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Schule & Job - Süddeutsche Zeitung

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Von Kathrin Hollmer / Text<br />

Mach das Nebelhorn!<br />

Wenn Fußballer nach dem Spiel Interviews geben, ist das so<br />

ähnlich wie das Ausgefragtwerden in der <strong>Schule</strong>: Sie stehen<br />

unter Druck und wissen oft nicht, was sie sagen sollen. Markus<br />

Hörwick, Pressesprecher des FC Bayern, bringt ihnen bei, wie<br />

sie auf fiese Fragen reagieren müssen. Er hat uns zehn Tipps<br />

gegeben, die an der Tafel genauso gut funktionieren wie vor<br />

dem Mikro des Reporters.<br />

6 8<br />

1 2 7<br />

Bleib nicht bei der Sache!<br />

3 4 10 9<br />

5<br />

Fußballer sind, wie alle Prominenten, Meister darin,<br />

zu reden und dabei nichts zu sagen. Auf bestimmte<br />

Fragen wollen sie einfach nicht antworten. In der <strong>Schule</strong><br />

ist es eher so, dass man auf manche Fragen die Antwort<br />

einfach nicht kennt. Da hilft trotzdem dieselbe Strategie.<br />

„Viel reden“, empfiehlt Markus Hörwick: Wenn man<br />

über alles, was man weiß, möglichst weit ausschweift,<br />

vergehen kostbare Minuten, und man verbirgt, dass man<br />

nicht vorbereitet ist. Zur Not kann man vielleicht noch<br />

etwas an der Tafel aufmalen.<br />

Schau in die Zukunft!<br />

„Vor Pressekonferenzen und Spielen überlege ich mir<br />

zusammen mit den Spielern, was die Journalisten fragen<br />

könnten“, so Hörwick, „über das nächste Auswärtsspiel,<br />

Doping, Streits.“ Lehrer sind meistens auch relativ<br />

einfach zu durchschauen. Wenn man sich beim Lernen<br />

überlegt, welche Fragen sich anbieten, und im Unterricht<br />

ein wenig aufpasst, wie der jeweilige Lehrer Fragen<br />

stellt, kann man sich die meisten schon denken und ist<br />

dann nicht mehr so überrascht.<br />

Leg die Stimme tiefer!<br />

Beobachte die Konkurrenz!<br />

Zähl bis zehn!<br />

„Wenn man angespannt ist, bekommt man eine sehr<br />

hohe Stimme, was dem anderen erst zeigt, dass man<br />

nervös ist“, sagt Markus Hörwick. „Vor zwanzig, dreißig<br />

Jahren hat mir ein Rhetoriktrainer geraten, vor einem<br />

Auftritt Geräusche wie ein Nebelhorn zu machen. Das<br />

macht die Stimme wirklich tiefer.“ Im Klassenzimmer<br />

könnte das allerdings Fragen aufwerfen. Vor einem<br />

Referat oder dem Kolloquium hat man aber manchmal<br />

ein paar Minuten für sich, in denen man die Übung<br />

ausprobieren kann.<br />

Fußballer sehen sich immer wieder andere Interviews<br />

an, sagt Markus Hörwick. „Von guten wie schlechten<br />

Beispielen kann man viel lernen, manchmal sehe ich mir<br />

ein Interview mit einem Spieler noch einmal gemeinsam<br />

mit ihm an und sage ihm, was ich gut fand und was nicht.<br />

Oder wir analysieren in der Runde, was man besser<br />

machen kann.“ In der <strong>Schule</strong> hat man meistens keine<br />

Kamera zur Hand, aber viel Zeit, um die Mitschüler<br />

beim Ausgefragtwerden zu beobachten.<br />

„Wir haben junge Spieler mit 20 und 25 Jahren, die vor<br />

Spielen vor 70 000 Menschen im Stadion oder einem<br />

Interview sehr aufgeregt sind. Dann atmet man sehr<br />

flach und wird hektisch. Mir hilft es immer, wenn ich vor<br />

einem Auftritt zehnmal bewusst tief durchatme“, sagt<br />

Markus Hörwick. In der <strong>Schule</strong> beginnt man damit am<br />

besten, sobald der Lehrer sein Klassenheft zückt.<br />

Halt mal still!<br />

„Nach dem Spiel werden die Fußballer manchmal noch<br />

auf dem Platz interviewt. Ich sage immer: Steht aufrecht,<br />

Schultern durchdrücken, und wippt nicht von einem<br />

Fuß auf den anderen, steht mit beiden Sohlen auf dem<br />

Boden!“, so Hörwick. „Das macht auch vorn an der Tafel<br />

einen besseren Eindruck.“ Wer sitzen bleiben darf, dem<br />

rät Markus Hörwick: Nicht zu tief im Stuhl sitzen! „Viele<br />

stützen sich mit beiden Ellenbogen ab und sinken<br />

zusammen, das sieht nicht gut aus. Gesten, die das<br />

Gesagte unterstützen, lassen einen dagegen sicherer<br />

wirken, im Sitzen wie im Stehen.“<br />

Mach einen Punkt!<br />

„Ich rate immer, kurze Sätze zu machen. Die anderen –<br />

ob Interviewpartner und Zuschauer im Fernsehen oder<br />

Lehrer und Mitschüler – sollen ja kapieren, was man<br />

meint. Schachtelsätze sollte man deshalb vermeiden.<br />

Wenn man kurze Sätze macht, spricht man automatisch<br />

langsamer, das ist immer überzeugend. Außerdem<br />

geht dann die Stimme auch wieder nach unten. Am<br />

besten zwingt man sich nach jedem Punkt zu einer<br />

kleinen Pause.“<br />

Verschaff dir Zeit!<br />

Fußballer können mit Standardsätzen wie „Wir kennen<br />

unsere Stärken“ und „Die Saison ist noch lang“ Zeit<br />

schinden, in der <strong>Schule</strong> hat man diese Möglichkeit leider<br />

nicht. „Man kann aber immer sagen: Entschuldigung,<br />

ich habe die Frage nicht verstanden, könnten Sie sie noch<br />

einmal anders formulieren?“, so Hörwick. „Dadurch<br />

gewinnt man auf jeden Fall einen kurzen Moment zum<br />

Nachdenken und Gedankensammeln.“<br />

Sei ehrlich!<br />

„Wenn man einen Hänger hat, sagt man das am besten<br />

ganz offen“, so Hörwick, „das versteht jeder Journalist<br />

und bestimmt auch der Lehrer. Wenn man das offen<br />

zugibt, bekommt man immer einen zweiten Versuch. In<br />

der <strong>Schule</strong> kann man ehrlich sagen: Ich habe gelernt,<br />

aber ich habe einen kurzen Hänger, geben Sie mir zehn<br />

Sekunden? Dann noch das Fenster öffnen, kurz die<br />

Augen schließen – und weiter geht’s.“<br />

Werd mal laut!<br />

Auch wenn es dir vor dir selbst peinlich ist, den Lernstoff<br />

laut zu wiederholen – es hilft! Markus Hörwick rät<br />

auch den Spielern, Interviewsituationen durchzuspielen.<br />

Sein Tipp: „Ich sage immer: Stell dir vor, du sprichst mit<br />

deinem besten Freund, dem erzählst du die Dinge ganz<br />

normal. Das hilft, natürlich zu bleiben.“<br />

Markus Hörwick, 57, ist seit dreißig Jahren Pressesprecher<br />

des FC Bayern und hat schon viele Fußballer auf Interviews<br />

und andere öffentliche Auftritte vorbereitet. Die Tipps,<br />

die er heute den Spielern gibt, hätte er gern schon während<br />

seiner Schulzeit gekannt, sagt er. „Ich habe keine guten Erinnerungen<br />

an die <strong>Schule</strong>. Ich war ein schlechter Schüler, außer<br />

im Sportunterricht war ich nicht gerade der Fleißigste.“<br />

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