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Rotes Grün

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– vom totalen Markt zu sektoraler Blüte<br />

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kann. Einfache Gedankengänge legen den Schluss nahe, dass irgendwo<br />

netto investiert werden muss, wenn per saldo in einer kapitalistisch verfassten<br />

Volkswirtschaft Gewinne entstehen sollen. Wenn das nicht geschieht,<br />

gibt es keine Quelle für den Überschuss der Einnahmen über die<br />

Ausgaben. In technischer Sprache: Der Einkommenseffekt der Investitionen<br />

muss ihrem Kapazitätseffekt vorausgehen. Wenn das Wachstum<br />

stoppt, wenn es also keine Nettoinvestitionen gibt, dann läuft der Kapazitätseffekt<br />

der vorangegangenen Nettoinvestitionen ins Leere. Mehr<br />

Waren können produziert, aber nicht abgesetzt werden. Aus der Kreditfinanzierung<br />

der Investitionen ergibt sich ein weiterer, eigenständiger<br />

Wachstumszwang. Wenn das Wachstum stoppt, sind die Zinsverpflichtungen<br />

aus der vorangegangenen Periode nicht zu bedienen.<br />

Da dauerhaftes Wirtschaftswachstum in einer begrenzten Welt nicht<br />

möglich ist, Kapitalismus aber auf Wachstum angewiesen ist, stellt sich<br />

logisch zwingend die Frage, was den Profit als Steuerungszentrum ersetzen<br />

soll. Wenn der Gewinn als wichtigster Anreiz ausfällt, wie funktioniert<br />

dann eine Wirtschaft?<br />

Am Beispiel des Finanzsektors lässt sich illustrieren, dass man dieser<br />

Grundsatzfrage nicht ausweichen kann. Da eine stationäre Wirtschaft<br />

definitionsgemäß eine Wirtschaft ohne Nettoinvestitionen ist, in<br />

der sich also Investment und Desinvestment (kein Ersatz verbrauchter<br />

Produktionsmittel) zu Null saldieren, wird die Kreditvergabe der Banken<br />

prekär.<br />

Sie wird entweder prekär, weil Banken bei den schrumpfenden (desinvestierenden,<br />

Kapazitäten abbauenden) Unternehmen so viel Geld verlieren,<br />

dass sie mit den Gewinnen, die sie mit Investitionen anderer,<br />

wachsender Unternehmen verdienen, nur zu einem Ausgleich von Verlusten<br />

und Gewinnen kommen, bestenfalls einen minimalen Gewinn<br />

verbuchen können. Sofern es insgesamt nur wenige schrumpfende Unternehmen<br />

gibt, wird die Kreditvergabe der Banken bei volkswirtschaftlichem<br />

Null-Wachstum ebenfalls prekär. Denn in diesem Fall müssten<br />

die kreditvergebenden Banken, egal ob privat oder öffentlich, im Durchschnitt<br />

damit rechnen, dass gute und schlechte Investitionsprojekte<br />

gleichmäßig verteilt sind und dass deshalb mit Krediten per saldo kein<br />

Geld zu verdienen ist.<br />

Allgemeiner formuliert lautet das Dilemma einer kapitalistisch gedachten<br />

Null-Wachstums-Wirtschaft: keine Kredite, keine Nettoin-

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