Rotes Grün
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5. Modellwechsel<br />
Daly und Binswanger<br />
In der ökologischen Ökonomie ist Wachstum »naturgemäß« ein großes<br />
Thema. Wachstumszwang, Wachstumsdrang, Wachstumstrieb – in verschiedenen<br />
Varianten taucht auf, dass kapitalistische Wirtschaftsordnungen<br />
auf Expansion angelegt sind. Wichtige Erkenntnisse kommen<br />
von denjenigen, die erkannt haben, dass der Kern der ökonomischen<br />
Theorie grün werden muss. Ihr wichtigster und bester Repräsentant<br />
ist Herman Daly, ein Schüler von Nicholas Georgescu-Roegen 19 und unter<br />
den Umweltökonomen derjenige, der das ökologische Dilemma am<br />
konsequentesten durchdenkt.<br />
Die wichtigste These von Herman Daly lautet: Die Kosten des Wachstums<br />
steigen in einer »vollen Welt«, die von menschlichen Aktivitäten<br />
geprägt ist und der Natur kaum noch Raum lässt, deutlich stärker als<br />
der Nutzen des Wachstums und können diesen Nutzen sogar übertreffen,<br />
sodass in einer Gesamtbilanz weiteres Wachstum vollständig sinnlos<br />
ist (Daly 1999).<br />
Zu dieser Schlussfolgerung kommt Daly, indem er die volkswirtschaftlichen<br />
Daten materiell bewertet, die Sinnhaftigkeit wirtschaftlicher Aktivitäten<br />
beurteilt und dabei den Grundsatz verletzt, dass alle Aktivitäten<br />
berechtigt sind, wenn sie die üblichen Legalitätskriterien erfüllen<br />
und am Markt einen Preis erzielen. Dieses Geschäft der Bewertung betreibt<br />
Daly nicht moralisch, sondern ökonomisch, und zwar empirisch<br />
mit einem alternativen Wohlstandsmaß und theoretisch mit einem kreativen<br />
Bezug mikroökonomischer Denkfiguren auf volkswirtschaftliche<br />
Zusammenhänge.<br />
Das eher theoretische Argument von Daly geht von der Mikroökonomie<br />
aus, die stets nach der optimalen Größe einer Aktivität sucht, um<br />
jenen Punkt zu finden, indem sich – in marginalistischer Terminologie<br />
– Grenzkosten und Grenzerträge schneiden. Ein entsprechendes Konzept<br />
von Optimalität müsse es angesichts ökologischer Grenzen auch für<br />
ganze Volkswirtschaften, also für die Makroökonomie, geben. Dort allerdings<br />
erscheine Wachstum immer wieder als einzige Antwort, weil die<br />
Natur als unbegrenzter, kostenloser und leerer Raum gedacht wird, in<br />
19<br />
In seinem Hauptwerk »The Entropy Law and the Economic Process« (1971)<br />
hat Nicholas Georgescu-Roegen zentrale Grundlagen für die ökologische Ökonomie<br />
formuliert.