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Rotes Grün

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– vom totalen Markt zu sektoraler Blüte<br />

123<br />

Was bisher nur Teil der politisch gesetzten Rahmenbedingungen war<br />

(Steuern, Subventionen, Grenzwerte, Verbote), muss in den Kern der Anreize<br />

eindringen und sie prägen. Die Wirtschaft braucht nicht nur einen<br />

grünen Rahmen, sondern auch eine innere Verfassung, die ökologisches<br />

Handeln ermöglicht und belohnt. Was und wie viel der Natur zu entnehmen<br />

ist, wie Ressourcen effizient und nutzbringend verteilt werden,<br />

welches Ausmaß und welche Struktur Produktion und Konsum haben<br />

sollen und haben dürfen, welche Infrastrukturen hinsichtlich Qualität<br />

und Größe die richtigen sind – all diese zentralen Momente der Ökonomie<br />

dürfen nicht länger einem Steuerungssystem überlassen bleiben,<br />

in dem das »Je mehr, desto besser« regiert.<br />

Diese Anforderung lässt sich locker aussprechen. Aber wie ist sie genauer<br />

zu fassen und zunächst gedanklich auf den Punkt zu bringen?<br />

Hier beginnt das große Rätsel, das eine mittlerweile weltweite Suchbewegung<br />

inspiriert. Diese Fahndung ist nicht auf notorische Wachstumskritiker,<br />

Radikal-Ökologen oder grüne Sozialisten beschränkt, sondern<br />

hat auch einen amtlichen Zweig, der sich um neue Wohlstandsmaße<br />

bemüht (Enquete-Kommission 2013).<br />

Ausgehend von dem breiten Konsens, dass der bisherige Leitindikator,<br />

das Bruttoinlandsprodukt, durch andere Kennziffern zu ergänzen<br />

und zu relativieren ist, wird in Parlamenten, in der EU und in der OECD<br />

über geeignete Maßzahlen für die sozialen und ökologischen Dimensionen<br />

der Gesellschaft debattiert.<br />

Die bisherigen Ergebnisse sind zwangsläufig ernüchternd, weil von<br />

Parteien und Bürokraten, für die das heutige Wirtschaftssystem das<br />

letzte Wort der Geschichte ist, nur einige zusätzliche Zahlen, aber keine<br />

Vorschläge für neue und anzustrebende Qualitäten künftiger Entwicklung<br />

zu erwarten sind.<br />

Im Zuge der internationalen »Indikatoren-Debatte« ist viel nützliches<br />

Wissen ans Tageslicht getreten. Aber die daraus gezogenen Schlussfolgerungen<br />

sind leere Worte und Mahnungen ohne Biss. Das »Je mehr,<br />

desto besser«, der expansive Modus, kann für traditionelles Denken<br />

schwerlich zum Gegenstand kritischen Bemühens werden, weil dieser<br />

Modus bisher Garant der Stabilität und Quelle der Legitimation war.<br />

Denn Kapitalismus kann nur im Vorwärtsgang funktionieren. Bleibt der<br />

Tiger stehen, frisst er uns auf – so die Lebensweisheit unter keynesianischen<br />

Ökonomen.

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