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Rotes Grün

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4. Signale der Hoffnung<br />

der technische Fortschritt quasi zur Resterampe wird, die alles aufzunehmen<br />

hat, was sich der Erklärung entzieht.<br />

Geistige Produktion ist eine Herausforderung nicht nur für bürgerliche<br />

Denker, sondern auch für Marxisten alter Schule. Denn wie soll das<br />

Marxsche Wertgesetz noch gelten, wenn nicht mehr die Arbeitszeit physischer<br />

Produktion, sondern die globale Kommunikation geistigen Schaffens<br />

das Gravitationszentrum ist. Facebook oder Google mit den Begriffen<br />

zu fassen, die Marx hinterlassen hat, dürfte schwerfallen.<br />

Nicht zuletzt ergibt sich aus den Eigenheiten geistiger Arbeit eine strategische<br />

Verlegenheit für marxistische Analysen. Denn Kapital und Arbeit<br />

sind in vielen Unternehmen, insbesondere bei den Trendsettern,<br />

nicht mehr so eindeutig unterscheidbar – ein Horror für gewerkschaftliche<br />

Interessenvertretung und zugleich ein Schrecken für das Kapital,<br />

wenn die geistig Tätigen ihrem Berufsethos folgen und der Allgemeinheit<br />

zur Verfügung stellen, was sie ersonnen haben.<br />

Auch extern unterliegen geistige Produkte einer anderen Logik. Einmal<br />

hervorgebracht, können sie beliebig häufig reproduziert werden.<br />

Herkömmliche Weisheiten der Betriebswirtschaft über Knappheit und<br />

sinkende Grenzerträge können diese Realität nicht mehr erfassen. Jede<br />

zusätzliche Einheit verursacht praktisch keine Kosten mehr. Und so kann<br />

der Geist allgemein werden, seinen Ritt durch die Welt antreten und<br />

seine Attacke reiten gegen alle bisherigen Grenzen, gegen die Grenzen<br />

seines physischen Trägers, gegen die Grenzen der Knappheit und der<br />

Kalkulation und damit auch gegen die Grenzen der bürgerlichen Eigentums-<br />

und Warenformen.<br />

All das ist ein Affront gegen die gesamte, bislang gewohnte Wirtschaftswelt:<br />

Überfluss statt Knappheit, fallende statt steigende Grenzkosten,<br />

Kommunikation statt Markt, Kooperation statt Konkurrenz, Kultur<br />

statt Ware, Globalität statt Beschränkung, dezentrale statt zentrale<br />

Produktionsmittel, Universalität statt Trennung von Stadt und Land, integriertes<br />

Leben statt Spaltung in Arbeit und Freizeit, Lebenstätigkeit<br />

statt Lohnarbeit, innere Motivation statt äußerer Antrieb, Selbstorganisation<br />

statt Fremdbestimmung, kultureller statt monetärer Reichtum.<br />

Die Freiheit des Geistes ist natürlich nicht der Sinn der ganzen Veranstaltung,<br />

wenn sie von privaten Unternehmen betrieben wird. Die Angebote<br />

sollen das nicht bleiben, was sie ihrer Natur nach sind: öffentliche<br />

Güter. Sie sollen vielmehr privaten Charakter bekommen und sich

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