Der Demokratiebegriff in der Burschenschaft - Neue Deutsche ...

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27.12.2013 Aufrufe

Burschenschafter im Widerstand Widerstand gegen das NS-Regime wurde in allen Korporationsverbänden durchgeführt, jedoch nicht in der Geschlossenheit, die für einen Sturz Hitlers notwendig gewesen wäre. Auch bei der Deutschen Burschenschaft handelte es sich um Einzelkämpfer, die als Korporierte im Widerstand gegen das NS-Regime hervorgetreten und stets für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eingetreten sind. Zu ihnen gehört, um hier die bekanntesten Personen zu nennen, Hermann Kaiser (1885-1945, Burschenschaft Alemannia auf dem Pflug zu Halle an der Saale, heute Burschenschaft der Pflüger in Münster/Westfalen), damals Studienrat in Wiesbaden, der in das „Unternehmen Walküre“ des Heeres mit einbezogen und ein enger Vertrauter von Generaloberst Ludwig Beck wurde. Kaiser war an den Vorbereitungen des Attentats vom 20. Juli 1944 beteiligt, ebenso wie der damalige Heeresrichter Karl Sack (1896-1945, Burschenschaft Vineta Heidelberg). Beide wurden nach dem Scheitern des Attentats und des Umsturzversuchs zum Tode verurteilt und 1945 hingerichtet 24 . Auch der damals führende SPD- Politiker Rudolf Breitscheid (1874-1944, Burschenschaft Arminia Marburg) ging wie mehrere Sozialisten seit Mitte der 1930er Jahre in Opposition zu Hitler, und zwar von Frankreich aus. Nach Auslieferung nach Deutschland und Haft in verschiedenen KZs wurde Breitscheid am 24. August 1944 während eines alliierten Luftangriffs auf das KZ Buchenwald getötet 25 . Helmut Himpel (1907-1943, Burschenschaft Germania Karlsruhe) behandelte als Zahnarzt heimlich und kostenlos jüdische Patienten und nahm bald Kontakt zur „Roten Kapelle“ auf. Er prangerte die als „Euthanasie“ getarnten Morde an Behinderten scharf an und geriet in die Fänge der Gestapo. Am 13. Mai 1943 fand Himpels Hinrichtung in Berlin-Plötzensee statt 26 . Weitere am Widerstand gegen das NS-Regime beteiligte Burschenschafter waren Carl Bachmann (1884-1961, Burschenschaft Arminia Marburg, Arminia Frankfurt und Brunsviga Göttingen), August Dresbach (1894-1968, Burschenschaft Hannovera Göttingen) sowie die Ärzte Dr. Martin Hohl (1888-1954) und Dr. Friedrich Hölzel (1884-1965), beide Mitglieder der Burschenschaft Germania Würzburg. Bachmann, seit 1942 in hoher Stabsstellung bei der Heeresgruppe von Manstein, wurde im Zusammenhang mit dem Attentat vom 20. Juli 1944 verhaftet und bis 1945 gefangen gehalten. Dresbach, Wirtschaftsjurist, Journalist und Politiker erst der DVP, dann der CDU, stand dem Widerstandskreis um Johannes Popitz nahe. Die Ärzte Hohl und Hölzel widersetzten sich, obgleich Mitglieder der NSDAP und der SA, mutig dem NS-Euthanasieprogramm 27 . 24 Ebd., S. 82-83; vgl. Dvorak, Lexikon (s. Anm. 21) I/3, S. 53-55 zu Kaiser, I/5, S. 154 f. zu Sack. 25 Dvorak, Lexikon (s. Anm. 21) I/1, S. 134. 26 Sigler, Sebastian: Der verlassene Widerstand. Korporierte in der Zeit des Nationalsozialismus. In: Prescher, Ralf (Hg.):Füxe, Kneipen und Couleur – Studentenverbindungen in Vergangenheit und Gegenwart, Bd. 1, Essen 2011, S. 67-96, hier S. 83 f. 27 Zu Bachmann vgl. Dvorak, Lexikon (s. Anm. 21) I/1, S. 38, zu Dresbach ebd. I/1, S. 220; zu den genannten Widerstandskämpfern: Kaupp, Peter: Warnung und Widerstand. Burschenschafter in Opposition zum Nationalsozialismus, in: Krause, Peter/Fritz, Herbert (Hg.): Korporierte im Widerstand gegen den Nationalsozialismus (Tradition und Zukunft. Beiträge zur Geschichte und Gegenwart des höheren Bildungswesens, unter besonderer Berücksichtigung der studentischen Vereinigungen, 3), Wien 1997, S. 91-105. - 12 -

Wiedergründung nach dem Zweiten Weltkrieg Vom 16. bis zum 17. Juni 1950 erfolgte auf dem ersten Nachkriegsburschentag in Marburg die Wiedergründung der Deutschen Burschenschaft mit Wirkung vom 12. Juni 1950. Das Bekenntnis zu Freiheit und Demokratie stand nun im Mittelpunkt politischer Debatten, i. e. S. die Einstellung zur Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung. Seit 1953 rückte der Volksaufstand am 17. Juni 1953 und seit 1961 der Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 in den Fokus zahlreicher Veranstaltungen. In den 1950er, 1960er und 1970er Jahren bildete das geteilte Deutschland den thematischen Schwerpunkt burschenschaftlicher Symposien. Die deutsche Teilung führte, je länger sie nun schon dauerte, eine für die deutsche Bevölkerung nicht zu unterschätzende Identitätskrise herbei, was auch immer wieder bei burschenschaftlichen Veranstaltungen zur Sprache kam. Während der 1980er Jahre wurden Gedenkfeiern der Deutschen Burschenschaft trotz der angespannten politischen Lage während des „Kalten Krieges“ und der immer mehr schwindenden Hoffnung auf eine deutsche Wiedervereinigung sowie zunehmender Anfeindungen gegenüber Korporationen unbeirrt durchgeführt bzw. vorbereitet, so die 150-Jahr-Feier des Hambacher Festes 1982, die 175- Jahr-Feier der Deutschen Burschenschaft für 1990 und die 175-Jahr-Feier des Wartburgfestes für 1992 geplant. Mit dem Fall der Mauer am 9. November 1989 änderte sich alles schlagartig auch zugunsten der Burschenschaft. Hiermit ging ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung und auch die traditionellen Treffpunkte wie Eisenach und Jena rückten wieder in den Mittelpunkt. Die 175-Jahr-Feier der Burschenschaft fand vom 29. Mai bis zum 3. Juni 1990 in Berlin statt, geleitet von der Wiener akademischen Burschenschaft Olympia als Vorsitzende Burschenschaft. Der damalige Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl würdigte die Burschenschaften und ihr Eintreten für Freiheit und Einheit ihres politisch zerrissenen Vaterlandes seit der Zeit der Befreiungskriege. Die Entstehung der NeuenDB In den 1990er Jahren gerieten die konservativen Hochschulgruppen, darunter die Deutsche Burschenschaft, ins Kreuzfeuer permanenter Kritik, nicht zuletzt wegen des auf dem BT 1973 mehrheitlich beschlossenen Grundsatzes, keine Kriegsdienstverweigerer in die DB- Burschenschaften aufzunehmen (ausgenommen anerkannte Verweigerer), was bis 1996 galt. Einige Verbindungen wollten sich schon zu dieser Zeit abgrenzen und einen neuen Dachverband gründen, zumal schon am 18. Mai 1991 drei aus der DB ausgetretene Bünde: Bubenruthia Erlangen, Rugia Darmstadt und Alemannia Freiburg in Erlangen einen neuen Dachverband gegründet hatten, die Vereinigung Deutscher Burschenschaften, der sich noch Obotritia Berlin, Vineta Heidelberg, Rugia-Bodenbach zu Mannheim, Suebia Darmstadt und Markomannia Kaiserslautern anschlossen. Auch sie bekannten sich zu den Ideen der 1815 gegründeten burschenschaftlichen Bewegung, so vor allem zum Streben nach fortschrittlichem politischem Denken. Konkreter wurden die Pläne 1995: Ein Dachverband als Gegenpol zur DB sollte entstehen, der auch die Vereinigung Deutscher Burschenschaften (VDB) ersetzen sollte. Am 13. Januar 1996 kam es auf dem Haus der Burschenschaft Alt-Germania in Hannover zur Gründung der Neuen Deutschen Burschenschaft (NeueDB) durch acht Bünde. - 13 -

Wie<strong>der</strong>gründung nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

Vom 16. bis zum 17. Juni 1950 erfolgte auf dem ersten Nachkriegsburschentag <strong>in</strong> Marburg<br />

die Wie<strong>der</strong>gründung <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> mit Wirkung vom 12. Juni 1950. Das<br />

Bekenntnis zu Freiheit und Demokratie stand nun im Mittelpunkt politischer Debatten, i. e.<br />

S. die E<strong>in</strong>stellung zur Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung. Seit 1953 rückte <strong>der</strong><br />

Volksaufstand am 17. Juni 1953 und seit 1961 <strong>der</strong> Bau <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er Mauer am 13. August<br />

1961 <strong>in</strong> den Fokus zahlreicher Veranstaltungen. In den 1950er, 1960er und 1970er Jahren<br />

bildete das geteilte Deutschland den thematischen Schwerpunkt burschenschaftlicher Symposien.<br />

Die deutsche Teilung führte, je länger sie nun schon dauerte, e<strong>in</strong>e für die deutsche<br />

Bevölkerung nicht zu unterschätzende Identitätskrise herbei, was auch immer wie<strong>der</strong> bei<br />

burschenschaftlichen Veranstaltungen zur Sprache kam. Während <strong>der</strong> 1980er Jahre wurden<br />

Gedenkfeiern <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> trotz <strong>der</strong> angespannten politischen Lage während<br />

des „Kalten Krieges“ und <strong>der</strong> immer mehr schw<strong>in</strong>denden Hoffnung auf e<strong>in</strong>e deutsche<br />

Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung sowie zunehmen<strong>der</strong> Anfe<strong>in</strong>dungen gegenüber Korporationen unbeirrt<br />

durchgeführt bzw. vorbereitet, so die 150-Jahr-Feier des Hambacher Festes 1982, die 175-<br />

Jahr-Feier <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> für 1990 und die 175-Jahr-Feier des Wartburgfestes<br />

für 1992 geplant. Mit dem Fall <strong>der</strong> Mauer am 9. November 1989 än<strong>der</strong>te sich alles<br />

schlagartig auch zugunsten <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong>. Hiermit g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> lange gehegter Wunsch <strong>in</strong><br />

Erfüllung und auch die traditionellen Treffpunkte wie Eisenach und Jena rückten wie<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

den Mittelpunkt. Die 175-Jahr-Feier <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong> fand vom 29. Mai bis zum 3. Juni<br />

1990 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> statt, geleitet von <strong>der</strong> Wiener akademischen <strong>Burschenschaft</strong> Olympia als Vorsitzende<br />

<strong>Burschenschaft</strong>. <strong>Der</strong> damalige Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl würdigte die <strong>Burschenschaft</strong>en<br />

und ihr E<strong>in</strong>treten für Freiheit und E<strong>in</strong>heit ihres politisch zerrissenen Vaterlandes<br />

seit <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Befreiungskriege.<br />

Die Entstehung <strong>der</strong> <strong>Neue</strong>nDB<br />

In den 1990er Jahren gerieten die konservativen Hochschulgruppen, darunter die <strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Burschenschaft</strong>, <strong>in</strong>s Kreuzfeuer permanenter Kritik, nicht zuletzt wegen des auf dem BT 1973<br />

mehrheitlich beschlossenen Grundsatzes, ke<strong>in</strong>e Kriegsdienstverweigerer <strong>in</strong> die DB-<br />

<strong>Burschenschaft</strong>en aufzunehmen (ausgenommen anerkannte Verweigerer), was bis 1996 galt.<br />

E<strong>in</strong>ige Verb<strong>in</strong>dungen wollten sich schon zu dieser Zeit abgrenzen und e<strong>in</strong>en neuen Dachverband<br />

gründen, zumal schon am 18. Mai 1991 drei aus <strong>der</strong> DB ausgetretene Bünde: Bubenruthia<br />

Erlangen, Rugia Darmstadt und Alemannia Freiburg <strong>in</strong> Erlangen e<strong>in</strong>en neuen Dachverband<br />

gegründet hatten, die Vere<strong>in</strong>igung <strong>Deutsche</strong>r <strong>Burschenschaft</strong>en, <strong>der</strong> sich noch<br />

Obotritia Berl<strong>in</strong>, V<strong>in</strong>eta Heidelberg, Rugia-Bodenbach zu Mannheim, Suebia Darmstadt und<br />

Markomannia Kaiserslautern anschlossen. Auch sie bekannten sich zu den Ideen <strong>der</strong> 1815<br />

gegründeten burschenschaftlichen Bewegung, so vor allem zum Streben nach fortschrittlichem<br />

politischem Denken. Konkreter wurden die Pläne 1995: E<strong>in</strong> Dachverband als Gegenpol<br />

zur DB sollte entstehen, <strong>der</strong> auch die Vere<strong>in</strong>igung <strong>Deutsche</strong>r <strong>Burschenschaft</strong>en (VDB) ersetzen<br />

sollte. Am 13. Januar 1996 kam es auf dem Haus <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong> Alt-Germania <strong>in</strong><br />

Hannover zur Gründung <strong>der</strong> <strong>Neue</strong>n <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> (<strong>Neue</strong>DB) durch acht Bünde.<br />

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