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Rotes Grün

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5. Modellwechsel<br />

Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass alle Reformisten und alle<br />

Linken zum Diener, bestenfalls Moderator der Expansion werden, sobald<br />

sie sich in die exekutive Verantwortung begeben. Da aber die Expansion<br />

nicht mehr wie im Fortschrittsglauben früherer Tage als stets<br />

sinnvoll und gut zu präsentieren ist, kommen Adjektive ins Spiel: qualitatives<br />

Wachstum, grünes Wachstum, entkoppeltes Wachstum, inklusives<br />

Wachstum und – als vorläufig letzte Stilblüte – intelligentes Wachstum<br />

(Fücks 2013).<br />

Diese Adjektive sind entweder zynisches Marketing oder aus der Not<br />

geborene Illusionen, deren praktische Folgen bisweilen vernünftig sein<br />

können, die aber gleichzeitig den fälligen Paradigmenwechsel behindern.<br />

Dieser Paradigmenwechsel wird seinerseits nur dann kommen,<br />

wenn er gedanklich in Gestalt neuer Modelle und tatsächlich greifbarer<br />

Optionen beschrieben worden ist. Zu diesem Zweck bedarf es zunächst<br />

einer Identifikation dessen, was zu überwinden ist. Die aktuell breit diskutierte<br />

Wachstumsfrage ist ein guter Ausgangspunkt.<br />

Verdammtes Wachstum – zum Wachstum verdammt<br />

Politische »Entscheider« vertreten unverändert und mit großer Mehrheit<br />

die These, dass Wachstum nicht nur wegen des Wohlstandsziels<br />

notwendig ist, sondern auch Antworten auf andere Großprobleme liefert:<br />

Arbeitslosigkeit (je mehr BIP-Wachstum, desto mehr Arbeitsplätze),<br />

ungleiche Verteilung (je höher das BIP, desto weniger schmerzt die Ungleichheit),<br />

Bevölkerungswachstum in den Entwicklungsländern (je höher<br />

das BIP, desto weniger Kinder). Das implizite Ideal sind sogar gleichbleibend<br />

hohe Wachstumsraten, also exponentielles Wachstum.<br />

Kurzfristig sind diese BIP-Effekte immer noch wirksam, vor allem in<br />

den weniger entwickelten Ländern. Aber in reichen Volkswirtschaften<br />

werden diese Zusammenhänge auf der nationalen Ebene brüchig – und<br />

global gelten sie nicht mehr. Denn die Weltwirtschaft ist – wenn nicht<br />

nur die unmittelbaren Wohlstandsgewinne, sondern auch die morgen<br />

und übermorgen anfallenden sozialen und ökologischen Kosten in die<br />

Rechnung einfließen – in einer Ära »unökonomischen Wachstums« (Herman<br />

Daly) angekommen.<br />

Diese Erkenntnis hat allerdings, selbst wenn sie bisweilen in salbungsvollen<br />

Reden zu hören ist, keine Folgen und kann gegenwärtig auch<br />

kaum Folgen haben. Denn der expansive Modus ist gegenwärtig kein

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