Juli | August 2013 - Deutsche Post - Philatelie

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26.12.2013 Aufrufe

170 Jahre Briefmarken in Brasilien Ochsen-, Ziegenund Katzenaugen Kaiser Dom Pedro II. (1825–1891) Die brasilianischen »Ochsenaugen« gehören zu den Briefmarkenausgaben aus Übersee, die einen geradezu legendären Ruf genießen. Sie begeistern seit 170 Jahren nicht nur Philatelisten und sind so begehrt wie die »Blaue Mauritius«, die »1 Cent British Guyana« oder die »Missionare« von Hawaii. N achdem Brasiliens Kaiser Dom Pedro I. 1822 die Unabhängigkeit seines Landes von Portugal ausgerufen hatte, war die Führungselite Brasiliens sehr an dem wirtschaftlichen Aufschwung des großen Landes interessiert. Daran änderte sich auch nichts, als er auf Druck des Parlaments abdanken musste und sein Sohn Pedro mit gerade einmal fünf Jahren als Nachfolger ausgerufen wurde. Im Gegenteil: Um uneingeschränkt regieren zu können, wurde er 1840 im zarten Alter von nur 14 Jahren für volljährig erklärt und im darauffolgenden Jahr zum Kaiser Dom Pedro II. gekrönt. Zudem wurde der Bedeutung des Postwesens für den damals hoch verschuldeten Staat durch eine Reihe kaiserlicher Verordnungen Rechnung getragen. Das riesige Land war vor allem an der Küste erschlossen, und in mehr als 300 Postämtern wurden Briefe gestempelt – allerdings noch ohne Briefmarken, denn die wurden erstmals im Mai 1840 in Großbritannien ausgegeben. Unverwechselbare brasilianische Ausgaben Drei Jahre später folgte Brasilien: Der Kaiser legte einheit liche Portosätze für das gesamte Land fest und ver fügte die Herausgabe von Briefmarken. Am 1. August 1843 erschienen drei großformatige Marken, die die Wertziffern 30, 60 und 90 als einziges Motiv in einem mit feiner Hintergrundzeichnung ausgefüllten Oval zeigen. Dieser eigenwilligen Gestaltung des Hintergrunds verdanken Brasiliens erste Marken die Bezeichnung »Ochsenaugen«. Auf weitere Angaben, wie eine Währungsbezeichnung oder etwa den Landesnamen, wurde verzichtet, denn die Marken waren ausschließlich für das Inland bestimmt. Für eine halbe Unze Ge wicht (14 1 ⁄3 Gramm) betrug das Porto bei der Beför derung auf dem Landweg in ganz Brasilien 60 Reis; für jede weitere viertel Unze wurden 30 Reis fällig. Für den Seeweg galt der doppelte Tarifsatz. Drei Werte auf einem Druckbogen Gedruckt wurden die ersten Marken von der Wertpapierdruckerei in Rio de Janeiro auf verschiedenen Papier sorten, unter anderem auf dickem gelblichen oder – seltener – auf etwas dünnerem bläulich grauen Papier. In der ersten Auflage wurden alle drei Werte mit einer kombinierten Druckplatte hergestellt, bei der jeder der drei Werte in drei Reihen zu jeweils sechs Marken angeordnet war. Voneinander getrennt waren diese Wertstufeneinheiten nur durch jeweils schmale Zwischenstege. Da diese kombinierten Druckbogen am Schalter in die drei 18er-Bogen getrennt werden mussten, wurden nur in ganz seltenen Fällen senk rechte Einheiten unterschiedlicher Werte verwendet. So kennt man bis heute nur zwei Streifen, die sowohl Eine Weltrarität ist der nach einem seiner Vorbesitzer, Charles Lathrop Pack, benannte »Pack Strip«, der aus zwei 30- und einer 60-Reis-Marke besteht. 10 postfrisch 4.2013

Klassiker PHILATELIE DER SPITZEN- KLASSE Shop Die als »Ziegenaugen« bekannte zweite Ausgabe erschien nur elf Monate nach den »Ochsenaugen«. Sonderpreis 29,90 €* Ab September 1849 folgte die als »Katzenaugen« bekannte dritte Ausgabe Brasiliens. Exemplare der 30-Reis- als auch der 60-Reis-Marke in einem Stück aufweisen. Diese gehören wie der legendäre »Pack Strip« zu den größten Raritäten der Brasilien-Philatelie. Als nach nur elf Monaten die Produktion der »Ochsenaugen« eingestellt wurde, waren rund 3 Millionen Exemplare gedruckt. Mit ca. 1,5 Millionen Exemplaren war der 60-Reis-Wert die häufigste, mit 350.000 Stück der 90-Reis-Wert die seltenste Marke. Der Restbestand am Ende der Ausgabezeit von insgesamt 470.000 Marken wurde im Juni 1846 unter offizieller Aufsicht verbrannt. Unge brauchte Stücke sind demzufolge wesentlich seltener als gestempelte Marken. Aber auch diese sind nur in relativ kleiner Stückzahl erhalten, denn damals klebte man die Marke häufig nicht auf die Vorder seite des Briefes, sondern als eine Art Briefverschlussmarke auf die Rückseite. Beim Öffnen des Briefes wurden die Marken also oft zerstört. »Ziegenaugen« mit neuen Wertstufen Dass die schönen Marken schon nach knapp einem Jahr ersetzt wurden, hatte gleich mehrere Gründe: Man hatte festgestellt, dass sie leicht vom Brief zu lösen waren und dank der guten Papierqualität und der oft nur schlecht erkennbaren Entwertung mehrfach verwendet wurden. Dünneres Papier und ein besserer Klebstoff der nachfolgenden Serie sollten diesen Missbrauch verhindern. Zudem nahmen die »Ochsenaugen« bei Postsendungen mit hohem Porto einfach zu viel Platz ein. So kostete beispielsweise ein Brief von zweieinhalb Unzen (ca. 71,5 Gramm) auf dem See weg bereits 600 Reis, bei kombinierter Landund Seebeförderung sogar 900 Reis. Ab 1. Juli 1844 kamen daher die sogenannten »Ziegen augen« mit neuen, höheren Wertstufen bis 600 Reis heraus. Vier Jahre darauf erschien – ebenfalls mit den Werten von 10 bis 600 Reis – die dritte Freimarkenserie Brasiliens, schnell bekannt als »Katzen augen«. Sie hatte länger Bestand: Erst 1866 gab es im Kaiserreich Briefmarken, die Kaiser Dom Pedro II. und erstmals die Landesbezeichnung zeigen. Die Buchedition »Schätze der Philatelie« bietet Ihnen auf 280 Seiten interessante Artikel zu verschiedenen philatelistischen Themengebieten sowie Abbildungen großartiger Belege und Briefmarken. Bestellbar mit der Postkarte am Heftende *Endpreis inkl. gesetzl. USt. Die erste brasilianische Marke mit Porträt (Brasilien MiNr. 23) Brasilien erinnerte 1993 an seine 150-jährige Briefmarkengeschichte mit Marken, die »Ochsenaugen« zeigen (MiNr. 2526–2528). Brief von Montevideo (Uruguay) nach Rio Grande (USA) von 1844. Der Brief wurde u.a. per Schiffspost transportiert, wofür er die passende Frankatur von 120 Reis trägt: ein Pärchen der 60-Reis-Ochsenaugen. Mexiko MiNr. 2351 Bolivien MiNr. 1192 postfrisch 4.2013 11

170 Jahre Briefmarken in Brasilien<br />

Ochsen-, Ziegenund<br />

Katzenaugen<br />

Kaiser Dom Pedro II. (1825–1891)<br />

Die brasilianischen »Ochsenaugen« gehören zu den Briefmarkenausgaben aus Übersee, die einen<br />

geradezu legendären Ruf genießen. Sie begeistern seit 170 Jahren nicht nur Philatelisten und sind so<br />

begehrt wie die »Blaue Mauritius«, die »1 Cent British Guyana« oder die »Missionare« von Hawaii.<br />

N<br />

achdem Brasiliens Kaiser Dom Pedro I. 1822<br />

die Unabhängigkeit seines Landes von Portugal<br />

ausgerufen hatte, war die Führungselite Brasiliens<br />

sehr an dem wirtschaftlichen Aufschwung des großen<br />

Landes interessiert. Daran änderte sich auch nichts,<br />

als er auf Druck des Parlaments abdanken musste<br />

und sein Sohn Pedro mit gerade einmal fünf Jahren<br />

als Nachfolger ausgerufen wurde. Im Gegenteil: Um<br />

uneingeschränkt regieren zu können, wurde er 1840<br />

im zarten Alter von nur 14 Jahren für volljährig<br />

erklärt und im darauffolgenden Jahr zum Kaiser Dom<br />

Pedro II. gekrönt. Zudem wurde der Bedeutung des<br />

<strong>Post</strong>wesens für den damals hoch verschuldeten Staat<br />

durch eine Reihe kaiserlicher Verordnungen<br />

Rechnung getragen. Das riesige Land war vor<br />

allem an der Küste erschlossen, und in mehr als<br />

300 <strong>Post</strong>ämtern wurden Briefe gestempelt –<br />

allerdings noch ohne Briefmarken, denn die<br />

wurden erstmals im Mai 1840 in Großbritannien<br />

ausgegeben.<br />

Unverwechselbare brasilianische Ausgaben<br />

Drei Jahre später folgte Brasilien: Der Kaiser<br />

legte einheit liche Portosätze für das gesamte<br />

Land fest und ver fügte die Herausgabe von<br />

Briefmarken. Am 1. <strong>August</strong> 1843 erschienen<br />

drei großformatige Marken, die die Wertziffern<br />

30, 60 und 90 als einziges Motiv in einem mit<br />

feiner Hintergrundzeichnung ausgefüllten Oval<br />

zeigen. Dieser eigenwilligen Gestaltung des<br />

Hintergrunds verdanken Brasiliens erste Marken die<br />

Bezeichnung »Ochsenaugen«. Auf weitere Angaben,<br />

wie eine Währungsbezeichnung oder etwa den Landesnamen,<br />

wurde verzichtet, denn die Marken waren ausschließlich<br />

für das Inland bestimmt. Für eine halbe<br />

Unze Ge wicht (14 1 ⁄3 Gramm) betrug das Porto bei der<br />

Beför derung auf dem Landweg in ganz Brasilien<br />

60 Reis; für jede weitere viertel Unze wurden 30 Reis<br />

fällig. Für den Seeweg galt der doppelte Tarifsatz.<br />

Drei Werte auf einem Druckbogen<br />

Gedruckt wurden die ersten Marken von der Wertpapierdruckerei<br />

in Rio de Janeiro auf verschiedenen<br />

Papier sorten, unter anderem auf dickem<br />

gelblichen oder – seltener – auf etwas<br />

dünnerem bläulich grauen Papier. In<br />

der ersten Auflage wurden alle drei<br />

Werte mit einer kombinierten Druckplatte<br />

hergestellt, bei der jeder der drei<br />

Werte in drei Reihen zu jeweils sechs<br />

Marken angeordnet war. Voneinander<br />

getrennt waren diese Wertstufeneinheiten<br />

nur durch jeweils schmale Zwischenstege.<br />

Da diese kombinierten<br />

Druckbogen am Schalter in die drei<br />

18er-Bogen getrennt werden mussten,<br />

wurden nur in ganz seltenen Fällen<br />

senk rechte Einheiten unterschiedlicher<br />

Werte verwendet. So kennt man bis<br />

heute nur zwei Streifen, die sowohl<br />

Eine Weltrarität ist der nach einem seiner<br />

Vorbesitzer, Charles Lathrop Pack, benannte<br />

»Pack Strip«, der aus zwei 30- und einer<br />

60-Reis-Marke besteht.<br />

10 postfrisch 4.<strong>2013</strong>

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