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Rotes Grün

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5. Modellwechsel<br />

Ein Unternehmen, das nur Einnahmen in Höhe seiner Kosten erzielt,<br />

kann gesellschaftlich Sinnvolles tun. Vom Standpunkt der Kapitalverwertung<br />

ist eine solche Veranstaltung sinnlos.<br />

Einzelne Unternehmen können auch in einer stationären, nicht wachsenden<br />

Wirtschaft Profite erzielen, die Gesamtheit der Unternehmen<br />

auf Dauer jedoch nicht. Wenn alle Unternehmen nur gerade das an Einnahmen<br />

erzielen, was ihren Kosten entspricht, dann kann es einen als<br />

Kostenfaktor aufgefassten Unternehmerlohn geben, aber der gesamtwirtschaftliche<br />

Gewinn im eigentlichen Sinne, also als Überschuss über<br />

alle Kosten inklusive Unternehmerlohn, ist gleich null.<br />

Deshalb ist in den Modellen der beratenden, auf Wirtschaftspolitik<br />

zielenden Ökonomen immer noch Wachstum die entscheidende Variable<br />

– und für die Politik bleibt, wenn sie ihr Eigeninteresse an geregelten<br />

Haushalten, gesicherten Sozialsystemen und an neuen Arbeitsplätzen<br />

wahren und den Rahmen der zulässigen Optionen nicht sprengen<br />

will, immer nur die Parole: Wachstum und nochmals Wachstum. Das ist<br />

gewissermaßen die innenpolitische Staatsräson.<br />

Wer Null-Wachstum, stationäre Wirtschaft oder die Aufhebung des<br />

Wachstumszwangs fordert und trotzdem davon ausgeht, dass die herrschende<br />

Wirtschaftsordnung keiner grundlegenden Änderung bedarf,<br />

der muss sich folglich erklären. Wer aus ökologischen <strong>Grün</strong>den für Null-<br />

Wachstum plädiert, sagt implizit, dass der Profit nicht das Steuerungszentrum<br />

sein kann, dass letztlich die Kapitalverwertung aufgehoben<br />

werden muss. Es ist merkwürdig und erstaunlich, dass nahezu alle Plädoyers<br />

gegen das Wachstum, die gegenwärtig in einer mittlerweile nicht<br />

mehr überschaubaren Breite existieren, die antikapitalistische Konsequenz<br />

ihrer eigenen Argumentation nicht einmal ahnen, geschweige<br />

denn klar und eindeutig aussprechen.<br />

Dieses Schweigen ist schon angesichts der erkennbaren Tatsachen<br />

merkwürdig. Kapitalistisch verfasste Gesellschaften werden sehr schnell<br />

instabil, wenn sie nicht mehr wachsen, wie sich in jeder Krise und erst<br />

recht in jeder Rezession zeigt, also in Zeiten des Null-Wachstums und<br />

der Schrumpfung.<br />

Erstaunlich ist dieses Schweigen aber auch, weil nahezu die gesamte<br />

Wirtschaftswissenschaft, von den Liberalen bis zu den Marxisten – auf<br />

unterschiedlichen Wegen, aber in der Konsequenz doch einmütig –<br />

begründet hat, dass Kapitalismus ohne Wachstum nicht funktionieren

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