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V2/12 KARRIERE IN DER GESUNDHEITSBRANCHE SONDERSEITEN DER SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG Samstag/Sonntag, 10./11. November 2012, Nr. 260<br />

Station<br />

mit<br />

Studium<br />

Pfleger tun nicht mehr das,<br />

was sie mal taten. Ihre<br />

Arbeit wird komplexer, sie<br />

haben mehr Verantwortung<br />

und immer öfter auch e<strong>in</strong>e<br />

anspruchsvolle Ausbildung<br />

VON FELICITAS WITTE<br />

Der Halbgott <strong>in</strong> Weiß befiehlt, und<br />

die Schwester erfüllt unterwürfig<br />

se<strong>in</strong>e Wünsche. Diesen E<strong>in</strong>druck<br />

h<strong>in</strong>terlassen nicht nur manche Arztserien,<br />

auch <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Realität war diese Rangordnung<br />

jahrzehntelang gang und gäbe –<br />

doch seit geraumer Zeit hat sich das geän<strong><strong>de</strong>r</strong>t.<br />

„Pflege ist längst ke<strong>in</strong> Hilfsberuf<br />

mehr, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n e<strong>in</strong> Beruf mit hoher Verantwortung“,<br />

sagt Ingrid Farrenkopf, stellvertreten<strong>de</strong><br />

Leiter<strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Pflege an <strong><strong>de</strong>r</strong> Chirurgischen<br />

Unikl<strong>in</strong>ik Hei<strong>de</strong>lberg. „Pflegen<strong>de</strong><br />

wissen und können heute mehr und arbeiten<br />

auf Augenhöhe mit <strong>de</strong>m Arzt.“<br />

Zu neuen Pflegekonzepten gehören speziell<br />

ausgebil<strong>de</strong>te Fachkräfte und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Organisationsformen im Kl<strong>in</strong>ikalltag. Pflege<br />

soll dabei „evi<strong>de</strong>nzbasiert“ se<strong>in</strong>. „Das<br />

heißt, dass man nach neuen wissenschaftliche<br />

Erkenntnissen pflegt“, erklärt Renate<br />

Stemmer, Vorsitzen<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutschen Gesellschaft<br />

für Pflegewissenschaft. „Und<br />

wir beziehen die Erfahrung <strong><strong>de</strong>r</strong> Pflegen<strong>de</strong>n<br />

e<strong>in</strong> sowie die Situation und die Wünsche<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten.“ So brauche e<strong>in</strong> „Patient<br />

mit Migrationsh<strong>in</strong>tergrund“ möglicherweise<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Informationen als e<strong>in</strong><br />

<strong>de</strong>utschstämmiger Aka<strong>de</strong>miker.<br />

„Pflege ist durch <strong>de</strong>n Anreiz,<br />

sich spezialisieren o<strong><strong>de</strong>r</strong> forschen<br />

zu können, attraktiver gewor<strong>de</strong>n.“<br />

In <strong>de</strong>n USA begann man schon <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />

1970er-Jahren mit neuen Pflegekonzepten.<br />

„In Deutschland f<strong>in</strong>gen wir erst 20 Jahre<br />

später damit an“, sagt Doris Schaeffer,<br />

Leiter<strong>in</strong> <strong>de</strong>s Instituts für Pflegewissenschaft<br />

an <strong><strong>de</strong>r</strong> Uni Bielefeld. „Den Politikern<br />

wur<strong>de</strong> endlich klar, dass wir sonst <strong>de</strong>n Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

<strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesellschaft nicht begegnen<br />

können.“ Die Menschen wer<strong>de</strong>n immer<br />

älter, zusätzlich lei<strong>de</strong>n viele unter<br />

mehreren o<strong><strong>de</strong>r</strong> schwierig zu behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n<br />

Krankheiten. „Dafür brauchen Pflegen<strong>de</strong><br />

viel mehr Fachkenntnisse als früher“,<br />

sagt Schaeffer.<br />

Um Patienten nach ihren jeweiligen Bedürfnissen<br />

pflegen zu können, wur<strong>de</strong> das<br />

Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s Pflegeprozesses e<strong>in</strong>geführt:<br />

E<strong>in</strong>e speziell ausgebil<strong>de</strong>te Fachperson<br />

macht sich zunächst e<strong>in</strong> Bild vom Patienten<br />

und se<strong>in</strong>em Problem, plant entsprechend<br />

die Pflege und evaluiert später, ob<br />

diese zum erwünschten Erfolg geführt hat.<br />

Die „normale“ Pflege wie waschen, beim<br />

Das Problem bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Pflege? Mangel an Zeit und Personal. Sich e<strong>in</strong>gehend um die Patienten zu kümmern, wird zum Luxus. Daran können auch neue Kl<strong>in</strong>ikkonzepte wenig<br />

än<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich fühlen sich Patienten <strong>in</strong> Deutschland daher schlechter gepflegt als <strong>in</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DAPD<br />

WC-Gang helfen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Medikamente austeilen<br />

leisten nach wie vor meist „normal“<br />

ausgebil<strong>de</strong>te Pflegekräfte. Zusätzlich wer<strong>de</strong>n<br />

die Patienten nach ihren Bedürfnissen<br />

von Pflegern mit spezieller Weiterbildung<br />

betreut. Zu ihnen gehören die „Advanced<br />

Practice Nurses (APN)“: Das s<strong>in</strong>d an Universität<br />

und Fachhochschule ausgebil<strong>de</strong>te<br />

Pflegekräfte, die sich auf e<strong>in</strong> Problem spezialisiert<br />

haben, etwa Schmerztherapie<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Wundbehandlung. „Früher versorgten<br />

Ärzte die Wun<strong>de</strong>n, meist im Rahmen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Stationsvisite“, erklärt Ingrid Farrenkopf<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> Unikl<strong>in</strong>ik Hei<strong>de</strong>lberg, „dadurch<br />

zog sich die Visite lange h<strong>in</strong>.“ Nach<br />

E<strong>in</strong>führung von Wund-Pflegekräften fühlten<br />

sich die Ärzte merklich entlastet. Die<br />

Wun<strong>de</strong>xperten führten Behandlungsstandards<br />

e<strong>in</strong> und dokumentieren <strong>de</strong>n Heilungsverlauf<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Wun<strong>de</strong>n. An<strong><strong>de</strong>r</strong>e APNs<br />

kümmern sich <strong>in</strong>tensiv um bestimmte Patientengruppen,<br />

etwa solche mit Brustkrebs<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Herzkrankheiten. Sie helfen Patienten,<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Situation klarzukommen, und<br />

beraten und unterstützen sie und ihre Familien<br />

im Umgang mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Krankheit.<br />

Mitunter hapert es noch bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Umsetzung<br />

neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse.<br />

Hier können Abteilungen für Praxisentwicklung<br />

helfen. Sie eruieren, wie das Pflegepersonal<br />

besser von Neuigkeiten erfährt,<br />

etwa bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhütung von Druckgeschwüren.<br />

Dann kann e<strong>in</strong> APN an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Pflegern erklären, wie man die Geschwüre<br />

neuerd<strong>in</strong>gs behan<strong>de</strong>lt und verh<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>t.<br />

„Ich musste früher noch<br />

Putzarbeiten o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Botengänge machen.“<br />

„Pflege ist durch <strong>de</strong>n Anreiz, sich spezialisieren<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> forschen zu können, viel attraktiver<br />

gewor<strong>de</strong>n“, sagt Johanna Knüppel<br />

vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe.<br />

„Ich musste früher noch Putzarbeiten<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Botengänge machen, die mit <strong>de</strong>m<br />

Pflegeberuf nichts zu tun haben.“<br />

Mehr Verantwortung könne Spaß machen,<br />

sagt Renate Stemmer. Aber die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

müssten stimmen. „Es<br />

ist unbefriedigend, wenn man mehr Aufgaben<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Verantwortung übernimmt, aber<br />

man dafür nicht mehr Gehalt bekommt<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> zusätzliches Personal e<strong>in</strong>gestellt<br />

wird.“ Durch E<strong>in</strong>sparungen im Gesundheitssystem<br />

müssen immer mehr Patienten<br />

<strong>in</strong> immer kürzerer Zeit gepflegt wer<strong>de</strong>n.<br />

„Oft fehlt die Zeit, um Patienten ausführlich<br />

zu <strong>in</strong>formieren, etwa wie sie zu<br />

Hause mit e<strong>in</strong>em Wunddra<strong>in</strong>age-Beutel<br />

umgehen sollen“, nennt Knüppel als Beispiel.<br />

Im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich fühlen<br />

sich Patienten <strong>in</strong> Deutschland schlechter<br />

gepflegt als <strong>in</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n – das zeigt<br />

e<strong>in</strong>e kürzlich im British Medical Journal erschienene<br />

Studie mit mehr als 60 000 Pflegern<br />

und 130 000 Patienten <strong>in</strong> zwölf europäischen<br />

Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n und <strong>de</strong>n USA. Weniger<br />

als die Hälfte <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Patienten gaben<br />

ihrem Krankenhaus auf e<strong>in</strong>er Skala<br />

von null bis zehn die Note neun o<strong><strong>de</strong>r</strong> zehn.<br />

Trotz<strong>de</strong>m wür<strong>de</strong>n 66 Prozent die Kl<strong>in</strong>ik<br />

weiterempfehlen – <strong>in</strong> Irland o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schweiz täten dies 74 beziehungsweise 78<br />

Prozent. Je besser die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

und je ger<strong>in</strong>ger die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Patienten, um<br />

die sich e<strong>in</strong>e Pflegefachperson kümmern<br />

musste, <strong>de</strong>sto besser war die Pflege, und<br />

umso zufrie<strong>de</strong>ner waren die Patienten.<br />

Pfleger o<strong><strong>de</strong>r</strong> Pfleger<strong>in</strong> kann man heutzutage<br />

nicht nur wer<strong>de</strong>n durch e<strong>in</strong>e klassische<br />

dreijährige Ausbildung, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch<br />

durch e<strong>in</strong> Studium. „Mit <strong>de</strong>n Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

<strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Pflege ist auch die Ausbildung<br />

anspruchsvoller gewor<strong>de</strong>n“, sagt<br />

Knüppel. „Eigentlich reichen drei Jahre<br />

nicht – <strong>in</strong>ternational wird man Pfleger<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Pfleger<strong>in</strong> nur durch e<strong>in</strong> Studium.“<br />

Auch im Bereich Forschung wünschen<br />

sich die Experten Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen. „Nach<br />

wie vor wird die Forschung im Bereich Pflege<br />

nicht genügend geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t“, sagt Doris<br />

Schaeffer. Geme<strong>in</strong>sam mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Pflegewissenschaftlern<br />

verfasste sie die „Agenda<br />

Pflegeforschung“ mit <strong>de</strong>n zehn wichtigsten<br />

Forschungsthemen, über die am 12. November<br />

Politiker auf e<strong>in</strong>er Konferenz <strong>in</strong><br />

Berl<strong>in</strong> diskutieren wer<strong>de</strong>n. „Um gut pflegen<br />

zu können, müssen wir forschen, was<br />

für die Patienten am besten ist“, sagt<br />

Schaeffer, „das machen Ärzte schließlich<br />

seit Jahrzehnten.“<br />

Am Patienten<br />

vorbei<br />

Trotz neuer Ansätze läuft <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Pflege immer noch vieles schief<br />

Maria Mischo-Kell<strong>in</strong>g hat viele Jahre als<br />

Krankenschwester und Pflegedirektor<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> verschie<strong>de</strong>nen Kl<strong>in</strong>iken <strong>in</strong> Deutschland<br />

und Südtirol gearbeitet. Sie ist diplomierte<br />

Sozialwirt<strong>in</strong> und Soziolog<strong>in</strong> und promovierte<br />

kürzlich über die „Theorie <strong>de</strong>s Pflegehan<strong>de</strong>lns“.<br />

Zurzeit ist sie mit <strong>de</strong>m Aufbau<br />

e<strong>in</strong>er Forschungsabteilung an <strong><strong>de</strong>r</strong> Lan<strong>de</strong>sfachhochschule<br />

für Gesundheitsberufe<br />

<strong>in</strong> Bozen beschäftigt.<br />

SZ: Frau Mischo-Kell<strong>in</strong>g, wer<strong>de</strong>n Patienten<br />

heute besser gepflegt als vor 20 Jahren?<br />

Maria Mischo-Kell<strong>in</strong>g: Schaut man sich<br />

neuere Studien an, kann man nicht davon<br />

ausgehen.<br />

In <strong>de</strong>n USA wur<strong>de</strong>n neue Pflegekonzepte<br />

schon vor Jahrzehnten e<strong>in</strong>geführt.<br />

Warum h<strong>in</strong>kt Deutschland so h<strong>in</strong>terher?<br />

Weil man viel zu lange am historischen<br />

Bild von Ärzten und Pflegen<strong>de</strong>n festgehalten<br />

hat. Die E<strong>in</strong>führung von Pflegestudiengängen<br />

und <strong>in</strong>novativer Konzepte aus <strong>de</strong>n<br />

USA waren e<strong>in</strong> guter Anfang. Dann wur<strong>de</strong><br />

jedoch im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong> Ökonomisierung vor allem<br />

an <strong><strong>de</strong>r</strong> Pflege gespart.<br />

Inzwischen kann man Pflegewissenschaft<br />

an vielen Unis studieren. Ist das<br />

nichts?<br />

Dass Pflege an Hochschulen gelehrt wird,<br />

ist gut und wichtig. Aber das führt meist dazu,<br />

dass dort ausgebil<strong>de</strong>te Pflegekräfte organisatorische<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> strategische Positionen<br />

<strong>in</strong>nehaben und nicht nah am Patienten<br />

arbeiten. Die eigentliche Pflege läuft so<br />

Gefahr, an weniger gut ausgebil<strong>de</strong>te Hilfskräfte<br />

<strong>de</strong>legiert zu wer<strong>de</strong>n.<br />

Ist die Ausbildung anspruchsvoller als<br />

früher?<br />

Die Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen s<strong>in</strong>d höher. Deshalb<br />

sollte je<strong>de</strong> Pflegekraft heute e<strong>in</strong> Studium<br />

mit Bachelor absolvieren – o<strong><strong>de</strong>r</strong> sich mit<br />

<strong>de</strong>m Master spezialisieren. Es geht nicht<br />

mehr nur darum, wie man ärztliche Anordnungen<br />

am besten ausführt. Pflegen<strong>de</strong><br />

müssen lernen, eigenständig zu han<strong>de</strong>ln<br />

und Verantwortung zu übernehmen.<br />

Wie reagieren die Ärzte darauf?<br />

Manche erkennen immer noch nicht an,<br />

dass Pflege e<strong>in</strong> Beruf mit eigenem Zuständigkeitsbereich<br />

ist. Aus Studien wissen<br />

wir, dass bei e<strong>in</strong>er Arbeitsbeziehung auf<br />

Augenhöhe sowohl Pflegen<strong>de</strong> als auch Ärzte<br />

zufrie<strong>de</strong>ner s<strong>in</strong>d und die Patienten besser<br />

versorgt wer<strong>de</strong>n.<br />

INTERVIEW: FELICITAS WITTE<br />

Im Gegensatz zu <strong>de</strong>n<br />

USA etwa hat man <strong>in</strong><br />

Deutschland viel zu lange<br />

am historischen Bild von<br />

Ärzten und Pflegen<strong>de</strong>n<br />

festgehalten, kritisiert<br />

die Pflege-Expert<strong>in</strong><br />

Maria Mischo-Kell<strong>in</strong>g.<br />

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Allererste Hilfe<br />

Babylotsen stehen überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ten Müttern zur Seite<br />

Es muss vor fünf o<strong><strong>de</strong>r</strong> sechs Jahren gewesen<br />

se<strong>in</strong>. Sönke Siefert, K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>arzt am Katholischen<br />

K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>krankenhaus Wilhelmstift<br />

<strong>in</strong> Hamburg, bekam e<strong>in</strong>en Anruf von<br />

e<strong>in</strong>er Kolleg<strong>in</strong>. „Ich habe hier e<strong>in</strong>e junge Patient<strong>in</strong>,<br />

die vor wenigen Tagen entbun<strong>de</strong>n<br />

wur<strong>de</strong>. Eigentlich dürfte ich sie nicht entlassen:<br />

Sie hat ke<strong>in</strong> Geld, ke<strong>in</strong>en Schulabschluss,<br />

kann kaum Deutsch, hat nieman<strong>de</strong>n,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> ihr hilft. Sie ist überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t“, klagte<br />

die K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>ärzt<strong>in</strong>. Beispiele wie diese<br />

kannte Siefert aus se<strong>in</strong>em Arbeitsalltag als<br />

K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>arzt auf e<strong>in</strong>er Geburtsstation. „Wir<br />

brauchen für solche Menschen e<strong>in</strong>en Kümmerer“,<br />

beschloss <strong><strong>de</strong>r</strong> 49-Jährige. Jeman<strong>de</strong>n,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> hilft, e<strong>in</strong>e Brücke zwischen <strong>de</strong>m<br />

Gesundheitssystem und <strong>de</strong>m Familienhilfesystem<br />

zu bauen – e<strong>in</strong>en Babylotsen.<br />

„Angebote für junge Familien gibt es ja<br />

eigentlich genug, <strong>in</strong> Hamburg fast 400.<br />

Nur muss man <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage se<strong>in</strong>, die richtigen<br />

zu f<strong>in</strong><strong>de</strong>n“, sagt Siefert.<br />

In Hamburg soll es bald<br />

zwölf Lotsen geben. Das Angebot<br />

steht allen Familien offen<br />

Genau dabei helfen die Babylotsen. In<br />

Hamburg arbeiten <strong>in</strong>zwischen fünf Babylotsen,<br />

kommen<strong>de</strong>s Jahr sollen es zwölf<br />

se<strong>in</strong>. „Damit können wir alle Geburtskl<strong>in</strong>iken<br />

<strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadt versorgen“, sagt Siefert. In<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Praxis sieht das so aus: Je<strong>de</strong> Frau, die<br />

sich zur Geburt <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Kl<strong>in</strong>ik vorstellt, bekommt<br />

e<strong>in</strong>en Flyer <strong><strong>de</strong>r</strong> Babylotsen. Das Angebot<br />

steht allen Familien offen. Über Ärzte<br />

und Hebammen können die Frauen e<strong>in</strong>en<br />

Term<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>er Lots<strong>in</strong> vere<strong>in</strong>baren.<br />

Die kommen aber auch von alle<strong>in</strong>e, nämlich<br />

dann, wenn bestimmte Indikatoren<br />

vorliegen. „Durch unsere wissenschaftliche<br />

Studie können wir H<strong>in</strong>weise i<strong>de</strong>ntifizieren,<br />

die dafür sprechen, dass die Familien<br />

Hilfe brauchen“, sagt Mediz<strong>in</strong>er Siefert<br />

und zählt Risikofaktoren auf: „Wenn e<strong>in</strong>e<br />

Patient<strong>in</strong> sehr jung ist, alle<strong>in</strong>erziehend,<br />

wenn sie raucht o<strong><strong>de</strong>r</strong> Drogen nimmt, nur<br />

selten zur Schwangerschaftsvorsorge gegangen<br />

ist, o<strong><strong>de</strong>r</strong> wenn die psychosoziale Belastung<br />

hoch ist, zum Beispiel dadurch,<br />

dass sie ke<strong>in</strong>e gültige Aufenthaltsberechtigung<br />

hat.“ Es gibt aber auch Fälle wie diese:<br />

E<strong>in</strong>e Mutter, die mit ihrem Mann, e<strong>in</strong>em<br />

Flugzeugbauer, erst kürzlich nach<br />

Hamburg gezogen war. „Die Frau kannte<br />

nieman<strong>de</strong>n, war verzweifelt. Über die Babylotsen<br />

konnten wir sie aus ihrer Isolation<br />

rausholen“, erzählt <strong><strong>de</strong>r</strong> Arzt.<br />

Über die Geburtsstationen erfahren die<br />

Helfer, welche Frauen sie besuchen sollten.<br />

Dann setzt sich die Babylots<strong>in</strong> zu <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Patient<strong>in</strong> und hört zu, lässt sich erklären,<br />

wie es ihr geht, wie ihre familiäre Situation<br />

ist, wo es klemmt. „Aber auch, wo es Ressourcen<br />

gibt“, betont Babylots<strong>in</strong> Carmen<br />

Canales. Ressourcen – das kann zum Beispiel<br />

e<strong>in</strong>e Großmutter se<strong>in</strong>, die sich gerne<br />

um das Baby kümmern wür<strong>de</strong>. O<strong><strong>de</strong>r</strong> die Fähigkeit,<br />

mit wenig Geld gut umgehen zu<br />

können. „Wir Ärzte sehen ja immer nur,<br />

was nicht funktioniert“, sagt Siefert, „<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Zugang <strong><strong>de</strong>r</strong> Babylotsen ist da wohltuend.“<br />

Im Gespräch mit <strong>de</strong>n Frauen f<strong>in</strong><strong>de</strong>n die<br />

Lotsen schnell heraus, welche Art <strong><strong>de</strong>r</strong> Hilfe<br />

die Familien brauchen. Die vermitteln sie<br />

dann an die Frauen weiter. „Das kann e<strong>in</strong><br />

Kurs bei e<strong>in</strong>er Elternschule se<strong>in</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> e<strong>in</strong><br />

Platz im Wohnheim“, sagt Canales. Ihre<br />

Kolleg<strong>in</strong> Hannah Sawallich betont: „Wir<br />

drängen ke<strong>in</strong>e unserer Patient<strong>in</strong>nen zu irgendwas.<br />

Unser Angebot ist freiwillig.“<br />

Wenn nötig, besuchen die Helfer die Familien<br />

zu Hause o<strong><strong>de</strong>r</strong> begleiten sie auf Term<strong>in</strong>en<br />

– auf die Auslän<strong><strong>de</strong>r</strong>behör<strong>de</strong> o<strong><strong>de</strong>r</strong> zu<br />

e<strong>in</strong>em Eltern-K<strong>in</strong>d-Frühstück. „Die Kontakte<br />

s<strong>in</strong>d sehr <strong>in</strong>tensiv, aber sie haben<br />

auch e<strong>in</strong>en klaren Anfang und e<strong>in</strong> klares<br />

En<strong>de</strong>. Wenn wir wissen, dass die Familien<br />

ihren Weg gefun<strong>de</strong>n haben, können wir sie<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> gehen lassen“, sagt Sawallich. Canales<br />

schätzt ihre Arbeit. Vorher hat die 47<br />

Jahre alte Diplom-Sozialpädagog<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Familienhilfe gearbeitet. „Da g<strong>in</strong>g es oft<br />

um K<strong>in</strong><strong>de</strong>swohlgefährdung. Es war<br />

schwer zu vermitteln, dass wir nur helfen<br />

wollen. Manchmal war das frustrierend.<br />

Das ist jetzt bei me<strong>in</strong>er Arbeit zum Glück<br />

ganz an<strong><strong>de</strong>r</strong>s“, sagt sie.<br />

CHRISTIANE BERTELSMANN<br />

Babylotsen gibt es <strong>in</strong> Hamburg über die Stiftung<br />

SeeYou (www.seeyou-hamburg .<strong>de</strong>) und seit Sommer<br />

2012, unterstützt durch das Netzwerk Frühe<br />

Hilfen <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sfamilienm<strong>in</strong>isteriums, auch an<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Berl<strong>in</strong>er Charité. Bisher arbeiten nur Frauen als<br />

Babylotsen. Die meisten waren vorher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em mediz<strong>in</strong>ischen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> sozialen Beruf tätig, etwa als Sozialpädagog<strong>in</strong>nen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Hebammen.<br />

Gute Aussichten<br />

für Altenpfleger<br />

In <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n 20 Jahren versprechen<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Gesundheits- und Sozialwesen<br />

gute Berufsperspektiven. Das hat e<strong>in</strong>e<br />

Studie <strong>de</strong>s Instituts für Arbeitsmarkt- und<br />

Berufsforschung (IAB) ergeben. Grund dafür<br />

wer<strong>de</strong> unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>em <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>mografische<br />

Wan<strong>de</strong>l se<strong>in</strong>: 2030 ist die Gesellschaft<br />

<strong>in</strong> Deutschland verhältnismäßig alt, <strong><strong>de</strong>r</strong> Bedarf<br />

an Arbeitskräften <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Altenpflege<br />

steigt daher. Aber auch Betreuer für die<br />

Jüngsten haben gute Aussichten: Das IAB<br />

prognostiziert, dass die Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>r</strong> K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>betreuung<br />

wachsen wird.<br />

DPA<br />

Krisenresistente<br />

Gesundheitswirtschaft<br />

Die <strong>Gesundheitsbranche</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

ist <strong>in</strong> <strong>de</strong>n vergangenen Jahren weit schneller<br />

gewachsen und ist <strong>de</strong>utlich krisenresistenter<br />

als <strong><strong>de</strong>r</strong> Rest <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirtschaft. Zu diesem<br />

Schluss kommt e<strong>in</strong>e Studie <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverbands<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Deutschen Industrie<br />

(BDI). „Der größte Sektor <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen<br />

Volkswirtschaft ist die Gesundheitswirtschaft“,<br />

heißt es dar<strong>in</strong>. Sie erbr<strong>in</strong>ge knapp<br />

elf Prozent <strong>de</strong>s Brutto<strong>in</strong>landsprodukts. Je<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

siebte Beschäftigte <strong>in</strong> Deutschland sei<br />

<strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Branche tätig. Von 2005 bis 2010<br />

stieg die Bruttowertschöpfung von sieben<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> größten Unternehmen im Gesundheitswesen<br />

laut Studie um fast 40 Prozent und<br />

damit dreimal so stark wie <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesamtwirtschaft.<br />

DAPD<br />

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gesun<strong>de</strong>m Essen<br />

Der Lebensmittelkonzern Nestlé will <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

neuen Forschungszentrum im schweizerischen<br />

Lausanne gesundheitsför<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong><br />

Nahrung entwickeln. Neue Lebensmittel<br />

sollten dabei helfen, chronischen Krankheiten<br />

vorzubeugen und ihr Fortschreiten<br />

zu verlangsamen, heißt es aus <strong>de</strong>m Konzern.<br />

Im Fokus <strong><strong>de</strong>r</strong> Forschung stehen neurologische<br />

Krankheiten wie Alzheimer,<br />

chronische Krankheiten wie Diabetes und<br />

Erkrankungen <strong>de</strong>s Magen-Darm-Trakts.<br />

Die neuen Produkte sollen als „Medical<br />

Food“ bezeichnet wer<strong>de</strong>n. Das Institut wer<strong>de</strong><br />

etwa 100 Forscher beschäftigen. AFP


Samstag/Sonntag, 10./11. November 2012, Nr. 260 SONDERSEITEN DER SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG KARRIERE IN DER GESUNDHEITSBRANCHE V2/13<br />

Lachen bis an die Schmerzgrenzen<br />

Kl<strong>in</strong>ikclowns sollen von Leid und Sorgen ablenken – von ihren Auftritten leben können allerd<strong>in</strong>gs die wenigsten. Das Geschäft mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Fröhlichkeit ist unberechenbar und unübersichtlich. E<strong>in</strong>ige Spaßmacher spezialisieren sich daher auf wachsen<strong>de</strong> Zielgruppen wie Demente<br />

VON EVELYN KESSLER<br />

Ganz vorsichtig öffnet <strong><strong>de</strong>r</strong> Clown die<br />

Tür zum Krankenzimmer. Die zweijährige<br />

Mirjabrüllt, obwohl die Mutter<br />

sie tröstend im Arm hält. Leise beg<strong>in</strong>nt<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Spaßmacher zu s<strong>in</strong>gen. Mirja we<strong>in</strong>t<br />

weiter. Als Seifenblasen sie umtanzen, ist<br />

ihre Neugier geweckt. Geschafft: Ihre Aufmerksamkeit<br />

gilt nicht mehr <strong>de</strong>m<br />

Schmerz.<br />

Schon immer wollte Re<strong>in</strong>hard Horstkotte<br />

Clown wer<strong>de</strong>n. Clowns nehmen kle<strong>in</strong>e<br />

D<strong>in</strong>ge wichtig, aber nie ernst. Nach<strong>de</strong>m<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> ausgebil<strong>de</strong>te Artist 15 Jahre lang auf Varieté-Bühnen<br />

gestan<strong>de</strong>n, Workshops geleitet<br />

und als Straßenkünstler gearbeitet hatte,<br />

lernte er Kl<strong>in</strong>ikclowns kennen – und<br />

fand e<strong>in</strong> neues Arbeitsfeld. Seit sechs Jahren<br />

engagiert und betreut er als künstlerischer<br />

Leiter <strong>de</strong>s Rote Nasen e.V. freiberufliche<br />

Clowns, die <strong><strong>de</strong>r</strong> Vere<strong>in</strong> vermittelt. „Die<br />

Roten Nasen s<strong>in</strong>d nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> größte Verband<br />

<strong>in</strong> Deutschland, aber <strong><strong>de</strong>r</strong> bekannteste“,<br />

sagt <strong><strong>de</strong>r</strong> 46-Jährige. Denn das Geschäft<br />

Nahezu alle Clowne<strong>in</strong>sätze<br />

s<strong>in</strong>d über Spen<strong>de</strong>n f<strong>in</strong>anziert.<br />

Und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Höhe stagniert<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Fröhlichkeit gestaltet sich unübersichtlich:<br />

Wie viele Clowns <strong>in</strong> Kl<strong>in</strong>iken und<br />

Heimen arbeiten, kann niemand genau sagen.<br />

Bun<strong>de</strong>sweit soll es bis zu 70 Gruppierungen<br />

geben, sagt e<strong>in</strong> Insi<strong><strong>de</strong>r</strong>, die teils sogar<br />

zerstritten seien. Immerh<strong>in</strong>: Acht regional<br />

aktive Vere<strong>in</strong>e, die 180 Clowns repräsentieren,<br />

haben sich zum Dachverband<br />

„Clowns für K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong> im Krankenhaus<br />

Deutschland“ zusammengefun<strong>de</strong>n. Ursprünglich<br />

waren auch die Roten Nasen dabei,<br />

die <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, Bran<strong>de</strong>nburg und Ba<strong>de</strong>n-<br />

Württemberg aktiv s<strong>in</strong>d. Über Fragen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Spen<strong>de</strong>nwerbung hatte man sich zerstritten.<br />

Der Aspekt aber ist zentral, weil nahezu<br />

alle Clowne<strong>in</strong>sätze über Spen<strong>de</strong>n f<strong>in</strong>anziert<br />

s<strong>in</strong>d. Und <strong><strong>de</strong>r</strong>en Höhe stagniert.<br />

Trotz <strong>de</strong>s Geschacheres um die F<strong>in</strong>anzen<br />

han<strong>de</strong>ln die Akteure zumeist nach e<strong>in</strong>em<br />

alten orientalischen Sprichwort: „Die<br />

Ankunft e<strong>in</strong>es guten Clowns <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Stadt<br />

ist wertvoller als 30 mit Medikamenten bela<strong>de</strong>ne<br />

Esel.“ Die Clownerei wirkt leicht<br />

und verspielt. Doch dah<strong>in</strong>ter stecken langes<br />

Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g und viel E<strong>in</strong>satz. Bevor die Roten<br />

Nasen e<strong>in</strong>en Clown unter Vertrag nehmen,<br />

muss er Strahlkraft, Empathie und<br />

Durch alle Diszipl<strong>in</strong>en<br />

Der 20-Jährige kam mit se<strong>in</strong>en Eltern <strong>in</strong><br />

die Universitätspsychiatrie Gött<strong>in</strong>gen. Sie<br />

machten sich Sorgen um ihren Sohn, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

sich seit Kurzem von <strong><strong>de</strong>r</strong> Außenwelt bedroht<br />

fühlte. An diesem Abend hatte Berend<br />

Malchow Dienst. Der Assistenzarzt<br />

vermutete bei <strong>de</strong>m Jurastu<strong>de</strong>nten e<strong>in</strong>e beg<strong>in</strong>nen<strong>de</strong><br />

Schizophrenie und wollte ihn im<br />

Krankenhaus behalten. Doch <strong><strong>de</strong>r</strong> wollte davon<br />

nichts wissen. Erst nach Überzeugungsarbeit<br />

von Seiten Malchows willigten<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Stu<strong>de</strong>nt und se<strong>in</strong>e Eltern e<strong>in</strong>. „Es<br />

war knapp, aber dank <strong><strong>de</strong>r</strong> frühen Behandlung<br />

hat sich bei ihm die Situation rasch gebessert.<br />

Er konnte sogar zu En<strong>de</strong> studieren“,<br />

sagt Malchow. „Das war für uns <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Psychiatrie e<strong>in</strong> Erfolg. E<strong>in</strong>e voll ausgebil<strong>de</strong>te<br />

psychotische Episo<strong>de</strong> hätte <strong>de</strong>n Mann<br />

für längere Zeit aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Bahn geworfen.“<br />

Erfahrungen wie diese bestärken <strong>de</strong>n<br />

35-Jährigen dar<strong>in</strong>, sich für das richtige<br />

Fach entschie<strong>de</strong>n zu haben. „Ich habe<br />

mich immer sehr für diejenigen <strong>in</strong>teressiert,<br />

die die D<strong>in</strong>ge an<strong><strong>de</strong>r</strong>s sehen und fühlen<br />

als wir verme<strong>in</strong>tlich Normalen“, erklärt<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> gebürtige Ostfriese. Die Betreuung<br />

e<strong>in</strong>es autistischen Jungen während<br />

<strong>de</strong>s Zivildienstes gab letztlich <strong>de</strong>n Ausschlag<br />

für se<strong>in</strong>e Berufswahl. Mittlerweile<br />

bef<strong>in</strong><strong>de</strong>t sich Malchow im letzten Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Facharztausbildung für Psychiatrie und<br />

Psychotherapie.<br />

Ihn fasz<strong>in</strong>iert vor allem die Bandbreite<br />

an Erkrankungen, mit <strong>de</strong>nen er täglich zu<br />

tun hat. „Zu uns kommen Teenager mit<br />

Persönlichkeitsstörungen ebenso wie Alkoholabhängige<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> ältere Menschen mit<br />

schweren Angsterkrankungen.“ Außer<strong>de</strong>m<br />

setze man sich nicht nur mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

mediz<strong>in</strong>ischen Fachrichtungen wie <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Neurologie ause<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong>, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n berühre<br />

auch Bereiche wie Philosophie, Soziologie<br />

und Rechtswissenschaften. „Als Psychiater<br />

hat man viel mit Gerichten und <strong><strong>de</strong>r</strong> Polizei<br />

zu tun“, sagt Malchow.<br />

Viele Stu<strong>de</strong>nten fühlen sich<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> Bandbreite<br />

<strong>de</strong>s Fachs überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t<br />

Zurück zu <strong>de</strong>n Anfängen, zurück <strong>in</strong> die K<strong>in</strong>dheit. Dieser Clown liest <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Altenheim <strong>in</strong> Frankfurt e<strong>in</strong>er alten Dame, die an Demenz erkrankt ist, aus „Max und<br />

Moritz“ vor. Die Beschäftigung mit Demenzkranken ist anstrengend, aber sie wird auch für Kl<strong>in</strong>ikclowns immer wichtiger.<br />

FOTO: ROLAND HOLSCHNEIDER/DPA<br />

Ärzte wie er wer<strong>de</strong>n dr<strong>in</strong>gend gesucht.<br />

Zwar steigen nach Angaben <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutschen<br />

Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie<br />

und Nervenheilkun<strong>de</strong> (DGPPN) die Ärztezahlen<br />

dieser Fachrichtung kont<strong>in</strong>uierlich<br />

an, doch <strong><strong>de</strong>r</strong> Bedarf ist weitaus größer.<br />

Angesichts <strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache, dass psychische<br />

Krankheiten, aber auch Demenzerkrankungen<br />

<strong>in</strong> unserer überalterten Gesellschaft<br />

zunehmen, reichen die 10 000 <strong>in</strong><br />

Deutschland tätigen Psychiater nicht aus.<br />

Nach e<strong>in</strong>er Umfrage <strong><strong>de</strong>r</strong> DGPPN hatten<br />

2009 die Hälfte aller psychiatrischen Kl<strong>in</strong>iken<br />

<strong>in</strong> Deutschland Probleme, ärztliche<br />

Stellen zu besetzen. Deutlich wird das bei<br />

e<strong>in</strong>em Blick auf Ärztezeitung.<strong>de</strong>. Während<br />

<strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>heilkun<strong>de</strong> gera<strong>de</strong> e<strong>in</strong>mal vier<br />

Stellen angeboten wer<strong>de</strong>n, s<strong>in</strong>d es Mitte Januar<br />

2012 im Fachbereich Psychiatrie und<br />

Psychotherapie 25. Um gute Leute anzulocken,<br />

werben die Kl<strong>in</strong>iken verstärkt mit<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Bezahlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Weiterbildung o<strong><strong>de</strong>r</strong> mit<br />

familienfreundlichen Bed<strong>in</strong>gungen. „Unterversorgt<br />

s<strong>in</strong>d hauptsächlich ländliche<br />

Regionen sowie Ost<strong>de</strong>utschland. Dort<br />

stellt man bereits aus Verzweiflung Kollegen<br />

aus Russland an, die nur e<strong>in</strong> bisschen<br />

Deutsch können und erst e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> Kursen<br />

ihre Sprachkenntnisse aufpolieren müssen“,<br />

sagt Peter Falkai, Präsi<strong>de</strong>nt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

DGPPN. In Kl<strong>in</strong>iken und Praxen fehlen<br />

Psychiater gleichermaßen. „Dazu kommt<br />

Seelenheiler<br />

Es gibt heute viele verschie<strong>de</strong>ne Berufe,<br />

die sich mit <strong><strong>de</strong>r</strong> psychischen Gesundheit<br />

von Menschen befassen. Die Abgrenzung<br />

ist mitunter nicht sofort ersichtlich. Psychologen<br />

verfügen über e<strong>in</strong> abgeschlossenes<br />

Diplom- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Masterstudium im Fach<br />

Psychologie. Sie können psychotherapeutisch<br />

tätig wer<strong>de</strong>n, wenn sie e<strong>in</strong>e Ausbildung<br />

zum psychologischen Psychotherapeuten<br />

durchlaufen und e<strong>in</strong>e entsprechen<strong>de</strong><br />

Approbation erhalten haben. Psychiater<br />

benötigen neben e<strong>in</strong>em Mediz<strong>in</strong>studium<br />

und e<strong>in</strong>er Approbation als Arzt auch e<strong>in</strong>e<br />

fünfjährige Weiterbildung zum Facharzt<br />

für Psychiatrie und Psychotherapie.<br />

Sie diagnostizieren, behan<strong>de</strong>ln und erforschen<br />

psychische Störungen. Weil Psychiater<br />

Ärzte s<strong>in</strong>d, dürfen sie auch Medikamente<br />

verschreiben, um die Symptome dieser<br />

Erkrankungen zu l<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>n. E<strong>in</strong> Psychoanalytiker<br />

ist e<strong>in</strong> Arzt, Psychologe o<strong><strong>de</strong>r</strong> Psychotherapeut,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Psychoanalyse als Behandlungsverfahren<br />

anwen<strong>de</strong>t. Dabei han<strong>de</strong>lt<br />

es sich um e<strong>in</strong>e Theorie über unbewusste<br />

psychische Vorgänge, die vom Wiener<br />

Arzt und Psychologen Sigmund Freud begrün<strong>de</strong>t<br />

wur<strong>de</strong>. Es ist möglich, im Zuge e<strong>in</strong>er<br />

fünfjährigen berufsbegleiten<strong>de</strong>n Weiterbildung<br />

<strong>de</strong>n Titel e<strong>in</strong>es Psychoanalytikers<br />

zu erwerben.<br />

FIEM<br />

Improvisationstalent beweisen. E<strong>in</strong>e Ausbildung<br />

<strong>in</strong> darstellen<strong>de</strong>n Künsten wie<br />

Schauspielerei, Pantomime, Musik o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Akrobatik vermittelt wichtige Grundlagen.<br />

Es gibt e<strong>in</strong>ige staatlich anerkannte<br />

Clownschulen, die diese Techniken vertiefen.<br />

Und trotz<strong>de</strong>m gilt zum<strong>in</strong><strong>de</strong>st bei <strong>de</strong>n<br />

Roten Nasen: Zeugnisse s<strong>in</strong>d nicht zw<strong>in</strong>gend.<br />

„Wer jahrelang geübt und Geld <strong>in</strong>vestiert<br />

hat, belegt jedoch, dass er es ernst<br />

me<strong>in</strong>t“, sagt <strong><strong>de</strong>r</strong>en Chefclown Horstkotte.<br />

Er spüre schnell, was e<strong>in</strong> Bewerber kann.<br />

Auch bei <strong>de</strong>n Kl<strong>in</strong>ikclowns Bayern, mit<br />

55 Aktiven nach eigenen Angaben Deutschlands<br />

größter Vere<strong>in</strong>, durchlaufen Aspiranten<br />

e<strong>in</strong> Cast<strong>in</strong>g. Ist diese Hür<strong>de</strong> genommen,<br />

folgt e<strong>in</strong>e drei- bis viermonatige Hospitationsphase.<br />

Die Clownverbün<strong>de</strong> machen<br />

sich für ihre Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> durch Dienstleistungen<br />

attraktiv. Sie akquirieren Kun<strong>de</strong>n,<br />

werben Spen<strong>de</strong>ngel<strong><strong>de</strong>r</strong> e<strong>in</strong>, vermitteln<br />

Engagements, kümmern sich um die<br />

Weiterbildung und rechnen ab. So hat Elisabeth<br />

Makepeace-Vondrak, Leiter<strong>in</strong> <strong>de</strong>s<br />

bayerischen Vere<strong>in</strong>s, regelmäßige Workshops<br />

und Sem<strong>in</strong>are im Programm, die helfen,<br />

authentisch und <strong>in</strong>spiriert aufzutreten.<br />

Trotz <strong><strong>de</strong>r</strong> emotionalen Belastung fällt<br />

Die Arbeit von Psychiatern ist umfangreich und anspruchsvoll – und daher gefragt<br />

Mit voller Konzentration: E<strong>in</strong> Türschild<br />

e<strong>in</strong>es Psychiaters am Bun<strong>de</strong>swehrkrankenhaus<br />

Hamburg. FOTO: THIES RAETZKE/VISUM<br />

bei <strong>de</strong>n nie<strong><strong>de</strong>r</strong>gelassenen Kollegen <strong>in</strong> etwa<br />

zehnJahren e<strong>in</strong>e große Pensionierungswelle“,<br />

ergänzt Falkai. Außer<strong>de</strong>m werben an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Län<strong><strong>de</strong>r</strong>, vor allem die Schweiz und die<br />

Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lan<strong>de</strong>, mit attraktiven Gehältern<br />

und Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen erfolgreich <strong>de</strong>utsche<br />

Assistenz- und Fachärzte ab.<br />

E<strong>in</strong> Grund, warum sich nicht mehr als<br />

die jährlich gut 570 neu anerkannten Fachärzte<br />

für <strong>de</strong>n Bereich Psychiatrie und Psychotherapie<br />

entschei<strong>de</strong>n, ist nach Expertenme<strong>in</strong>ung<br />

die Tatsache, dass das Fach zu<br />

spät im Mediz<strong>in</strong>studium unterrichtet<br />

wird. „Im zehnten Semester haben sich die<br />

meisten bereits für e<strong>in</strong>e Richtung entschie<strong>de</strong>n“,<br />

sagt Falkai. Viele fühlten sich auch<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> Bandbreite <strong>de</strong>s Fachs überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t:<br />

„Wir müssen die organische Mediz<strong>in</strong> beherrschen,<br />

<strong>in</strong> Sachen Psychotherapie firm<br />

se<strong>in</strong> und uns gleichzeitig <strong>in</strong> Sozialmediz<strong>in</strong><br />

auskennen.“ Psychiater setzen sich <strong>in</strong>tensiv<br />

mit <strong>de</strong>n e<strong>in</strong>zelnen Patienten ause<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong>,<br />

was nicht je<strong>de</strong>s Mediz<strong>in</strong>stu<strong>de</strong>nten Sache<br />

sei. „In <strong><strong>de</strong>r</strong> somatischen Mediz<strong>in</strong> ist<br />

das an<strong><strong>de</strong>r</strong>s: Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Diagnose wer<strong>de</strong>n bestimmte<br />

Behandlungen verordnet. Weitere<br />

Zeit für <strong>de</strong>n Patienten hat man dann häufig<br />

nicht mehr“, erklärt Falkai. Psychiater<br />

dagegen benötigen Zeit, um alle Symptome<br />

zu erfragen und die Diagnose zu erstellen;<br />

sie begleiten Patienten oft lange.<br />

Von <strong><strong>de</strong>r</strong> Bezahlung her liegen Psychiater<br />

im unteren Drittel <strong><strong>de</strong>r</strong> Ärzteschaft.<br />

„Wer Apparate bedient und mit Technik zu<br />

tun hat, verdient besser“, verrät Falkai, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

die Gehälter jedoch für or<strong>de</strong>ntlich hält. Assistenzärzte<br />

könnten mit e<strong>in</strong>em Jahresgehalt<br />

von 65 000 Euro brutto rechnen, Oberärzte<br />

mit 80 000 bis 100 000 Euro, Chefärzte<br />

und nie<strong><strong>de</strong>r</strong>gelassene Ärzte mit e<strong>in</strong>er gut<br />

gehen<strong>de</strong>n Praxis liegen darüber.<br />

Radiologen mögen besser verdienen,<br />

große <strong>Karriere</strong>n s<strong>in</strong>d aber auch mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Fachrichtung Psychiatrie möglich. Das beweist<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Nobelpreis, <strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Psychiater<br />

Eric Kan<strong>de</strong>l 2000 mit zwei an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Wissenschaftlern<br />

für die Erforschung <strong><strong>de</strong>r</strong> Signalübertragung<br />

im Nervensystem erhielt.<br />

„Die Neurowissenschaften boomen ungebrochen“,<br />

sagt Falkai. Er rät jungen Fachärzten,<br />

die nach oben wollen, sich während<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Habilitation auf e<strong>in</strong>e bestimmte Technik<br />

zu konzentrieren; im Moment stehe<br />

Elektrophysiologie hoch im Kurs.<br />

Muss man zum Psychiater geboren<br />

se<strong>in</strong>? Assistenzarzt Berend Malchow verne<strong>in</strong>t<br />

das. Wichtig sei, dass man gut zuhören<br />

und beobachtenkönne: „Kaum e<strong>in</strong> Patient<br />

wird alles gleich auf <strong>de</strong>n Tisch legen, daher<br />

ist es wichtig, Nuancen <strong>in</strong> Mimik und<br />

Körperhaltung zu erkennen.“ Geduld sei<br />

ebenfalls nötig, <strong>de</strong>nn psychische Erkrankungen<br />

bräuchten Zeit. Und es komme auf<br />

gute Teamarbeit an. „Es erleichtert <strong>de</strong>n<br />

Umgang mit Patienten und Krankheiten,<br />

wenn die Arbeit auf mehrere Schultern verteilt<br />

ist“, sagt Malchow. E<strong>in</strong>zelgängerische<br />

Karrieristen seien woan<strong><strong>de</strong>r</strong>s besser aufgehoben.<br />

JULIANE LUTZ<br />

es Kl<strong>in</strong>ikclowns so leichter, <strong>de</strong>n Humor zu<br />

behalten. Etliche spezialisieren sich gar<br />

auf wachsen<strong>de</strong> Zielgruppen wie Demente<br />

– und somit auf neue Geschäftsfel<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />

Kl<strong>in</strong>ikclown ist ke<strong>in</strong> Vollerwerb. Eher<br />

e<strong>in</strong> Zubrot. Die Honorare liegen zwischen<br />

120 und 150 Euro pro E<strong>in</strong>satz. Ohne Anfahrt,<br />

Vor- und Nachbereitung dauert <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Auftritt zwei bis drei Stun<strong>de</strong>n. „Wir wollen<br />

nicht, dass unsere Clowns ausbluten“, sagt<br />

Rote Nase Horstkotte. Deshalb vere<strong>in</strong>bart<br />

er für je<strong>de</strong>n e<strong>in</strong>zelnen maximal neun Visiten<br />

pro Monat. Und die Roten Nasen haben<br />

noch e<strong>in</strong>e Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heit: Immer zu zweit<br />

unterwegs, verbessern die Clowns durch<br />

gegenseitiges Feedback fortlaufend ihr Repertoire.<br />

Und sie teilen mite<strong>in</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong>, wenn<br />

ihnen die Krankheit e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong><strong>de</strong>s beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

nahegeht. „Wenn ich mir die rote Nase<br />

aufstecke, schlüpfe ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>e Rolle. Das<br />

schafft Distanz zu me<strong>in</strong>er Person“, erklärt<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Mann mit <strong>de</strong>n strubbeligen blon<strong>de</strong>n<br />

Haaren se<strong>in</strong> Tun.<br />

Gefühle wie Schmerz o<strong><strong>de</strong>r</strong> Angst dr<strong>in</strong>gen<br />

<strong>de</strong>nnoch zu ihm durch. Nicht nur <strong>de</strong>swegen<br />

begrenzt er die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Visiten.<br />

Horstkotte macht sich auch Gedanken um<br />

das Auskommen se<strong>in</strong>er Künstler. Schließlich<br />

weiß niemand, wie viele Spen<strong>de</strong>n im<br />

nächsten Jahr e<strong>in</strong>gehen: „Wir legen Wert<br />

darauf, dass unsere Clowns auch an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

E<strong>in</strong>kommensquellen haben.“<br />

Nicht alle Kl<strong>in</strong>ikclowns <strong>de</strong>legieren das<br />

Management ihrer Visiten an e<strong>in</strong>en Vere<strong>in</strong>.<br />

Es gibt auch E<strong>in</strong>zelkämpfer. So hat sich Angel<strong>in</strong>a<br />

Haug auf die Arbeit mit alten Menschen<br />

spezialisiert. „Ich bespaße sie<br />

nicht“, sagt die Theaterpädagog<strong>in</strong>. Es gehe<br />

darum, Gefühle und Er<strong>in</strong>nerungen zu wecken,<br />

wenn sie <strong>in</strong> Pflegeheimen unterwegs<br />

ist. Mit wem sie ke<strong>in</strong>e Gespräche führen<br />

kann, <strong>de</strong>n erreicht die 29-Jährige über Lie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

aus <strong><strong>de</strong>r</strong>en Jugendzeit. Trüge sie Alltagskleidung,<br />

wür<strong>de</strong>n die Dementen kaum auf<br />

die zierliche Frau reagieren. In ihrer Kunstfigur<br />

„Piepsi“ aber erreicht sie die Alten<br />

und lockt sie aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Apathie. Dazu wen<strong>de</strong>t<br />

sie sich auch <strong>in</strong> Gruppen immer E<strong>in</strong>zelnen<br />

zu, berührt Hän<strong>de</strong>, streichelt Arme und Gesichter.<br />

Körperkontakt ist hier offensichtlich<br />

viel wichtiger als bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit mit K<strong>in</strong><strong><strong>de</strong>r</strong>n:<br />

Als die Clown<strong>in</strong> <strong>in</strong> die Hocke auf Augenhöhe<br />

geht und die Hand e<strong>in</strong>er <strong>de</strong>menten<br />

Heimbewohner<strong>in</strong> nimmt, sagt die: „Ich<br />

b<strong>in</strong> hier nur zu Besuch und gehe übermorgen<br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> nach Hause.“ Schlagfertig reagiert<br />

Piepsi: „Hast du <strong>de</strong>nn <strong>de</strong><strong>in</strong>e Koffer<br />

schon gepackt?“ Zwei Grundregeln hält<br />

die Essl<strong>in</strong>ger<strong>in</strong> <strong>in</strong> all ihren Dialogen e<strong>in</strong>:<br />

Konsequent duzen, <strong>de</strong>nn das schafft Nähe,<br />

und nicht wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprechen, weil es nicht um<br />

Wahrheit o<strong><strong>de</strong>r</strong> Logik geht. Rosemarie<br />

Amos-Ziegler, Betreiber<strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Fil<strong><strong>de</strong>r</strong>städter<br />

Wohngeme<strong>in</strong>schaft für Senioren,<br />

schätzt ihre Besuche und f<strong>in</strong>anziert sie aus<br />

<strong>de</strong>m Budget <strong>de</strong>s Pflegeheims: „Unsere Dementen<br />

s<strong>in</strong>d danach friedlicher.“ Ke<strong>in</strong><br />

Wun<strong><strong>de</strong>r</strong>, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Bedarf nach Clownvisiten<br />

<strong>in</strong> Pflegeheimen steigt.<br />

Chefclown Horstkotte sieht dieses<br />

Wachstum differenziert: „Es stärkt unsere<br />

Arbeit. Zugleich führt es uns die F<strong>in</strong>anzierungsengpässe<br />

vor Augen.“ Versicherungen,<br />

Kl<strong>in</strong>iken und Heime sollten Clownauftritte<br />

<strong>in</strong> <strong>de</strong>n Pflegesätzen berücksichtigen,<br />

f<strong>in</strong><strong>de</strong>t er, <strong>de</strong>nn „e<strong>in</strong> bisschen s<strong>in</strong>d wir ja<br />

auch psychosoziale Feuerwehr, weil<br />

Schwestern und Pfleger ke<strong>in</strong>e Zeit mehr haben<br />

zum Zuhören“.<br />

GESUNDHEITSBRANCHE<br />

Verantwortlich: Werner Schmidt<br />

Redaktion: Viola Schenz<br />

Anzeigen: Jürgen Maukner<br />

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Nov. 21 st 2012

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