5. Modellwechsel<br />

ter allen Umständen ein rechtmäßiges Verlangen, weil nur durch sie ein<br />

Gegenposten zum Risiko entstehe. Ohne Risiko kein Wachstumszwang,<br />

müsste Binswanger nun eigentlich folgern. Aber diesen Gedanken kann<br />

er nicht denken, weil Unternehmen für ihn nur in privatkapitalistischer<br />

Form existieren. Gäbe es dagegen gesellschaftliche Vorschüsse statt privaten<br />

Kapitaleinsatz oder Unternehmen im Belegschaftseigentum statt<br />

Aktiengesellschaften, hätte das Risiko des Geld- und Kreditgebens eine<br />

andere Bedeutung und könnte auf andere Weise bewältigt werden.<br />

Beide Extreme der Debatte, sowohl die Anklage des Wachstums als<br />

Grund allen Übels als auch die Lobpreisung des Wachstums als Voraussetzung<br />

aller Lösungen, haben ihren spezifischen Mangel. Die Skeptiker<br />

ziehen nicht die Konsequenz aus ihrer Analyse. Sie müssten aufzeigen,<br />

wie Wirtschaft und Gesellschaft grundlegend zu reformieren sind, damit<br />

die Stabilisierungsfunktionen, die bisher das Wachstum übernahm,<br />

auf andere Weise erfüllt werden. Wer dagegen am Wachstumscredo<br />

festhält, stellt meistens nicht die anderen, ebenfalls nahe liegenden Fragen.<br />

Ist Wachstum auf dem gegenwärtigen industriellen Pfad überhaupt<br />

noch wohlstandssteigernd? Fressen nicht schon heute die gesamtökologischen<br />

Kosten des Wachstums die Wohlstandsgewinne auf?<br />

Marx und Ostrom<br />

Spätestens hier müsste nun die Stunde einer zeitgemäßen, grünen Politischen<br />

Ökonomie schlagen. Dabei ginge es dann nicht nur um die Gefahrenabwehr,<br />

sondern auch um verborgene Chancen der Produktivkraftentwicklung,<br />

die mit traditionellen Modellen nicht in den Blick<br />

kommen. Beispielsweise ist all dem, was Wissenschaft, Kunst und Kultur<br />

hervorbringen, den Produkten des Geistes also, die Tendenz zum<br />

freien, öffentlichen Gut immanent. An vielen Fronten, ob in der Musik<br />

oder bei den Informatikern, erweist sich die private, verwertungsabhängige<br />

Form als nicht mehr adäquat.<br />

Es geht also nicht nur um die Eindämmung fundamentaler ökologischer<br />

Negativtrends, sondern auch um das Wachküssen ungenutzter<br />

Möglichkeiten. Der Geist, der im Zeitalter seiner nahezu kostenlosen<br />

technischen Reproduzierbarkeit unmittelbar zum Welterbe werden<br />

kann, sollte nicht in seiner privatwirtschaftlichen Begrenzung und im<br />

klientelistischen Dünkel stecken bleiben. Man muss sich also fragen,<br />

wie der technische, wissenschaftliche und künstlerische Genius sinn-

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