27.12.2013 Aufrufe

Der Demokratiebegriff in der Burschenschaft - Neue Deutsche ...

Der Demokratiebegriff in der Burschenschaft - Neue Deutsche ...

Der Demokratiebegriff in der Burschenschaft - Neue Deutsche ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Der</strong> <strong>Demokratiebegriff</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong> von den Anfängen (1815)<br />

bis zur Gegenwart<br />

von Dr. Helma Brunck M. A.<br />

Festvortrag beim Festakt anlässlich des 90-jährigen Bestehens <strong>der</strong> VaB Bad Nauheim<br />

am 23. November 2013<br />

<strong>Der</strong> Begriff bzw. das Verständnis von Demokratie <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong> hat e<strong>in</strong>e bereits<br />

fast 200-jährige Geschichte und gehört im Grunde genommen zum urburschenschaftlichen<br />

Gedankengut. Aufbau und Organisation s<strong>in</strong>d seit <strong>der</strong> Gründungsphase – mit kurzer Unterbrechung<br />

während <strong>der</strong> 1930er Jahre – demokratisch strukturiert. Daher wird vorausgesetzt,<br />

dass sich die Arbeit <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong> nach demokratischen Grundsätzen vollzieht.<br />

<strong>Der</strong> Konvent, die älteste Form des studentischen demokratischen Geme<strong>in</strong>schaftslebens, ist<br />

die Versammlung <strong>der</strong> aktiven und <strong>in</strong>aktiven Burschen, auf <strong>der</strong> <strong>in</strong> Selbstbestimmung und<br />

Selbstverwaltung alle Fragen des Geme<strong>in</strong>schaftslebens besprochen und entschieden werden.<br />

Oberste Organe <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong> s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Burschentag und <strong>der</strong> Altherrentag. Organe,<br />

Ausschüsse <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong> sowie die gewählten Amtsträger s<strong>in</strong>d dazu angehalten,<br />

ihre Arbeit als Dienst für alle <strong>Burschenschaft</strong>er zu verstehen. Aufgrund ihrer historischen und<br />

politischen Verantwortung verlangt die <strong>Burschenschaft</strong> kritisches und objektives Handeln<br />

und dass sich <strong>Burschenschaft</strong>er aus Überzeugung für e<strong>in</strong>e demokratische und soziale<br />

Rechtsordnung e<strong>in</strong>setzen. Die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verfassung verankerten Grundsätze <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong>,<br />

zu denen auch die Präambel und die Verbundenheitsbestimmung mit <strong>der</strong> Jenaischen<br />

<strong>Burschenschaft</strong> gehören, f<strong>in</strong>den ihren Ausdruck <strong>in</strong> dem Wahlspruch „Ehre – Freiheit –<br />

Vaterland“ 1 . Ernst Moritz Arndt, e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> führenden Protagonisten <strong>der</strong> burschenschaftlichen<br />

Bewegung, hatte diesen Wahlspruch e<strong>in</strong>mal „die unsterblichen und wahren Grundsätze“<br />

genannt.<br />

Heutige Staatssymbole gehen auf die <strong>Burschenschaft</strong> zurück<br />

Aus dem urburschenschaftlichen Gedankengut entwickelten sich für uns <strong>in</strong> unserem demokratischen<br />

Staat heute noch gültige Staatssymbole wie die deutschen Farben Schwarz-Rot-<br />

Gold, das Deutschlandlied sowie die Grundrechte als sehr wichtiger Bestandteil unseres<br />

Grundgesetzes von 1949. Ausgangsbasis war zu Beg<strong>in</strong>n des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts das Bestreben,<br />

alte verkrustete Strukturen <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit des Spätabsolutismus und e<strong>in</strong>er immer<br />

noch ungebrochenen Fürstenwillkür, die sehr zu Lasten des Volkes g<strong>in</strong>g und soziale Ungleichheit<br />

hervorrief, <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> damaligen deutschen Grenzen zu beseitigen. Die Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> am 12. Juni 1815 <strong>in</strong> Jena gegründeten <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> fühlten sich<br />

ganz dem freiheitlichen Geist verpflichtet. Gründungsort war das heute nach <strong>der</strong> Wende die<br />

1 Handbuch <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong>. Ausgabe 2005 zum 190. Jahrestag <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong>, o. O. 2005,<br />

S. 1-3.<br />

- 1 -


<strong>Burschenschaft</strong> Arm<strong>in</strong>ia auf dem Burgkeller beherbergende Gasthaus „Grüne Tanne“. Die<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er waren bee<strong>in</strong>flusst durch die Spätfolgen <strong>der</strong> Französischen Revolution und<br />

die daraus resultierende Rechts- und Verfassungsentwicklung, for<strong>der</strong>ten die nationale E<strong>in</strong>heit<br />

Deutschlands, die Beseitigung von Partikularismus und Selbstherrlichkeit <strong>der</strong> Souveräne,<br />

die Partizipation des Volkes und die sogenannte „Preßfreiheit“. Das waren alles Optionen,<br />

die später <strong>in</strong> den Jahren 1848/49 <strong>in</strong> den Mittelpunkt rückten.<br />

Das Wartburgfest von 1817<br />

1817 jährte sich zum 300. Mal das Reformationsfest, was die Jenaischen Studenten dazu<br />

veranlasste, die Wartburg zum Schauplatz des ersten deutschen Nationalfestes zu wählen.<br />

<strong>Der</strong> eigentliche Grund war jedoch <strong>der</strong> vierte Jahrestag <strong>der</strong> Leipziger Völkerschlacht, daher<br />

die Festlegung auf den 18./19. Oktober 1817. Insgesamt etwa 500 von damals <strong>in</strong>sgesamt<br />

8.500 an deutschen Hochschulen immatrikulierten Studenten nahmen daran teil, die aus<br />

ganz Deutschland angereist waren. Das E<strong>in</strong>ladungsschreiben hatte gewisse E<strong>in</strong>schränkungen<br />

verlauten lassen, denn es richtete sich an die protestantischen deutschen Hochschulen. Die<br />

katholischen Universitäten sowie Wien und Graz waren nicht e<strong>in</strong>geladen. Zu den Hauptakteuren<br />

und wichtigsten Festrednern gehörten He<strong>in</strong>rich Hermann Riemann (1793-1872),<br />

vormals Teilnehmer an den Befreiungskriegen und Ritter des Eisernen Kreuzes, <strong>der</strong> Philosophie-<br />

und Theologiestudent Ludwig Rödiger sowie Wilhelm Carové (1789-1852), <strong>der</strong> später<br />

auch im Vorparlament von 1848 saß und somit weitreichenden E<strong>in</strong>fluss hatte, da er se<strong>in</strong>e<br />

Erfahrungen vom Wartburgfest <strong>in</strong> die Paulskirchenversammlung mitnahm 2 . Während des<br />

Festes wurde allmählich deutlich, dass hier – entgegen dem ursprünglichen S<strong>in</strong>n – politisch<br />

doch etwas bewegt werden sollte. Das kam schon <strong>in</strong> Reden zum Thema „Vaterland“ zum<br />

Ausdruck, mehr aber noch während e<strong>in</strong>er spektakulären Bücherverbrennung von etwa 25-30<br />

Werken, d. h. von Makulaturbänden mit angeblich „undeutschem“ Inhalt, darunter jener, <strong>in</strong><br />

denen das Ancien régime sowie <strong>der</strong> Wiener Kongress verherrlicht wurden. Den Flammen<br />

zum Opfer fiel auch <strong>der</strong> Code Napoléon als Symbol französischer Vorherrschaft.<br />

Die Grundsätze und Beschlüsse des Wartburgfestes<br />

<strong>Der</strong> Wunsch nach E<strong>in</strong>heit und Freiheit Deutschlands stand im Mittelpunkt. Bedeutsam waren<br />

aber auch die Resultate dieses Festes: die Gründung <strong>der</strong> „Allgeme<strong>in</strong>en <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong>“<br />

am 19. Oktober 1818 <strong>in</strong> Jena sowie die „Grundsätze und Beschlüsse des achtzehnten<br />

Oktobers, geme<strong>in</strong>sam beraten, reiflich erwogen, e<strong>in</strong>mütig bekannt und den studierenden<br />

Brü<strong>der</strong>n auf an<strong>der</strong>en Hochschulen zur Annahme, dem gesamten Vaterlande aber zur Würdigung<br />

vorgelegt von den Studierenden zu Jena“. Als Riemann geme<strong>in</strong>sam mit Karl Müller auf<br />

2 Ries, Klaus: Wort und Tat. Das politische Professorentum <strong>der</strong> Universität Jena im frühen 19. Jahrhun<strong>der</strong>t (Pallas<br />

Athene. Beiträge zur Universitäts-und Wissenschaftsgeschichte, 20), Stuttgart 2007, S. 332-373; <strong>der</strong>s.: Burschenturner,<br />

politische Professoren und die Entstehung e<strong>in</strong>er neuen Öffentlichkeit, <strong>in</strong>: Helma Brunck/Harald<br />

Lönnecker/Klaus Oldenhage (Hg.): „…e<strong>in</strong> großes Ganzes…, wenn auch verschieden <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Teilen“. Beiträge<br />

zur Geschichte <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong>. Darstellungen und Quellen zur Geschichte <strong>der</strong> deutschen E<strong>in</strong>heitsbewegung<br />

im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhun<strong>der</strong>t (DuQ), Bd. 19, Heidelberg 2012, S. 1-123, hier S. 71-123, zur<br />

Rede- und Me<strong>in</strong>ungsfreiheit: S. 114 f.<br />

- 2 -


Anregung des Jenaer Historikers Luden diese „Grundsätze und Beschlüsse“ 1817 als politische<br />

Programmatik dieses Wartburgfestes verfasste, begann e<strong>in</strong> Meilenste<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />

Geschichte <strong>der</strong> Grundrechte. Die „Grundsätze und Beschlüsse“ von 1817 wurden offiziell nie<br />

verabschiedet, galten aber damals schon mehr als e<strong>in</strong> bloß studentisches Programm. Es war<br />

das erste geschlossene Programm des deutschen Liberalismus und e<strong>in</strong> wichtiger Anstoß zum<br />

deutschen Verfassungsstaat 3 . Wesentliche Bestandteile s<strong>in</strong>d nämlich neben den For<strong>der</strong>ungen<br />

nach deutscher E<strong>in</strong>heit Menschen- und Bürgerrechte sowie soziale und gewerbliche Anliegen,<br />

wie zum Beispiel die Bauernbefreiung und die For<strong>der</strong>ungen nach wirtschaftlicher<br />

Freizügigkeit und Gewerbefreiheit. „Wir wollen uns <strong>der</strong> untersten Klassen <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

umso lebendiger annehmen, je tiefer sie im Elend s<strong>in</strong>d“ 4 . Dieser Aufruf aus den „Grundsätzen<br />

und Beschlüssen“ verdeutlicht die soziale Seite des Programms. Es waren Impulse, die<br />

später die Frankfurter Reichsverfassung von 1848/49 prägten. Hier ist bereits e<strong>in</strong> Votum für<br />

bürgerliche Freiheit, Vorurteilslosigkeit und Anerkennung <strong>der</strong> wahren Menschenwürde erkennbar.<br />

Das waren die zentralen Leitgedanken dieses Festes. Deutlich geht aus den<br />

„Grundsätzen und Beschlüssen“ aber auch die klare Absage an Wien und Metternichs Politik<br />

hervor. Stattdessen wurden For<strong>der</strong>ungen nach politischer und wirtschaftlicher E<strong>in</strong>heit<br />

Deutschlands laut. So heißt es im „Grundsatz“ Nr. 1 (K. I), <strong>der</strong> wie e<strong>in</strong>e Präambel zu verstehen<br />

ist: „E<strong>in</strong> Deutschland ist, und e<strong>in</strong> Deutschland soll se<strong>in</strong> und bleiben. Je mehr die <strong>Deutsche</strong>n<br />

durch verschiedene Staaten getrennt s<strong>in</strong>d, desto heiliger ist die Pflicht für jeden<br />

frommen und edlen deutschen Mann und Jüngl<strong>in</strong>g, dah<strong>in</strong> zu streben, daß die E<strong>in</strong>heit nicht<br />

verloren gehe und das Vaterland nicht verschw<strong>in</strong>de.“ Die nicht verabschiedeten, aber als<br />

Druck überlieferten „Grundsätze und Beschlüsse“ enthielten <strong>in</strong> ihren Formulierungen bereits<br />

Bestandteile, die – zum Teil fast wortgetreu – <strong>in</strong> weitere deutsche Verfassungen E<strong>in</strong>gang<br />

fanden und dort fortentwickelt wurden. Sie bildeten e<strong>in</strong>e Ausgangsbasis für die Nassauische<br />

Verfassung von 1814, die Hessen-darmstädtische Verfassung von 1820, die kurhessische<br />

Verfassung von 1831, die Frankfurter Reichsverfassung von 1849, die Weimarer Verfassung<br />

von 1919 und das Grundgesetz <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland von 1949. So wird <strong>in</strong> den<br />

„Grundsätzen und Beschlüssen“ schon die Glaubens- und Religionsfreiheit angesprochen<br />

(„Grundsatz“ Nr. 6), die Gleichheit vor dem Gesetz und die Freiheit <strong>in</strong> den Grundsätzen Nr. 7<br />

und <strong>in</strong> Nr. 19, die Freizügigkeit <strong>in</strong> Nr. 11, das Eigentumsrecht <strong>in</strong> Nr. 20, das Freiheitsrecht im<br />

S<strong>in</strong>ne des heutigen Artikels 2 GG <strong>in</strong> den „Grundsätzen“ Nr. 28 und 29, die Me<strong>in</strong>ungs- und<br />

Pressefreiheit im „Grundsatz“ Nr. 31. Aber auch allgeme<strong>in</strong>e rechtliche und politische For<strong>der</strong>ungen<br />

lagen dem Wartburgprogramm zugrunde. Neben dem bereits zitierten Grundsatz Nr.<br />

1, woraus ja ganz deutlich die Vorstellung von <strong>der</strong> Zukunft Deutschlands hervorgeht, werden<br />

im „Grundsatz“ 32 (K 14) die Öffentlichkeit <strong>der</strong> Rechtspflege und <strong>der</strong> Schwurgerichtsbarkeit<br />

3 Kühne, Jörg-Detlef: Verfassungspolitik 1848/49 – Impulse und Lehren. Festvortrag vom 4. Oktober 1998 auf<br />

<strong>der</strong> Feier <strong>der</strong> Akademikerverbände zur 150. Wie<strong>der</strong>kehr <strong>der</strong> ersten deutschen Nationalversammlung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Paulskirche, Manuskript, S. 4.<br />

4 Abdruck <strong>der</strong> „Grundsätze und Beschlüsse des achtzehnten Oktobers“ <strong>in</strong>: Hans Ehrentreich, He<strong>in</strong>rich Luden<br />

und se<strong>in</strong> E<strong>in</strong>fluß auf die <strong>Burschenschaft</strong>, <strong>in</strong>: Quellen und Darstellungen, Bd. 4, 2. Aufl. 1966, Anhang S. 113-129,<br />

hier Beschluss, Nr. 11. Vgl. Brunck, Helma: Von <strong>der</strong> Wartburgfeier über die Paulskirche zum Grundgesetz – E<strong>in</strong><br />

Rechtsvergleich mit Beispielen, <strong>in</strong>: BBl I/99, 114. Jg., S. 9-14.<br />

- 3 -


sowie die Schaffung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>heitlichen Gesetzbuchs und die Abschaffung <strong>der</strong> Patrimonialgerichtsbarkeit<br />

gefor<strong>der</strong>t. Weiterh<strong>in</strong> behandeln diese „Grundsätze und Beschlüsse“ des Wartburgfestes<br />

den Ausbau <strong>der</strong> deutschen Wehrkraft unter För<strong>der</strong>ung des Landwehrgedankens<br />

(Nr. 10), die Absage an die Ableistung des Kriegsdienstes bei e<strong>in</strong>em bewaffneten Konflikt<br />

zwischen deutschen Staaten (Nr. 9) sowie die Ablehnung jedes Amtes <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geheimpolizei,<br />

<strong>in</strong> gesetzeswidrigen, außerordentlichen Kommissionen o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Bücherzensur (Nr. 34).<br />

Als Staatsform wurde e<strong>in</strong>e konstitutionelle Monarchie mit landständischer Verfassung und<br />

M<strong>in</strong>isterverantwortlichkeit bei Abschaffung aller Privilegien vorgeschlagen. Die Absage an<br />

den damaligen Partikularismus <strong>in</strong> Deutschland wurde umso deutlicher, als im Grundsatz Nr.<br />

5 die Lehre von <strong>der</strong> Spaltung Deutschlands <strong>in</strong> Nord- und Süddeutschland als „irrig“, „falsch“<br />

und „verrucht“ bezeichnet wurde.<br />

Diese Impulse kamen <strong>in</strong> gebündelter Form aus <strong>der</strong> frühen <strong>Burschenschaft</strong>sbewegung, die<br />

durch ihre oppositionelle Haltung gegenüber <strong>der</strong> napoleonischen Fremdherrschaft und<br />

durch die Teilnahme an den vor kurzem durch die 200-Jahrfeier <strong>in</strong>s Gedächtnis gerufenen<br />

Befreiungskriegen e<strong>in</strong> Selbstwertgefühl entwickelt hatte, das ihr die Fähigkeit verlieh, allmählich<br />

politisches Bewusstse<strong>in</strong> und das Vaterland als Wertbegriff auch <strong>in</strong> die bürgerliche<br />

Gesellschaft e<strong>in</strong>fließen zu lassen. Dabei wurden die jungen Akademiker unterstützt von<br />

namhaften Professoren aus Jena und geistigen Wegbereitern, wie u. a. Ernst Moritz Arndt<br />

(1769-1860), Johann Gottlieb Fichte (1762-1814), Friedrich Ludwig Jahn (1778-1852), He<strong>in</strong>rich<br />

Luden (1778-1847), Lorenz Oken (1779-1851), Jakob Friedrich Fries (1773-1843), Dietrich<br />

Georg Kieser (1779-1862) sowie von Karl Follen, dem Dozenten aus Gießen, <strong>der</strong> auch <strong>der</strong><br />

Anführer <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s radikalen Gießener Schwarzen war 5 . E<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> Genannten waren<br />

später <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nationalversammlung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Frankfurter Paulskirche vertreten, brachten dort<br />

ihre Ideen e<strong>in</strong> und entwickelten sie weiter.<br />

Die Farben Schwarz-rot-gold<br />

Auch wenn das Wartburgfest e<strong>in</strong>en nachhaltigen E<strong>in</strong>druck h<strong>in</strong>terlassen hatte, besaßen die<br />

„Grundsätze und Beschlüsse“ trotz überzeugen<strong>der</strong> Formulierung zunächst ke<strong>in</strong>e Breitenwirkung<br />

und wurden durch die Karlsba<strong>der</strong> Beschlüsse von 1819 im Keim erstickt. Die große Resonanz<br />

beim Hambacher (Volks-)Fest 1832 mit <strong>in</strong>sgesamt zwischen 25.000 und 30.000 Teilnehmer<strong>in</strong>nen<br />

und Teilnehmern (e<strong>in</strong> Vielfaches <strong>der</strong> Wartburgfestbesucher also), war jedoch<br />

e<strong>in</strong> Lichtblick für die Zukunft. Jetzt wurden die Farben Schwarz-Rot-Gold zu den deutschen<br />

Nationalfarben erhoben.<br />

„Die Bundesflagge ist schwarz-rot-gold“, so heißt es im Grundgesetz <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschland <strong>in</strong> Artikel 22, wobei vielfach nicht bekannt ist, dass diese Farbkomb<strong>in</strong>ation eng<br />

mit <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Urburschenschaft zusammenhängt. Schon zur Gründungszeit <strong>der</strong><br />

<strong>Burschenschaft</strong> bestand die Legende, dass Schwarz-Rot-Gold den alten Reichsfarben entsprochen<br />

habe, welche die <strong>Burschenschaft</strong> (nicht zuletzt auf Veranlassung von Friedrich<br />

5 Ries, Klaus: Wort und Tat (s. Anm. 2), S. 120-154; S. 168-191, S. 228-332, S. 405-410.<br />

- 4 -


Ludwig Jahn) angeblich übernahm, um damit ihr Bestreben nach E<strong>in</strong>heit und Freiheit des<br />

deutschen Vaterlandes auszudrücken. In mehreren profunden Untersuchungen hat <strong>der</strong> Historiker<br />

Paul Wentzcke später die Annahme bezüglich <strong>der</strong> Reichsfarben wi<strong>der</strong>legt. Stattdessen<br />

ist eher davon auszugehen, dass Schwarz-Rot-Gold auf die Zeit <strong>der</strong> Befreiungskriege, i. e.<br />

S. auf die Uniformfarben des Lützower Freikorps mit ca. 3000 Anhängern, darunter vorwiegend<br />

Studenten, zurückzuführen ist, nicht aber auf die Farben <strong>der</strong> Landsmannschaft Vandalia<br />

(Rot-Gold). Die erste Fahne <strong>der</strong> Urburschenschaft war rot und schwarz, die Fahne <strong>der</strong><br />

Urburschenschaft, 1815/16 gestiftet von jungen Frauen aus Jena und heute noch als Orig<strong>in</strong>al<br />

im Jenaer Stadtmuseum zu sehen, ist schwarz-rot, mit goldenem Eichenlaub und goldener<br />

Umrandung. Sie wurde am 18. Oktober 1817 von Eduard Graf Keller und August Daniel von<br />

B<strong>in</strong>zer dem Zug <strong>der</strong> ca. 500 Studenten zur Wartburg, unter Teilnahme vieler Landsmannschafter<br />

bzw. Corpsstudenten, vorangetragen. Die Farben Schwarz-Rot-Gold, nun als echte<br />

Trikolore, wurden beim Hambacher Fest am 27. Mai 1832 als Symbol <strong>der</strong> demokratischen<br />

E<strong>in</strong>heits- und Freiheitsbewegung geweiht, schließlich von <strong>der</strong> Nationalversammlung am 31.<br />

Juli 1848 endgültig als die Farben <strong>der</strong> deutschen Flagge anerkannt und zu den deutschen<br />

Nationalfarben erklärt, was sich – mit Ausnahme des Kaiserreichs und <strong>der</strong> NS-Zeit – über die<br />

Weimarer Republik h<strong>in</strong>aus bis auf den heutigen Tag erhalten hat. Während <strong>der</strong> Weimarer<br />

Republik wurde, im Gegensatz zu den davor im Kaiserreich unter preußischem, i.e.S. unter<br />

Bismarcks E<strong>in</strong>fluss e<strong>in</strong>geführten Farben Schwarz-Weiß-Rot, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hoffnung, nach dem damaligen<br />

Scheitern <strong>der</strong> Nationalversammlung von 1848 hier etwas gut zu machen, an die<br />

Paulskirchentradition angeknüpft. Auf den Dreifarb Schwarz-Rot-Gold als Symbol nationaler<br />

E<strong>in</strong>heit wurde nun zurückgegriffen. Die militärische Nie<strong>der</strong>lage von 1918 und die Folgen des<br />

Versailler Friedensdiktats veranlassten bald viele Gegner <strong>der</strong> jungen Weimarer Republik,<br />

unter ihnen studentische Verbände wie die <strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong>, als Zeichen <strong>der</strong> Distanz<br />

gegenüber <strong>der</strong> Regierung zum Protest gegen die Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>führung von Schwarz-Rot-Gold.<br />

Die Nationalversammlung beschloss am 3. Juli 1919 <strong>in</strong> Artikel 3 <strong>der</strong> WRV die Festlegung auf<br />

Schwarz-Rot-Gold als Reichs- und Nationalfarben <strong>der</strong> Republik , auf Schwarz-Weiß-Rot als<br />

Handelsflagge mit den Reichsfarben Schwarz-Rot-Gold <strong>in</strong> <strong>der</strong> oberen Innenecke, <strong>der</strong> Gösch.<br />

1933 kam es zur Wie<strong>der</strong>e<strong>in</strong>führung <strong>der</strong> schwarz-weiß-roten Flagge durch die Nationalsozialisten.<br />

Die Hakenkreuzflagge wurde alle<strong>in</strong>ige Nationalflagge 6 . Noch während <strong>der</strong> NS- Zeit<br />

dachten die Männer des 20. Juli 1944 über e<strong>in</strong> neues Staatssymbol nach; <strong>der</strong> Rechtsanwalt<br />

Dr. Josef Wirmer legte e<strong>in</strong>en allgeme<strong>in</strong> gebilligten Entwurf vor: Die Fahne Deutschlands nach<br />

dem geplanten Putsch vom 20. Juli sollte e<strong>in</strong> schwarzes Kreuz mit goldenem Rand auf rotem<br />

Grund tragen. Damit sollte die Paulskirchentradition mit dem christlichen Erbe verknüpft<br />

werden. Mit dem gescheiterten Attentat schien auch diese Sache zunächst aussichtslos zu<br />

werden. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wollte <strong>der</strong> Konvent auf Herrenchiemsee<br />

(11. – 23. August 1948) zu den die E<strong>in</strong>heit und Freiheit Deutschlands symbolisierenden Far-<br />

6 Hattenhauer, Hans: Geschichte <strong>der</strong> deutschen Nationalsymbole: Zeichen und Bedeutung. Geschichte und<br />

Staat, Bd. 285, München 2 1990, S. 16-42; Kaupp, Peter: Die Entstehung <strong>der</strong> Bundesfarben Schwarz, Rot Gold.<br />

In: Das Grundgesetz und die Bundesrepublik. Bil<strong>der</strong> und Texte zum Jubiläum, hrsg. v. Wolfgang Benz und D.<br />

Moos, München 1989, S. 78 f.; Wentzcke, Paul: Die deutschen Farben. Ihre Entwicklung und Deutung sowie<br />

ihre Stellung <strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschen Geschichte, QuD, Bd. 9, Heidelberg 1 1927, 2 1955, hier S. 92-120.<br />

- 5 -


en im Gedenken an die Paulskirchenversammlung zurückkehren. So waren es letzten Endes<br />

national begeisterte Studenten und Professoren (nicht die Regierungen!), die vor fast 200<br />

Jahren mit dem Dreifarb Schwarz-Rot-Gold erstmalig e<strong>in</strong> bis heute gültiges Zeichen <strong>der</strong> Freiheit<br />

und <strong>der</strong> deutschen E<strong>in</strong>heit als Nationalsymbol, das seit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung 1990<br />

auch für die neuen Bundeslän<strong>der</strong> gilt, gesetzt hatten 7 , und das somit auch e<strong>in</strong>e lange demokratische<br />

Tradition besitzt.<br />

Nachwirkungen des Wartburgfestes<br />

E<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> Wartburgfestteilnehmer waren auch zum Hambacher Schloss gekommen, vor<br />

allem aber viele Vertreter <strong>der</strong> Liberalen <strong>der</strong> späteren Paulskirchenversammlung, unter ihnen<br />

Johann Adam von Itzste<strong>in</strong>, Karl von Rotteck und Karl Theodor Welcker, die schon Ende 1831<br />

e<strong>in</strong> neues badisches Pressegesetz konzipiert hatten, das im Wi<strong>der</strong>spruch zu den Karlsba<strong>der</strong><br />

Beschlüssen stand. Welcker stellte mit e<strong>in</strong>er 150-seitigen Petition an die Bundesversammlung<br />

<strong>in</strong> Frankfurt die Pressefreiheit als Naturrecht dar und me<strong>in</strong>te dazu: „Das beste Preßgesetz<br />

ist gar ke<strong>in</strong>es“ 8 .<br />

Am Frankfurter Wachensturm vom 3. April 1833, e<strong>in</strong>er sogenannten „Revolution vor <strong>der</strong><br />

Revolution“, waren vor allem <strong>Burschenschaft</strong>er aus Frankfurt und Heidelberg, aber auch aus<br />

an<strong>der</strong>en Universitätsstädten wie Würzburg, Freiburg und Giessen beteiligt. Zu ihnen gehörten<br />

spätere Paulskirchenabgeordnete wie Itzste<strong>in</strong> und <strong>der</strong> Marburger Professor und „Vater“<br />

<strong>der</strong> Kurhessischen Verfassung Sylvester Jordan sowie vom Vorstand des Preß- und Vaterlandsvere<strong>in</strong>s<br />

<strong>der</strong> Frankfurter Rechtsanwalt Gustav Peter Körner, später <strong>in</strong> den USA e<strong>in</strong> enger<br />

Freund und Berater Abraham L<strong>in</strong>colns und Gegner <strong>der</strong> Sklaverei. Somit lassen sich auch<br />

Querverb<strong>in</strong>dungen von <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong> zur Paulskirchenversammlung erkennen. <strong>Der</strong><br />

Wachensturm war unter an<strong>der</strong>em – politisch gesehen – e<strong>in</strong> Plädoyer für freie Presse und<br />

freie Rede und letztendlich gegen den <strong>in</strong> Frankfurt tagenden Bundestag (<strong>der</strong> Fürsten) gerichtet.<br />

Das Deutschlandlied<br />

In die Zeit des Vormärz fällt auch die Entstehung des Deutschlandliedes, e<strong>in</strong>es weiteren heute<br />

noch gültigen Nationalsymbols burschenschaftlichen Ursprungs. Als im Jahr 1841 August<br />

He<strong>in</strong>rich Hoffmann von Fallersleben (Mitglied <strong>der</strong> Alten Gött<strong>in</strong>ger <strong>Burschenschaft</strong> 1816 und<br />

<strong>der</strong> Alten Bonner <strong>Burschenschaft</strong> 1819) das Deutschlandlied auf <strong>der</strong> Insel Helgoland dichtete,<br />

war es die re<strong>in</strong>e Liebe zum Vaterland, die sich <strong>in</strong> allen drei Strophen nie<strong>der</strong>schlug, nicht<br />

aber politisches Kalkül. „Von <strong>der</strong> Maas bis an die Memel“ dieses <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten Strophe genannte<br />

Gebiet entsprach den damaligen Grenzen des <strong>Deutsche</strong>n Bundes (1815-1866). <strong>Der</strong><br />

Dichter sehnte, ganz im urburschenschaftlichen S<strong>in</strong>n, e<strong>in</strong>en gee<strong>in</strong>ten deutschen Nationalstaat<br />

herbei. „Deutschland, Deutschland über alles“, für uns heute natürlich sehr befremdlich<br />

kl<strong>in</strong>gend, war für ihn damals ke<strong>in</strong>e Auffor<strong>der</strong>ung zur Unterwerfung nichtdeutscher Ge-<br />

7 Hattenhauer, Nationalsymbole (s. Anm. 6), S. 42-48.<br />

8 Zit.: Hoede, Roland: Die Heppenheimer Versammlung vom 10. Oktober 1847, Frankfurt a. M. 1997, S. 18.<br />

- 6 -


iete, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> patriotisches Bekenntnis zur Überw<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> als partikularistisch empfundenen<br />

Struktur des <strong>Deutsche</strong>n Bundes. Erst <strong>in</strong> <strong>der</strong> Weimarer Republik wurde daraus e<strong>in</strong>e<br />

Nationalhymne. In <strong>der</strong> NS-Zeit wurde sie jedoch <strong>in</strong>strumentalisiert, <strong>in</strong>dem die erste Strophe<br />

im Marschtempo zusammen mit dem Horst-Wessel-Lied gesungen wurde. Nach dem Verbot<br />

des Deutschlandliedes durch die Besatzungsmächte wagte Konrad Adenauer e<strong>in</strong>en Neubeg<strong>in</strong>n,<br />

als er 1950 bei e<strong>in</strong>em öffentlichen Anlass im Titania-Palast <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> plötzlich darum<br />

bat, die dritte Strophe dieses Liedes zu s<strong>in</strong>gen. Nach e<strong>in</strong>em längeren Briefwechsel mit dem<br />

damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss, <strong>der</strong> schon e<strong>in</strong>e neue Hymne texten und komponieren<br />

ließ („Land des Glaubens, deutsches Land“), wurde das Deutschlandlied zu unserem<br />

heute wie<strong>der</strong> gültigen Nationalsymbol, wobei laut Bullet<strong>in</strong> <strong>der</strong> BRD vom 6. Mai 1952<br />

offiziell nur die dritte Strophe gesungen wird 9 . In e<strong>in</strong>em weiteren Briefwechsel von 1991<br />

zwischen dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl und dem Bundespräsidenten Richard<br />

von Weizsäcker wurde die dritte Strophe zur Nationalhymne des wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>ten Deutschland<br />

erklärt.<br />

<strong>Burschenschaft</strong>er <strong>in</strong> <strong>der</strong> Paulskirche<br />

In <strong>der</strong> Frankfurter Nationalversammlung saßen außer ihrem Präsidenten He<strong>in</strong>rich von Gagern<br />

(Jenaer und Heidelberger <strong>Burschenschaft</strong>) unter den <strong>in</strong>sgesamt etwa 585 Abgeordneten<br />

169 <strong>Burschenschaft</strong>er neben an<strong>der</strong>en Korporierten, darunter 106 bis 115 Alte Corpsstudenten,<br />

die zum Teil auch als <strong>Burschenschaft</strong>er geführt wurden. Zu den Verdiensten dieser Nationalversammlung<br />

gehört die Verfassung des <strong>Deutsche</strong>n Reiches vom 28. März 1849 – nach<br />

Lothar Gall „die mo<strong>der</strong>nste Verfassung Europas, mit allgeme<strong>in</strong>em Wahlrecht, Judenemanzipation<br />

und Rechtsstaatlichkeit“ unter Betonung <strong>der</strong> Grundrechte. Sie wurde mit knapper<br />

Mehrheit angenommen und bestand aus 197 Paragraphen. Zu den dort enthaltenen Grundrechten<br />

<strong>in</strong> den §§ 130-183 (dazu sechs weitere §§) wurde schon seit 1848 viel Vorarbeit geleistet,<br />

nicht zuletzt durch das Vorparlament, dem auch <strong>der</strong> Wartburgfestteilnehmer Carové<br />

angehörte.<br />

Die Reichsgründung<br />

Nach <strong>der</strong> Gründung des <strong>Deutsche</strong>n Reichs mit dem Zusammenschluss <strong>der</strong> deutschen Län<strong>der</strong><br />

und Staaten im Jahr 1871 sahen die deutschen – an<strong>der</strong>s als die österreichischen – <strong>Burschenschaft</strong>en<br />

ihr lange ersehntes Ziel als erreicht an. Die Studentenverb<strong>in</strong>dungen nahmen sich<br />

die Corps zum Vorbild und reduzierten ihr politisches Engagement. Sie konzentrierten sich<br />

eher auf die Regularien, auch auf Duelle, die nun zur Pflicht wurden, so auch bei <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong>.<br />

Aus <strong>der</strong> stets politisch beson<strong>der</strong>s engagierten, aber revolutionären Bewegung<br />

wurde nun e<strong>in</strong>e staatstragende Organisation. <strong>Der</strong> aufkommende Nationalismus zog e<strong>in</strong>en<br />

zunehmenden Antisemitismus, seit 1873 e<strong>in</strong>en nicht nur wirtschaftlich begründeten, son<strong>der</strong>n<br />

regelrechten völkischen bzw. Rassenantisemitismus nach sich, <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s von dem<br />

9 Hattenhauer, Nationalsymbole (s. Anm. 6), S. 62-91; Brunck, Helma: Schwarz-Rot-Gold. Nationalsymbole und<br />

<strong>der</strong> Gedanke <strong>der</strong> Urburschenschaft aus heutiger Sicht. In: E<strong>in</strong>st und Jetzt. Jahrbuch des Vere<strong>in</strong>s für corpsstudentische<br />

Geschichtsforschung e. V. (EuJ), Bd. 52 (2007), S. 335-355, hier S. 340-342.<br />

- 7 -


am 6. August 1881 gegründeten Kyffhäuser-Verband <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>e <strong>Deutsche</strong>r Studenten<br />

(VVDSt) aufgegriffen wurde. Dieser Verband kam nach E<strong>in</strong>schätzung des Studentenhistorikers<br />

Konrad Jarausch an Stärke, Macht und Begeisterung <strong>der</strong> Urburschenschaft gleich, obwohl<br />

bei den VVDSt <strong>der</strong> Antisemitismus damals noch fanatischere Züge besaß und vor allem<br />

e<strong>in</strong>e Vorreiterrolle im H<strong>in</strong>blick auf die an<strong>der</strong>en Korporationsverbände spielte 10 . Zwar gab es<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> frühen <strong>Burschenschaft</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen um die Aufnahme von Juden, aber seit<br />

1830 gab es dort für 50 Jahre ke<strong>in</strong>e Aufnahmeh<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse mehr. Nun aber wurden die Korporationen<br />

e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> immer ähnlicher, selbst die Corps und die Landsmannschaften „nationalisierten“<br />

sich, während um 1850 studentischer Nationalismus nur auf die <strong>Burschenschaft</strong><br />

<strong>in</strong> ihrer Opposition zur Vielstaaterei zutraf. 1880 wurden auch die Katholischen <strong>Deutsche</strong>n<br />

Studentenverb<strong>in</strong>dungen (KDStV) zunehmend antiliberal, was sich als Auswirkung des Kulturkampfes<br />

erklären lässt. Dennoch wurde nach außen h<strong>in</strong> Parteilichkeit verworfen, man vertraute<br />

auf die Staatslenkung, namentlich auf Bismarck, <strong>der</strong> nicht nur bei den Corps, son<strong>der</strong>n<br />

auch bei <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong> zunehmende Anerkennung fand. Damals galt das geflügelte<br />

Wort, dass Bismarck es schon richten werde.<br />

Vom ADC zur <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong><br />

<strong>Der</strong> Vorläufer des heutigen Dachverbandes <strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong>, <strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>e Deputierten-Convent<br />

(ADC), wurde am 20. Juli 1881 gegründet. 35 <strong>Burschenschaft</strong>en beteiligten<br />

sich an <strong>der</strong> Gründung dieses neuen Dachverbandes. Die Chance e<strong>in</strong>er langfristigen E<strong>in</strong>igung<br />

bestand dar<strong>in</strong>, dass ke<strong>in</strong> allzu großer allgeme<strong>in</strong>verb<strong>in</strong>dlicher Druck auf die e<strong>in</strong>zelnen Bünde<br />

ausgeübt wurde. Österreichische <strong>Burschenschaft</strong>en sollten damals noch nicht aufgenommen<br />

werden, da <strong>der</strong> ADC grundsätzlich die aktive Beteiligung an politischen Fragen vor dem Ersten<br />

Weltkrieg verwarf und dies den e<strong>in</strong>zelnen Bünden überließ. Erst 1902 wurde <strong>der</strong> Verband<br />

<strong>in</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong> (DB) umbenannt. Als liberale Gegengründung seitens <strong>der</strong><br />

Reformburschenschaften entstand am 11. November 1883 durch 6 <strong>Burschenschaft</strong>en aus<br />

Berl<strong>in</strong>, Tüb<strong>in</strong>gen und Leipzig <strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>e <strong>Deutsche</strong> Burschenbund (ADB).Außerdem wurde<br />

im Jahr 1890 die Vere<strong>in</strong>igung Alter <strong>Burschenschaft</strong>er(VAB) gegründet, wodurch die Alten<br />

Herren an E<strong>in</strong>fluss auf die Entwicklung des Dachverbandes DB gewannen. Seitdem f<strong>in</strong>det<br />

neben dem Burschentag parallel e<strong>in</strong> Altherrentag statt.<br />

Am 1. Januar 1887 erschien die erste Ausgabe <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong>lichen Blätter(BBl), des bis<br />

heute existierenden Verbandsorgans <strong>der</strong> DB. Erster Schriftleiter war Mitgrün<strong>der</strong> Gustav<br />

He<strong>in</strong>rich Schnei<strong>der</strong>. Die BBl erwiesen sich im Laufe <strong>der</strong> Zeit als e<strong>in</strong> hochkarätiges Organ, das<br />

den jeweiligen Zeitgeist <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong> wi<strong>der</strong>spiegelte. Dabei darf nicht verschwiegen<br />

werden, dass nach <strong>der</strong> Machtübernahme durch den Nationalsozialismus auch hier e<strong>in</strong> deutlicher<br />

Wandel sichtbar wurde, <strong>der</strong> zu e<strong>in</strong>em mehrfachen Wechsel <strong>der</strong> Schriftleiter und danach<br />

zur vorläufigen E<strong>in</strong>stellung <strong>der</strong> BBl führte. <strong>Der</strong> Jahrgang 52 (1937) erschien nur teilwei-<br />

10 Jarausch, Konrad: <strong>Deutsche</strong> Studenten 1800-1970, Frankfurt a. M. 1984, S. 82-92; Zirlewagen, Marc (Hg.):<br />

Kaisertreue – Führergedanke – Demokratie. Beiträge zur Geschichte des Verbandes <strong>der</strong> Vere<strong>in</strong>e <strong>Deutsche</strong>r<br />

Studenten (Kyffhäuser-Verband). GDS-Archiv für Hochschul- und Studentengeschichte, Beiheft 10, SH-Verlag,<br />

Köln 2000.<br />

- 8 -


se, die Jahrgänge 53 bis 64 (1938-1949) erschienen überhaupt nicht mehr. Erst 1950 wurde<br />

die Zeitschrift wie<strong>der</strong>belebt 11 .<br />

Wie wichtig <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> das parte<strong>in</strong>eutrale politische Engagement und<br />

damit verbunden die objektive Erforschung <strong>der</strong> Geschichte s<strong>in</strong>d, beweist die Gründung <strong>der</strong><br />

<strong>Burschenschaft</strong>lichen Historischen Kommission am 13. April 1909 <strong>in</strong> Frankfurt am Ma<strong>in</strong>. Sie<br />

wurde 1927 <strong>in</strong> Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung umbenannt, existiert<br />

seit 1933 bis heute als e<strong>in</strong>getragener Vere<strong>in</strong> und zählt, noch immer zu den wichtigsten<br />

Institutionen <strong>der</strong> DB 12 . Die GfbG e.V. ist nach wie vor um Unabhängigkeit wissenschaftlicher<br />

Tätigkeit bemüht und fühlt sich mit ihren zahlreichen Publikationen, darunter die Jahresgaben<br />

sowie die Reihe Darstellungen und Quellen zur Geschichte <strong>der</strong> deutschen E<strong>in</strong>heitsbewegung<br />

im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhun<strong>der</strong>t (DuQ, vormals QuD) burschenschaftlicher<br />

Tradition verpflichtet. Dank <strong>der</strong> großen Bestände im Archiv und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bücherei <strong>der</strong><br />

<strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> im Bundesarchiv <strong>in</strong> Koblenz kann diese Tradition weiterh<strong>in</strong> gut<br />

gepflegt werden.<br />

<strong>Der</strong> Vaterlandsbegriff<br />

Die Stilisierung des Vaterlandsbegriffs spielte e<strong>in</strong>e große Rolle im Ersten Weltkrieg sowie im<br />

damit verbundenen Langemarck-Mythos 13 und erfuhr e<strong>in</strong>e noch größere Aufwertung nach<br />

Abschluss des Versailler Vertrages. Sogenannte „Vaterländische Arbeit“ <strong>in</strong> den vom Reich<br />

abgetrennten Gebieten wurde genauso wichtig wie die E<strong>in</strong>sätze <strong>in</strong> den Freikorps und umgekehrt<br />

die E<strong>in</strong>sätze beim Kapp-Putsch, die nicht mehr für die Republik, son<strong>der</strong>n enttäuscht<br />

gegen den Staat von Weimar gerichtet waren. Junge Korporierte zeigten sich dem nationalistischen<br />

Gedankengut gegenüber generell aufgeschlossener als Alte Herren 14 . Mit dem Ende<br />

des Ersten Weltkriegs kam angesichts <strong>der</strong> plötzlich e<strong>in</strong>schneidenden Verluste auf verschiedenen<br />

Ebenen das Gefühl e<strong>in</strong>er Entwurzelung <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Bevölkerung auf. Von ihr waren<br />

auch studentische Korporationen und Freistudenten betroffen. Voraus g<strong>in</strong>g dem Ganzen die<br />

Teilnahme vieler junger Menschen an diesem s<strong>in</strong>nlos langen Stellungskrieg. Dabei wurden<br />

Er<strong>in</strong>nerungen an die Befreiungskriege geweckt, wobei für das Kaiserreich typische klassenför<strong>der</strong>nde<br />

Privilegien plötzlich von e<strong>in</strong>em aufkommenden Solidaritätsempf<strong>in</strong>den dom<strong>in</strong>iert<br />

wurden. <strong>Der</strong> sogenannte Langemarck-Mythos zeigte bis <strong>in</strong> die Zeit <strong>der</strong> 1920er und 1930er<br />

Jahre h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Nachwirkungen und wird auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> neuesten Literatur immer noch dis-<br />

11 Wreden, Ernst Wilhelm/Egeler, Walter (erg.): <strong>Burschenschaft</strong>liche Blätter, <strong>in</strong>: Handbuch <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong><br />

(s. Anm. 1 ), S. 360 f.<br />

12 Lönnecker, Harald: „Das Thema war und blieb ohne Parallel-Ersche<strong>in</strong>ung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n Geschichtsforschung“.<br />

Die <strong>Burschenschaft</strong>liche Historische Kommission(BHK) und die Gesellschaft für burschenschaftliche<br />

Geschichtsforschung e. V. (GfbG) (1898/1909-2009). E<strong>in</strong>e Personen-, Institutions- und Wissenschaftsgeschichte,<br />

DuQ, Bd. 18, Heidelberg 2009.<br />

13 Jarausch, Studenten (s. Anm. 10), S. 106-115 mit Literaturangaben.<br />

14 Brunck, Helma: Die <strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Weimarer Republik und im Nationalsozialismus, München<br />

1999, S. 161-165: zum Antisemitismus und zu den Eisenacher Beschlüssen, S. 219-228: zur Verbreitung<br />

des völkischen und nationalsozialistischen Gedankengutes; dies: <strong>Burschenschaft</strong>en und <strong>Burschenschaft</strong>er <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Weimarer Republik, <strong>in</strong>: Oldenhage, Klaus (Hg.): Jahresgabe 2008 <strong>der</strong> Gesellschaft für burschenschaftliche<br />

Geschichtsforschung e.V. (GfbG), Koblenz 2009, S. 7-66, hier <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e S. 8-16, S. 26-30, S. 45-47, S. 65.<br />

- 9 -


kutiert 15 . H<strong>in</strong>zu kamen die hohen Gebietsverluste durch die Friedensdiktate von Versailles<br />

und St. Germa<strong>in</strong> im Jahr 1919. Es folgten sehr harte Bed<strong>in</strong>gungen gerade für Deutschland.<br />

Wirtschaftliche Krisen waren gepaart mit hoher Arbeitslosigkeit auch unter Akademikern <strong>in</strong><br />

vormals krisenfesten Berufen. Im Extremfall kam es damals zum sogenannten Akademikerelend<br />

16 . Von daher lässt sich erklären, warum die <strong>Burschenschaft</strong> zunächst auf die baldige<br />

E<strong>in</strong>berufung e<strong>in</strong>er verfassunggebenden Nationalversammlung ausgerichtet war, von <strong>der</strong> sie<br />

sich e<strong>in</strong>e Regierung im großdeutschen S<strong>in</strong>ne erhoffte. Damit war, wie man <strong>der</strong> E<strong>in</strong>stellung<br />

Paul Wentzckes dazu <strong>in</strong> den BBl vom Februar 1919 17 entnehmen kann, die Hoffnung auf e<strong>in</strong><br />

baldiges Parlament verbunden, wie man es sich schon 1848/49 erhofft hatte, wie es aber<br />

lei<strong>der</strong> nie zustande kam. Jetzt wurden Er<strong>in</strong>nerungen an die erste deutsche Revolution wach,<br />

die vor allem – so Wentzcke – vom burschenschaftlichen Geist getragen wurde. Die neue<br />

Nationalversammlung sollte nun – ganz nach dem Vorbild von 1848 – „tragfähige Stützen<br />

zum Aufbau e<strong>in</strong>es neuen Reiches errichten“ 18 , <strong>in</strong> dem „Deutsch-Österreich“ e<strong>in</strong>e zentrale<br />

Rolle spielen sollte, denn die Gründe, die damals zum kle<strong>in</strong>deutschen Programm führten,<br />

seien – so <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong>er und Historiker Wentzcke – verschwunden 19 . Die Friedensdiktate<br />

von Versailles und St. Germa<strong>in</strong> verboten e<strong>in</strong>en bereits am 21. Februar 1919 von <strong>der</strong><br />

Weimarer Nationalversammlung abgesegneten Anschluss Deutsch-Österreichs an das <strong>Deutsche</strong><br />

Reich, wozu auch e<strong>in</strong> Staatsvertrag vere<strong>in</strong>bart wurde 20 .<br />

Kameradschaftserziehung<br />

Im weiteren Verlauf <strong>der</strong> Weimarer Republik breitete sich das völkische Denken vor allem bei<br />

den Jungakademikern aller Couleur und verbandsübergreifend rapide aus und eskalierte <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er zunehmenden Selbstüberschätzung. <strong>Der</strong> „Geme<strong>in</strong>schaftsgeist“ als Gegenpol zum damals<br />

verachteten akademischen Dünkel und Individualismus mündete <strong>in</strong> den „Kameradschaftsgeist“<br />

und <strong>in</strong> die Kameradschaftserziehung unter <strong>der</strong> Prämisse, dass mit höchster<br />

spartanischer Selbste<strong>in</strong>schränkung und Diszipl<strong>in</strong> sich alle künftigen Probleme geme<strong>in</strong>sam<br />

besser lösen lassen. Die Kameradschaftserziehung wurde von verantwortlichen Vertretern<br />

wie Otto Schwab, e<strong>in</strong>em Kriegstechnik-Dozenten aus Darmstadt (Germania Darmstadt) und<br />

Grün<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Akademischen-Flieger-Abteilung <strong>Deutsche</strong>r <strong>Burschenschaft</strong>er e. V.“, mit pädagogischen<br />

Zielen verbunden. Als die Korporationen erkannten, dass es ihnen allmählich an<br />

die Substanz g<strong>in</strong>g, ihnen Couleur- und Fechtbetrieb unmöglich gemacht wurden, zeigten sie<br />

massiven Wi<strong>der</strong>stand. Auch die restlose Durchführung <strong>der</strong> Arier- und Freimaurerbestim-<br />

15 Lönnecker, Harald: Langemarck und die <strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong>, <strong>in</strong>: BBl 119/4. (2004), S. 129- 137; Ludwig,<br />

Ra<strong>in</strong>er: „Pflanzt die Säulen des Reichs <strong>in</strong> die Verwesung <strong>der</strong> Welt!“ Zur Geschichte und Konzeption des deutschen<br />

Soldatenfriedhofes Langemarck-Nord , <strong>in</strong>: ebd., S. 117-122; zur späteren Entwicklung: Sanker, Jens-<br />

Markus: „Stahlhelm unser Zeichen, schwarz-weiß-rot das Band“. <strong>Der</strong> Stahlhelm-Studentenr<strong>in</strong>g Langemarck.<br />

Hochschulpolitik <strong>in</strong> Feldgrau 1926-1935, Würzburg 2004.<br />

16 Dazu: Schriftleitung <strong>der</strong> BBl.: Akademikerelend, <strong>in</strong>: BBl 33/3 (1919), S. 42-43. Zum Versailler Vertrag: Kolb,<br />

Eberhard: <strong>Der</strong> Frieden von Versailles, München 2005; Elz, Wolfgang: Versailles und Weimar, <strong>in</strong>: APuZ 50-<br />

51/2008, S. 31-38.<br />

17 Wentzcke, Paul: Die erste deutsche Nationalversammlung, <strong>in</strong>: BBl 33/I, Nr. 6 (1919), S. 88-89.<br />

18 Ebd., S. 89.<br />

19 Ebd.<br />

20 Ebd., S. 297.<br />

- 10 -


mungen wurde nicht vorbehaltlos akzeptiert und führte zur Spaltung <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> DB. Bekanntes<br />

Beispiel dafür: <strong>der</strong> von ca. 100 Alten <strong>Burschenschaft</strong>ern unterzeichnete Protest des<br />

Völkerrechtsprofessors Hans Wehberg (Marchia Bonn) schon im Jahr 1920 als Reaktion auf<br />

die „Eisenacher Beschlüsse“ über die künftige Nichtaufnahme von Juden neben vielen weiteren<br />

Protesten aus den Reihen <strong>der</strong> Altherrenschaften.<br />

Otto Schwab galt aufgrund se<strong>in</strong>er despotischen Haltung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Führungsspitze als nicht länger<br />

tragbar. Se<strong>in</strong>e Bemühungen um den Ausbau <strong>der</strong> Wehrerziehung und des Wehrsportes<br />

zielten schon <strong>in</strong> <strong>der</strong> Spätphase <strong>der</strong> Weimarer Republik auf e<strong>in</strong>e unverkennbare Übere<strong>in</strong>stimmung<br />

mit nationalsozialistischen Zielsetzungen ab. Se<strong>in</strong>e Haltung zur Kameradschaftserziehung<br />

(Anordnung von Wohnkameradschaften nach dem Plan von DSt-Reichsführer Andreas<br />

Feickert 1934) war <strong>der</strong>art umstritten, dass e<strong>in</strong> Wechsel <strong>in</strong> <strong>der</strong> DB-Bundesführung unvermeidlich<br />

wurde. Nachfolger Schwabs wurde am 22. Februar 1935 Hans Oskar Glaun<strong>in</strong>g<br />

(1906-1973), Mitglied <strong>der</strong> Marburger <strong>Burschenschaft</strong> Germania und von Beruf Rechtsanwalt,<br />

<strong>der</strong> auch journalistisch tätig war. Er versuchte, urburschenschaftliches Gedankengut mit den<br />

Ideen des Nationalsozialismus zu verb<strong>in</strong>den, aber er tat es ohne Erfolg! Nach monatelangen<br />

Streitigkeiten mit <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>schaft Studentischer Verbände (GStV) bis zu <strong>der</strong>en Auflösung<br />

im September 1935 schloss Glaun<strong>in</strong>g mit dem NSDStB-Führer <strong>Der</strong>ichsweiler am 5. Oktober<br />

1935 das am 6. Oktober auf e<strong>in</strong>em Burschentag <strong>in</strong> Leipzig genehmigte sogenannte „Plauener<br />

Abkommen“, wonach die DB sich auflösen und ihre <strong>Burschenschaft</strong>en als Kameradschaften<br />

<strong>in</strong> den NSDStB überführen sollte. Nach den bereits erfolgten Auflösungen des KSCV am 19.<br />

September und <strong>der</strong> Alten <strong>Burschenschaft</strong> am 17. Oktober 1935 wurde die DB unter Ablegung<br />

<strong>der</strong> Farben auf <strong>der</strong> Wartburg am 18. Oktober 1935 <strong>in</strong> den NSDStB überführt 21 . Die Altherrenverbände<br />

blieben meistens noch bestehen. Die Selbstauflösung 1935 und die Überführung<br />

<strong>in</strong> NSDStB-Kameradschaften wurden als Rettungsanker zum Überleben verstanden,<br />

zumal – und das beweist die völlige Unfähigkeit <strong>der</strong> NSDStB-Kameradschaftsführer – das<br />

Kameradschaftsleben dann teilweise mit Tolerierung e<strong>in</strong>zelner Gau-Studentenführer, aber<br />

auch heimlich wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> die traditionellen korporativen Rituale e<strong>in</strong>mündete. „Phraseologische<br />

Ideologie“, so Bal<strong>der</strong>, Befehl, Gehorsam und Dienstplan sowie reichse<strong>in</strong>heitliche Vorgaben<br />

prägten das NS-Kameradschaftsbild, während die Korporationen ihre eher idealistischen<br />

Wertvorstellungen, geprägt von demokratischen Abstimmungen, erfolgreich verteidigten 22 .<br />

Das trug mit dazu bei, dass sich die Korporationen, darunter die <strong>Burschenschaft</strong>en, denen bis<br />

1945 angeblich 130 Kameradschaften zugeordnet waren, nach dem Zweiten Weltkrieg trotz<br />

größter Vorbehalte <strong>der</strong> Besatzungsmächte relativ bald rekonstituieren konnten 23 .<br />

21 Zu Glaun<strong>in</strong>g vgl. Dvorak, Helge (Hg.): Biographisches Lexikon <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong>, Heidelberg<br />

1996-2005,I/2, S. 139-141; zum weiteren Verlauf vgl. Brunck, <strong>Burschenschaft</strong> (s. Anm. 14), S. 330-368, S. 406-<br />

408, S. 446-451.<br />

22 Brunck, <strong>Burschenschaft</strong>en (s. Anm. 14), S. 13-15, S. 65 f.; dies.: <strong>Burschenschaft</strong> (s. Anm. 14), S. 175-184, S.<br />

296-330; BBl., 33/2 (3.5.1919), S. 25 u. a.; Bal<strong>der</strong>, Hans-Georg: Geschichte <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong>, Hilden<br />

2006, S. 359 f.<br />

23 Bal<strong>der</strong>, <strong>Burschenschaft</strong> (s. Anm. 22), S. 355-360.<br />

- 11 -


<strong>Burschenschaft</strong>er im Wi<strong>der</strong>stand<br />

Wi<strong>der</strong>stand gegen das NS-Regime wurde <strong>in</strong> allen Korporationsverbänden durchgeführt, jedoch<br />

nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschlossenheit, die für e<strong>in</strong>en Sturz Hitlers notwendig gewesen wäre. Auch<br />

bei <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> handelte es sich um E<strong>in</strong>zelkämpfer, die als Korporierte im<br />

Wi<strong>der</strong>stand gegen das NS-Regime hervorgetreten und stets für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit<br />

e<strong>in</strong>getreten s<strong>in</strong>d. Zu ihnen gehört, um hier die bekanntesten Personen zu nennen,<br />

Hermann Kaiser (1885-1945, <strong>Burschenschaft</strong> Alemannia auf dem Pflug zu Halle an <strong>der</strong> Saale,<br />

heute <strong>Burschenschaft</strong> <strong>der</strong> Pflüger <strong>in</strong> Münster/Westfalen), damals Studienrat <strong>in</strong> Wiesbaden,<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong> das „Unternehmen Walküre“ des Heeres mit e<strong>in</strong>bezogen und e<strong>in</strong> enger Vertrauter von<br />

Generaloberst Ludwig Beck wurde. Kaiser war an den Vorbereitungen des Attentats vom 20.<br />

Juli 1944 beteiligt, ebenso wie <strong>der</strong> damalige Heeresrichter Karl Sack (1896-1945, <strong>Burschenschaft</strong><br />

V<strong>in</strong>eta Heidelberg). Beide wurden nach dem Scheitern des Attentats und des Umsturzversuchs<br />

zum Tode verurteilt und 1945 h<strong>in</strong>gerichtet 24 . Auch <strong>der</strong> damals führende SPD-<br />

Politiker Rudolf Breitscheid (1874-1944, <strong>Burschenschaft</strong> Arm<strong>in</strong>ia Marburg) g<strong>in</strong>g wie mehrere<br />

Sozialisten seit Mitte <strong>der</strong> 1930er Jahre <strong>in</strong> Opposition zu Hitler, und zwar von Frankreich aus.<br />

Nach Auslieferung nach Deutschland und Haft <strong>in</strong> verschiedenen KZs wurde Breitscheid am<br />

24. August 1944 während e<strong>in</strong>es alliierten Luftangriffs auf das KZ Buchenwald getötet 25 . Helmut<br />

Himpel (1907-1943, <strong>Burschenschaft</strong> Germania Karlsruhe) behandelte als Zahnarzt heimlich<br />

und kostenlos jüdische Patienten und nahm bald Kontakt zur „Roten Kapelle“ auf. Er<br />

prangerte die als „Euthanasie“ getarnten Morde an Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten scharf an und geriet <strong>in</strong> die<br />

Fänge <strong>der</strong> Gestapo. Am 13. Mai 1943 fand Himpels H<strong>in</strong>richtung <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Plötzensee statt 26 .<br />

Weitere am Wi<strong>der</strong>stand gegen das NS-Regime beteiligte <strong>Burschenschaft</strong>er waren Carl Bachmann<br />

(1884-1961, <strong>Burschenschaft</strong> Arm<strong>in</strong>ia Marburg, Arm<strong>in</strong>ia Frankfurt und Brunsviga Gött<strong>in</strong>gen),<br />

August Dresbach (1894-1968, <strong>Burschenschaft</strong> Hannovera Gött<strong>in</strong>gen) sowie die Ärzte<br />

Dr. Mart<strong>in</strong> Hohl (1888-1954) und Dr. Friedrich Hölzel (1884-1965), beide Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong><br />

Germania Würzburg. Bachmann, seit 1942 <strong>in</strong> hoher Stabsstellung bei <strong>der</strong> Heeresgruppe<br />

von Manste<strong>in</strong>, wurde im Zusammenhang mit dem Attentat vom 20. Juli 1944 verhaftet<br />

und bis 1945 gefangen gehalten. Dresbach, Wirtschaftsjurist, Journalist und Politiker<br />

erst <strong>der</strong> DVP, dann <strong>der</strong> CDU, stand dem Wi<strong>der</strong>standskreis um Johannes Popitz nahe. Die Ärzte<br />

Hohl und Hölzel wi<strong>der</strong>setzten sich, obgleich Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> NSDAP und <strong>der</strong> SA, mutig dem<br />

NS-Euthanasieprogramm 27 .<br />

24 Ebd., S. 82-83; vgl. Dvorak, Lexikon (s. Anm. 21) I/3, S. 53-55 zu Kaiser, I/5, S. 154 f. zu Sack.<br />

25 Dvorak, Lexikon (s. Anm. 21) I/1, S. 134.<br />

26 Sigler, Sebastian: <strong>Der</strong> verlassene Wi<strong>der</strong>stand. Korporierte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit des Nationalsozialismus. In: Prescher,<br />

Ralf (Hg.):Füxe, Kneipen und Couleur – Studentenverb<strong>in</strong>dungen <strong>in</strong> Vergangenheit und Gegenwart, Bd. 1, Essen<br />

2011, S. 67-96, hier S. 83 f.<br />

27 Zu Bachmann vgl. Dvorak, Lexikon (s. Anm. 21) I/1, S. 38, zu Dresbach ebd. I/1, S. 220; zu den genannten<br />

Wi<strong>der</strong>standskämpfern: Kaupp, Peter: Warnung und Wi<strong>der</strong>stand. <strong>Burschenschaft</strong>er <strong>in</strong> Opposition zum Nationalsozialismus,<br />

<strong>in</strong>: Krause, Peter/Fritz, Herbert (Hg.): Korporierte im Wi<strong>der</strong>stand gegen den Nationalsozialismus<br />

(Tradition und Zukunft. Beiträge zur Geschichte und Gegenwart des höheren Bildungswesens, unter beson<strong>der</strong>er<br />

Berücksichtigung <strong>der</strong> studentischen Vere<strong>in</strong>igungen, 3), Wien 1997, S. 91-105.<br />

- 12 -


Wie<strong>der</strong>gründung nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

Vom 16. bis zum 17. Juni 1950 erfolgte auf dem ersten Nachkriegsburschentag <strong>in</strong> Marburg<br />

die Wie<strong>der</strong>gründung <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> mit Wirkung vom 12. Juni 1950. Das<br />

Bekenntnis zu Freiheit und Demokratie stand nun im Mittelpunkt politischer Debatten, i. e.<br />

S. die E<strong>in</strong>stellung zur Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung. Seit 1953 rückte <strong>der</strong><br />

Volksaufstand am 17. Juni 1953 und seit 1961 <strong>der</strong> Bau <strong>der</strong> Berl<strong>in</strong>er Mauer am 13. August<br />

1961 <strong>in</strong> den Fokus zahlreicher Veranstaltungen. In den 1950er, 1960er und 1970er Jahren<br />

bildete das geteilte Deutschland den thematischen Schwerpunkt burschenschaftlicher Symposien.<br />

Die deutsche Teilung führte, je länger sie nun schon dauerte, e<strong>in</strong>e für die deutsche<br />

Bevölkerung nicht zu unterschätzende Identitätskrise herbei, was auch immer wie<strong>der</strong> bei<br />

burschenschaftlichen Veranstaltungen zur Sprache kam. Während <strong>der</strong> 1980er Jahre wurden<br />

Gedenkfeiern <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> trotz <strong>der</strong> angespannten politischen Lage während<br />

des „Kalten Krieges“ und <strong>der</strong> immer mehr schw<strong>in</strong>denden Hoffnung auf e<strong>in</strong>e deutsche<br />

Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung sowie zunehmen<strong>der</strong> Anfe<strong>in</strong>dungen gegenüber Korporationen unbeirrt<br />

durchgeführt bzw. vorbereitet, so die 150-Jahr-Feier des Hambacher Festes 1982, die 175-<br />

Jahr-Feier <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> für 1990 und die 175-Jahr-Feier des Wartburgfestes<br />

für 1992 geplant. Mit dem Fall <strong>der</strong> Mauer am 9. November 1989 än<strong>der</strong>te sich alles<br />

schlagartig auch zugunsten <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong>. Hiermit g<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> lange gehegter Wunsch <strong>in</strong><br />

Erfüllung und auch die traditionellen Treffpunkte wie Eisenach und Jena rückten wie<strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

den Mittelpunkt. Die 175-Jahr-Feier <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong> fand vom 29. Mai bis zum 3. Juni<br />

1990 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> statt, geleitet von <strong>der</strong> Wiener akademischen <strong>Burschenschaft</strong> Olympia als Vorsitzende<br />

<strong>Burschenschaft</strong>. <strong>Der</strong> damalige Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl würdigte die <strong>Burschenschaft</strong>en<br />

und ihr E<strong>in</strong>treten für Freiheit und E<strong>in</strong>heit ihres politisch zerrissenen Vaterlandes<br />

seit <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Befreiungskriege.<br />

Die Entstehung <strong>der</strong> <strong>Neue</strong>nDB<br />

In den 1990er Jahren gerieten die konservativen Hochschulgruppen, darunter die <strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Burschenschaft</strong>, <strong>in</strong>s Kreuzfeuer permanenter Kritik, nicht zuletzt wegen des auf dem BT 1973<br />

mehrheitlich beschlossenen Grundsatzes, ke<strong>in</strong>e Kriegsdienstverweigerer <strong>in</strong> die DB-<br />

<strong>Burschenschaft</strong>en aufzunehmen (ausgenommen anerkannte Verweigerer), was bis 1996 galt.<br />

E<strong>in</strong>ige Verb<strong>in</strong>dungen wollten sich schon zu dieser Zeit abgrenzen und e<strong>in</strong>en neuen Dachverband<br />

gründen, zumal schon am 18. Mai 1991 drei aus <strong>der</strong> DB ausgetretene Bünde: Bubenruthia<br />

Erlangen, Rugia Darmstadt und Alemannia Freiburg <strong>in</strong> Erlangen e<strong>in</strong>en neuen Dachverband<br />

gegründet hatten, die Vere<strong>in</strong>igung <strong>Deutsche</strong>r <strong>Burschenschaft</strong>en, <strong>der</strong> sich noch<br />

Obotritia Berl<strong>in</strong>, V<strong>in</strong>eta Heidelberg, Rugia-Bodenbach zu Mannheim, Suebia Darmstadt und<br />

Markomannia Kaiserslautern anschlossen. Auch sie bekannten sich zu den Ideen <strong>der</strong> 1815<br />

gegründeten burschenschaftlichen Bewegung, so vor allem zum Streben nach fortschrittlichem<br />

politischem Denken. Konkreter wurden die Pläne 1995: E<strong>in</strong> Dachverband als Gegenpol<br />

zur DB sollte entstehen, <strong>der</strong> auch die Vere<strong>in</strong>igung <strong>Deutsche</strong>r <strong>Burschenschaft</strong>en (VDB) ersetzen<br />

sollte. Am 13. Januar 1996 kam es auf dem Haus <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong> Alt-Germania <strong>in</strong><br />

Hannover zur Gründung <strong>der</strong> <strong>Neue</strong>n <strong>Deutsche</strong>n <strong>Burschenschaft</strong> (<strong>Neue</strong>DB) durch acht Bünde.<br />

- 13 -


E<strong>in</strong>ige von ihnen hatten bereits <strong>der</strong> VDB angehört. Da jedes Mitglied bis zur Mensurreife<br />

e<strong>in</strong>gepaukt werden sollte und nicht alle Mitgliedsverb<strong>in</strong>dungen <strong>der</strong> VDB damit e<strong>in</strong>verstanden<br />

waren, g<strong>in</strong>gen nicht alle zur <strong>Neue</strong>n DB über, son<strong>der</strong>n blieben verbandsfrei. In ihrer Satzung<br />

bekannte sich die <strong>Neue</strong>DB zu den Zielen, das Erbe <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>zeit <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong>en<br />

mit neuem Leben zu erfüllen und sich mit den drängenden Themen unserer Zeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Art und Weise ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>zusetzen, die den liberalen und demokratischen urburschenschaftlichen<br />

Traditionen entspricht 28 . An<strong>der</strong>s als die DB nennt die <strong>Neue</strong>DB den Begriff „Freiheit“<br />

an erster Stelle ihrer Grundsätze und ihres Dreiklangs: Freiheit – Ehre – Vaterland. <strong>Der</strong><br />

Mensch sollte aufgrund dieser Freiheit befähigt werden, für das eigene Leben, für die Gesellschaft<br />

und für die Umwelt Verantwortung zu übernehmen 29 . Als Fundament äußerer Freiheit<br />

betrachtet die <strong>Neue</strong>DB die freiheitlich-demokratische Grundordnung, wie sie im Grundgesetz<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland angelegt ist, so Artikel 2, Absatz IV. ihrer Satzung. Ihren<br />

Ehrbegriff verb<strong>in</strong>det sie eng mit <strong>der</strong> menschlichen Verantwortung, und <strong>in</strong> Artikel 3, Abs. IV.<br />

ihrer Satzung heißt es dazu: „Unveräußerliches und unantastbares Fundament von Ehre und<br />

Sittlichkeit ist die Würde des Menschen“. Ähnlich kl<strong>in</strong>gt es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Satzung <strong>der</strong> DB, wo es<br />

heißt: „Die Würde an<strong>der</strong>er ebenso zu schützen wie die eigene ist für den <strong>Burschenschaft</strong>er<br />

Ehrenpflicht“. Grundlegende Unterschiede gibt es beim Vaterlandsbegriff. Für die <strong>Neue</strong>DB<br />

stellt das deutsche Vaterland den heimatlichen Verantwortungsbereich des deutschen Volkes<br />

dar. Die politischen Grenzen des Vaterlandes s<strong>in</strong>d für die <strong>Neue</strong>DB e<strong>in</strong>deutig die <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschland. Dabei tritt die <strong>Neue</strong>DB für e<strong>in</strong> Vaterland als Teil <strong>der</strong> Völkergeme<strong>in</strong>schaft<br />

e<strong>in</strong> sowie für das Zusammenwachsen <strong>der</strong> Nationen Europas. Damit grenzt die <strong>Neue</strong>DB<br />

die österreichischen <strong>Burschenschaft</strong>en aus, angeblich wegen e<strong>in</strong>es völlig an<strong>der</strong>en Werdegangs<br />

und e<strong>in</strong>er differenzierten Staatsauffassung 30 . Sie lehnt damit den von <strong>der</strong> DB im Jahr<br />

1971 zum Verbandspr<strong>in</strong>zip erhobenen volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff ab. <strong>Der</strong> Verband<br />

möchte se<strong>in</strong>e studentischen Mitglie<strong>der</strong> zu wachen und engagierten Staatsbürgern formen,<br />

dazu wurde im Jahr 2001 die <strong>Neue</strong>DB-Akademie gegründet, die Vorträge und Sem<strong>in</strong>are<br />

<strong>in</strong> deutschen Universitätsstädten anbietet. Zurzeit gehören <strong>der</strong> <strong>Neue</strong>nDB 21 Mitgliedsbünde<br />

an 16 Hochschulen an, zwei weitere gehören zum sogenannten Freundeskreis (nach Stand<br />

im WS 2013/2014: <strong>Burschenschaft</strong> Alemannia Freiburg, D.St.V. Chamavia Oldenburg). Wie<br />

die DB hält auch die <strong>Neue</strong>DB jährliche Burschentage an wechselnden Hochschulorten ab.<br />

Auch hier wird jedes Jahr e<strong>in</strong>e neue Vorsitzende <strong>Burschenschaft</strong> gewählt, <strong>der</strong>en Amtszeit am<br />

1. Januar des Folgejahres beg<strong>in</strong>nt. Zu den Hauptunterschieden zur DB gehören dabei <strong>der</strong><br />

Verzicht auf e<strong>in</strong>en Rechtsausschuss und e<strong>in</strong> nach <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>zahl abgestuftes Wahlrecht.<br />

Ihren vere<strong>in</strong>srechtlichen Sitz hat die <strong>Neue</strong>DB <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.<br />

28 Ausführlich dazu: Bal<strong>der</strong>, <strong>Burschenschaft</strong> (s. Anm. 22), S. 509 f. Die Grundsätze <strong>der</strong> <strong>Neue</strong>nDB, also ihre Satzung,<br />

ist <strong>in</strong> Auszügen abgedruckt <strong>in</strong>: CDK/CDA (Hg.):Vielfalt und E<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> deutschen Korporationsverbände,<br />

<strong>Der</strong> Convent, Schriftenreihe des CDK/CDA, Heft 2, Essen, Oktober 1998, II. Teil: Die deutschen Korporationsverbände<br />

<strong>in</strong> Selbstdarstellungen und ihre Mitgliedsverb<strong>in</strong>dungen, S. 114-116.<br />

29 Brunck, Helma: Urburschenschaftliches Gedankengut <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gegenwart, <strong>in</strong>: Academicus, 9. Jg., SS 2004, S. 28-<br />

34, hier S. 29. So steht es auch <strong>in</strong> Art. 2, Abs. 1 <strong>der</strong> Satzung <strong>der</strong> <strong>Neue</strong>nDB. <strong>Der</strong> Dreiklang <strong>der</strong> DB lautet nach wie<br />

vor: „Ehre – Freiheit – Vaterland.“<br />

30 Bal<strong>der</strong>, <strong>Burschenschaft</strong> (s. Anm. 23), S. 510; Stucken, Günther: <strong>Neue</strong> DB und die österreichischen <strong>Burschenschaft</strong>en,<br />

<strong>in</strong>: Academicus, SS 1997, S. 34 f.<br />

- 14 -


Austrittswelle aus <strong>der</strong> DB<br />

In den letzten Jahren kam es zu Situationen, die zu zunehmenden Irritationen <strong>in</strong>nerhalb des<br />

Dachverbandes DB geführt und seitdem e<strong>in</strong>e ununterbrochene Austrittswelle e<strong>in</strong>zelner Bünde<br />

aus <strong>der</strong> DB nach sich gezogen haben. Schon 2001 geriet die Münchener <strong>Burschenschaft</strong><br />

Danubia, die auch vom bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz überwacht wird, <strong>in</strong> die<br />

Schlagzeilen. In den Folgejahren kam es immer wie<strong>der</strong> zu Zwischenfällen. So stellten beispielsweise<br />

auf dem Burschentag 2006 die drei jenaischen <strong>Burschenschaft</strong>en Arm<strong>in</strong>ia a. d. B.,<br />

Germania und Teutonia den Antrag, <strong>der</strong> Burschentag möge sich zum Wi<strong>der</strong>stand vom 20. Juli<br />

1944 bekennen. <strong>Der</strong> Antrag wurde vom damaligen Rechtsausschuss mit <strong>der</strong> Begründung<br />

abgesetzt, dass e<strong>in</strong> Burschentag nicht über Bekenntnisse abstimmen dürfe. Das war e<strong>in</strong> wesentlicher<br />

Grund dafür, dass die <strong>Burschenschaft</strong> Arm<strong>in</strong>ia auf dem Burgkeller Jena im Jahr<br />

2007 aus <strong>der</strong> DB austrat 31 . Auch <strong>in</strong> den letzten drei Jahren war die allgeme<strong>in</strong>e Lage auf den<br />

Burschentagen angespannt. 2011 sollte die <strong>Burschenschaft</strong> Hansea Mannheim aus dem<br />

Dachverband elim<strong>in</strong>iert werden, die e<strong>in</strong>en Mann aufgenommen hatte, <strong>der</strong> zwar <strong>in</strong> Deutschland<br />

geboren war, aber ch<strong>in</strong>esische Vorfahren hatte. Im Vorfeld wurde e<strong>in</strong> entsprechen<strong>der</strong><br />

Antrag bekannt, daher musste ihn die „<strong>Burschenschaft</strong>liche Geme<strong>in</strong>schaft 32 “ wegen des<br />

Drucks seitens <strong>der</strong> Öffentlichkeit zurückziehen, und <strong>der</strong> Burschentag 2011 wurde – ebenso<br />

wie <strong>der</strong>jenige von 2012 – abgebrochen. Weiterh<strong>in</strong> sorgte die Diffamierung des evangelischen<br />

Theologen Dietrich Bonhoeffer 2011 für e<strong>in</strong>en Skandal. <strong>Der</strong> damalige Schriftleiter <strong>der</strong> BBl<br />

rechtfertigte Bonhoeffers Todesurteil 33 . Er hatte Bonhoeffer als „Landesverräter“ und dessen<br />

H<strong>in</strong>richtung als „juristisch gerechtfertigt“ bezeichnet, wofür er sich vor Gericht verantworten<br />

musste. Die Abwahl des Vorgängers gelang erst im zweiten Anlauf nach dem BT<br />

2012, nämlich auf dem außerordentlichen Burschentag <strong>in</strong> Stuttgart vom 23. bis zum 25. November<br />

2012 mit 100:70 Stimmen.<br />

Die Initiative <strong>Burschenschaft</strong>liche Zukunft<br />

Am 3. März 2012 wurde von 26 <strong>Burschenschaft</strong>en <strong>in</strong> Stuttgart die Initiative <strong>Burschenschaft</strong>liche<br />

Zukunft (IBZ) gegründet. Sie soll die burschenschaftlichen Grundsätze <strong>in</strong> <strong>der</strong> heutigen<br />

Zeit verwirklichen, verurteilt jeglichen Extremismus und Rassismus und verkörpert somit den<br />

liberal-konservativen Flügel <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> DB. Ihr gehören zurzeit 34 <strong>Burschenschaft</strong>en an,<br />

davon 4 aus <strong>der</strong> DB, 30 außerhalb des Dachverbandes sowie 10 <strong>Burschenschaft</strong>er als E<strong>in</strong>zelmitglie<strong>der</strong>.<br />

Mit e<strong>in</strong>igen <strong>Burschenschaft</strong>en <strong>in</strong> <strong>der</strong> DB dürfte die IBZ die größten Chancen auf<br />

31 Kaupp, Peter: Quo vadis <strong>Burschenschaft</strong>? Die Krise als Chance. (Bislang unveröffentlichtes Manuskript v.<br />

22.04.2013), S. 1.<br />

32 Hierbei handelt es sich um die „absoluten Hardl<strong>in</strong>er des Verbandes“ – so Regnery, Daniel: Burschentag 2013.<br />

Rechtsruck entzweit die <strong>Burschenschaft</strong>, <strong>in</strong>: www.stern.de vom 24.5.2013; vgl. Kaupp, Peter: Quo vadis (s.<br />

Anm. 31), S. 4. Es handelt sich um den Bundesbru<strong>der</strong> Kai M<strong>in</strong>g Au, weswegen <strong>der</strong> Antrag damals gestellt wurde.<br />

33 Dietrich Bonhoeffer (1906-1945, Akademische Verb<strong>in</strong>dung Igel Tüb<strong>in</strong>gen), Urenkel des ev. Theologen und<br />

Leipziger Urburschenschafters Karl (von) Hase (1808-1890), war als ev. Theologe bekannter Vertreter <strong>der</strong> Bekennenden<br />

Kirche und am deutschen Wi<strong>der</strong>stand gegen den Nationalsozialismus beteiligt, am 9. 4. 1945 als<br />

e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> schärfsten Gegner Hitlers und wegen se<strong>in</strong>er Querverb<strong>in</strong>dungen zu den Mitverschwörern des 20. Juli<br />

1944 im KZ Flossenbürg erhängt.<br />

- 15 -


e<strong>in</strong>e Reform und Neuorientierung haben 34 . Aus <strong>der</strong> Gründungsurkunde geht hervor, dass sie<br />

„<strong>in</strong> Sorge um die E<strong>in</strong>heit und den Fortbestand <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong>lichen Bewegung von 1815,<br />

die <strong>in</strong> den vergangenen Jahrzehnten <strong>in</strong> unterschiedliche Gruppierungen zerfallen ist, und <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Erkenntnis, dass die <strong>Deutsche</strong> <strong>Burschenschaft</strong> als größter burschenschaftlicher Verband<br />

weitere Austritte von E<strong>in</strong>zelburschenschaften zu befürchten hat“ 35 entstanden ist.<br />

Deutschlandgespräche <strong>der</strong> Jenaischen <strong>Burschenschaft</strong>en<br />

Seit Oktober 2006 veranstalten die drei Jenaer <strong>Burschenschaft</strong>en Arm<strong>in</strong>ia auf dem Burgkeller,<br />

Germania und Teutonia geme<strong>in</strong>sam „Deutschland-Gespräche <strong>der</strong> Jenaischen <strong>Burschenschaft</strong>“,<br />

die auch von zahlreichen <strong>Burschenschaft</strong>en, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e aus dem reformorientierten<br />

liberalen Lager besucht werden. Inzwischen geht es hierbei nicht nur um aktuelle politische,<br />

wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme, son<strong>der</strong>n vor allem um burschenschaftliche<br />

und verbandspolitische Fragestellungen. E<strong>in</strong> Arbeitskreis verbandsfreier <strong>Burschenschaft</strong>en<br />

(seit April 2012) befasst sich anlässlich dieser Gespräche mit <strong>der</strong> Zukunft <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong>.<br />

Daraus entwickelten sich die erstmals am 16. März 2013 von <strong>der</strong> IBZ veranstalteten<br />

und von ca. 100 bis 120 Vertretern aus etwa 40 <strong>Burschenschaft</strong>en besuchten Bonner Märzgespräche,<br />

die e<strong>in</strong>en Austausch gleichges<strong>in</strong>nter <strong>Burschenschaft</strong>en vorwiegend außerhalb <strong>der</strong><br />

DB zur Bewertung <strong>der</strong> aktuellen Lage und zur Erarbeitung konkreter Vorschläge für e<strong>in</strong>en<br />

eventuellen neuen Zusammenschluss ermöglichen 36 . Denn Tatsache ist: Seit dem außerordentlichen<br />

Burschentag <strong>der</strong> DB <strong>in</strong> Stuttgart vom 23. bis zum 25. November 2012 haben mittlerweile<br />

26 <strong>Burschenschaft</strong>en den Dachverband verlassen, weil dieser sich nicht e<strong>in</strong>deutig<br />

von rechtsextremem Gedankengut distanzierte 37 , und versuchen sich nun neu zu orientieren.<br />

<strong>Der</strong> Exodus dürfte dabei noch nicht abgeschlossen se<strong>in</strong>, es sieht danach aus, als ob weitere<br />

Bünde folgen könnten 38 .<br />

Quo vadis <strong>Burschenschaft</strong>?<br />

Unbelehrbar zeigte sich auch die <strong>Burschenschaft</strong> Redaria-Allemannia Rostock, die zum Burschentag<br />

2013 den Antrag stellte, dass neue Mitglie<strong>der</strong> <strong>in</strong> die Kategorien „deutsch“, „abendländisch-europäisch“<br />

und „nicht-abendländisch-europäisch“ e<strong>in</strong>geteilt werden sollten. Hätte<br />

sich demnach e<strong>in</strong>e Person aus letzterer Gruppe beworben, so hätte nach den Vorstellungen<br />

<strong>der</strong> Antragsteller<strong>in</strong> e<strong>in</strong> von <strong>der</strong> DB e<strong>in</strong>berufener Rechtsausschuss über die Aufnahme entscheiden<br />

müssen. Aufgrund <strong>der</strong> hohen Publizität <strong>in</strong> den Medien wurde <strong>der</strong> Antrag am Frei-<br />

34 Kaupp, Quo vadis (s. Anm. 31), S. 6.<br />

35 Aus <strong>der</strong> Gründungsurkunde vom 3. März 2012, zit. B. Kaupp, Quo vadis (s. Anm. 31), S. 6.<br />

36 Kaupp, ebd. <strong>Der</strong> Verf. erwähnt dabei, dass <strong>der</strong> Vorschlag e<strong>in</strong>es Mitgliedes von Saxo-Silesia Freiburg für e<strong>in</strong>e<br />

Reform <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> DB <strong>in</strong> diesem Kreis auf wenig Gegenliebe stieß.<br />

37 So die Begründung <strong>der</strong> Frankfurt-Leipziger <strong>Burschenschaft</strong> Arm<strong>in</strong>ia für ihren Austritt aus <strong>der</strong> DB <strong>in</strong> <strong>der</strong> FAZ v.<br />

8.1.2013, S. 40; vgl. Kaupp, Quo vadis (s. Anm. 31), S. 2.<br />

38 So Kaupp, ebd., S. 2-3. Nach e<strong>in</strong>er vom Verf. zitierten Aufstellung v. 20.3.2013 durch e<strong>in</strong>en Vbr. gibt es <strong>in</strong>nerhalb<br />

<strong>der</strong> DB 88, außerhalb <strong>der</strong> DB 73 deutsche und österreichische, e<strong>in</strong>schließlich nur noch aus e<strong>in</strong>em AHV<br />

bestehende <strong>Burschenschaft</strong>en (wobei die Zahl aus Österreich nicht bekannt ist). Für die bundesdeutschen <strong>Burschenschaft</strong>en<br />

heißt das: dass es <strong>in</strong>zwischen mehr <strong>Burschenschaft</strong>en außerhalb (73) als <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> DB (65)<br />

gibt, jeweils wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> nur als AHV bestehenden <strong>Burschenschaft</strong>en. Innerhalb <strong>der</strong> DB wird die<br />

Zahl <strong>der</strong> Aktiven auf etwa 700, die <strong>der</strong> Alten Herren auf etwa 7000 geschätzt.<br />

- 16 -


tag, dem 24. Mai 2013 während des Burschentages zurückgezogen. Es solle, so e<strong>in</strong> Sprecher<br />

<strong>der</strong> DB, somit ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitlichen Aufnahmeregelungen geben. Das Bundesamt für Verfassungsschutz<br />

hat den Dachverband DB trotz <strong>der</strong> Entwicklung <strong>in</strong> den letzten Jahren we<strong>der</strong> observiert<br />

noch e<strong>in</strong>gegriffen, wenn hierzulande offenbar Menschen ohne deutsche Wurzeln<br />

diskrim<strong>in</strong>iert werden, <strong>in</strong>dem <strong>Burschenschaft</strong>en sie immer seltener akzeptieren 39 .<br />

Angesichts <strong>der</strong> bevorstehenden 200-Jahrfeiern <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> <strong>Burschenschaft</strong> und des<br />

ersten Wartburgfestes (2015 bzw. 2017) bleibt daher zu wünschen, dass die ursprünglichen<br />

sehr fortschrittlichen, reformorientierten Ziele <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit urburschenschaftlichem<br />

Gedankengut unter Betonung von „Freiheit, Ehre, Vaterland“ sowie <strong>der</strong> Achtung von Menschen-<br />

und Bürgerrechten (siehe „Grundsätze und Beschlüsse“ von 1817) wie<strong>der</strong> näher <strong>in</strong><br />

unser Bewusstse<strong>in</strong> rücken. Die <strong>Burschenschaft</strong> hat, wenngleich zum Teil umstritten, über<br />

etwa 200 Jahre h<strong>in</strong>weg doch sehr viel bewegt – auch für unser heutiges politisches Verständnis<br />

von Demokratie, und das bis auf den heutigen Tag!<br />

Helma Brunck, November 2013<br />

39 Dazu <strong>der</strong> ausführliche Bericht von Daniel Regnery <strong>in</strong> www.stern.de vom 24.5.2013 (s. Anm. 33).<br />

- 17 -

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!