Schreiben vom 2. September 2013 - DSAG

Schreiben vom 2. September 2013 - DSAG Schreiben vom 2. September 2013 - DSAG

26.12.2013 Aufrufe

Bundesministerium der Finanzen Herrn Ministerialdirigent Dr. Hans-Ulrich Misera Unterabteilungsleiter IV A 11016 Berlin vorab per E-Mail: ulrich.misera@bmf.bund.de Walldorf, 02.09.2013 Stellungnahme zum BMF-Entwurf "Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)" (Stand 26. Juni 2013) Sehr geehrter Herr Dr. Misera, die DSAG Deutschsprachige Anwendergruppe e.V. vertreten durch den AK Steuern/die AG GDPdU begrüßt es sehr, dass der BMF mit dem o.g. neuen Entwurf einen weiteren Versuch unternimmt auf die breite Kritik, welche die Wirtschaft, Verbände und Hochschulen gegenüber dem ersten Entwurf vorgebracht haben, zu reagieren. Aus unserer Sicht enthält der zweite Entwurf aber überwiegend nur redaktionelle Änderungen. Unter der Berücksichtigung, dass es im zweiten Entwurf Verbesserungen gegenüber dem Ersten gibt (z.B. Stichworte "Wegfall der Definition steuerrelevante Daten (Tz. 1, Rz. 2), Wegfall der Verschärfung beim vollständigen Belegnachweis (Tz. 3.1, Tz. 33) und Kontierung i.S.d. Erfüllung der Belegfunktion (Tz. 4, Rz. 65)") sind aber viele grundsätzliche Kritikpunkte, die u.a.

Bundesministerium der Finanzen<br />

Herrn Ministerialdirigent<br />

Dr. Hans-Ulrich Misera<br />

Unterabteilungsleiter IV A<br />

11016 Berlin<br />

vorab per E-Mail:<br />

ulrich.misera@bmf.bund.de<br />

Walldorf, 0<strong>2.</strong>09.<strong>2013</strong><br />

Stellungnahme zum BMF-Entwurf "Grundsätze zur ordnungsmäßigen<br />

Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen<br />

und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff<br />

(GoBD)"<br />

(Stand 26. Juni <strong>2013</strong>)<br />

Sehr geehrter Herr Dr. Misera,<br />

die <strong>DSAG</strong> Deutschsprachige Anwendergruppe e.V. vertreten durch<br />

den AK Steuern/die AG GDPdU begrüßt es sehr, dass der BMF mit<br />

dem o.g. neuen Entwurf einen weiteren Versuch unternimmt auf die<br />

breite Kritik, welche die Wirtschaft, Verbände und Hochschulen gegenüber<br />

dem ersten Entwurf vorgebracht haben, zu reagieren. Aus<br />

unserer Sicht enthält der zweite Entwurf aber überwiegend nur redaktionelle<br />

Änderungen. Unter der Berücksichtigung, dass es im<br />

zweiten Entwurf Verbesserungen gegenüber dem Ersten gibt (z.B.<br />

Stichworte "Wegfall der Definition steuerrelevante Daten (Tz. 1, Rz.<br />

2), Wegfall der Verschärfung beim vollständigen Belegnachweis<br />

(Tz. 3.1, Tz. 33) und Kontierung i.S.d. Erfüllung der Belegfunktion<br />

(Tz. 4, Rz. 65)") sind aber viele grundsätzliche Kritikpunkte, die u.a.


auch in unserer ersten Stellungnahme vorgebracht wurden, nicht<br />

aufgegriffen worden. Faktisch bleiben damit fast alle bisher vorgebrachten<br />

Kritikpunkte in fachlicher Hinsicht weiter bestehen (vgl.<br />

dazu die anhängende Anlage "Zum Entwurf des BMF-<strong>Schreiben</strong>s<br />

im Einzelnen"). Vor diesem Hintergrund sieht der AK Steuern / die<br />

AG GDPdU auf Basis des vorliegenden zweiten Entwurfs weiterhin<br />

und unverändert dringenden Bedarf für eine grundsätzliche Überarbeitung.<br />

Die Zeit sollte sich dafür genommen werden. Wir halten<br />

deshalb an unserem in unserer ersten Stellungnahme vorgetragenen<br />

Vorschlag fest, dass der BMF im Vorfeld des Entwurfes eine<br />

Expertengruppe aus Vertretern der Finanzverwaltung und der Wirtschaft<br />

wie im Fall der E-Bilanz mit Fach AG Taxonomie Steuer ins<br />

Leben rufen sollte. Diese Expertengruppe solle sowohl aus Vertretern<br />

der Finanzverwaltung, Vertretern der Wirtschaftsverbände und<br />

Vertretern namhafter Softwarehäuser, die die Vorgaben technisch<br />

umzusetzen haben, zusammensetzen.<br />

Wir begrüßen in diesem Zusammenhang zwar Ihre Einladung <strong>vom</strong><br />

26. Juni <strong>2013</strong> zu einem Fachgespräch am 1<strong>2.</strong> und 13. <strong>September</strong><br />

<strong>2013</strong> an wohl ausgewählte Verbände, finden es aber schade, dass<br />

Verbände, die einen solchen Vorschlag in ihrer ersten Stellungnahme<br />

formuliert haben, nicht berücksichtigt wurden.<br />

Unabhängig davon steht der AK Steuern / die AG GDPdU der<br />

<strong>DSAG</strong> e.V. auch weiterhin für eine Arbeitsgruppe im o.g. Sinne<br />

bzw. für solche Fachgespräche - nicht zuletzt im Interesse Ihrer<br />

Mitglieder - gerne jederzeit zur Verfügung. Wir würden als Vertreter<br />

Herrn Rolf Andres (stellvertretenden Sprecher der AG GDPdU) und<br />

Herrn Henning Burlein (Sprecher des AK Steuern und der AG<br />

GDPdU) benennen. Über eine Einladung wurden wir uns sehr freuen.<br />

Wir bitten Sie, außerdem unsere in der Anlage dargestellten Hinweise<br />

und Forderungen (angepasst an den zweiten Entwurf) in den<br />

weiteren Beratungsprozess innerhalb der Finanzverwaltung sowie<br />

beim o.g. Fachgespräch am 1<strong>2.</strong> und 13. <strong>September</strong> <strong>2013</strong> mit einzubeziehen<br />

und für eine weitere Überarbeitung des BMF-Entwurfs<br />

GoBD zu berücksichtigen.


Gerne sind wir bereit - wie bereits oben erwähnt - unsere Stellungnahme<br />

detailliert in mündlicher Form zu erläutern.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Henning Burlein<br />

<strong>DSAG</strong> e.V., Sprecher AK Steuern<br />

Albert Kraus<br />

<strong>DSAG</strong> e.V., Stellv. Sprecher AK Steuern<br />

Anlage


Anlage:<br />

Zum Entwurf des BMF-<strong>Schreiben</strong>s im Einzelnen<br />

Allgemeine Anmerkungen<br />

Wir halten auch nach dem zweiten Entwurf daran fest, dass viele<br />

Anforderungen im GoBD-Entwurf auf die kleinen und mittleren Unternehmen<br />

und den Anforderungen an deren IT-Landschaft allein<br />

aus Sicht der deutschen Finanzverwaltung zugeschnitten sind. Leider<br />

sind im zweiten Entwurf weiterhin die Anforderungen an von<br />

KMU eingesetzten Buchführungssytemen auf der einen Seite und<br />

von größeren Mittelstandsunternehmen/Großunternehmen eingesetzten<br />

Buchhaltungssystemen auf der anderen Seite, die meistens<br />

das Herz von sogenannten ERP-Systemen bilden, im entsprechenden<br />

Verhältnis nicht berücksichtigt.<br />

Als Beispiel hierfür ist unter Tz. 4.3., Tz. 77, (Erfassungsgerechte<br />

Aufbereitung der Buchungsbelege) hinsichtlich der Bezeichnung<br />

"Buchungstext" unter Anführung der beiden BFH-Urteile aus den<br />

60-ziger Jahren mit dem Hinweis "Hinreichende Erläuterung des<br />

Geschäftsvorfalls" zu nennen. Hier wäre es begrüßenswert, wenn<br />

anhand eines Beispiels dieser Nachweis in Bezug auf die eingesetzte<br />

IT bei einem kleinen Unternehmen sowie in Bezug auf die<br />

eingesetzte IT bei einem Großunternehmen dargestellt würde. Die<br />

(nahezu) ausschließliche Bezugnahme auf KMU ohne die notwenige<br />

Berücksichtigung der Belange bzw. Gegebenheiten von Mittelstandsunternehmen<br />

und Großunternehmen ist an vielen weiteren<br />

Stellen in den GoBD klar erkennbar.<br />

Die GoBD berücksichtigen - auch nach den dem zweiten Entwurf -<br />

an vielen Stellen selektiv die für die Finanzverwaltung wichtigen<br />

Details, lassen aber an anderen Stellen wichtige Elemente, die für<br />

die deutsche Wirtschaft von erheblicher Bedeutung sind, außen vor<br />

bzw. behandeln diese nur oberflächlich oder an verstreuten Stellen<br />

(z.B. Hinweise und Konkretisierungen zur Verfahrensdokumentation,<br />

Organisation und Sicherheit des IT-gestützten Buchführungssystems).<br />

Von der Wirtschaft erwartete Konkretisierungen für das Verständnis<br />

und die Umsetzung der GoBD bleiben aus. Ergänzende Hilfestellungen<br />

– wie z.B. ein Glossar, das zur Rechtssicherheit bzw. zur


Verständlichkeit der Begrifflichkeiten beitragen könnte – werden<br />

nicht gegeben.<br />

Auch der zweite Entwurf gibt - nach wie vor - Auffassungen der Finanzverwaltung<br />

wieder, die zu einer deutlichen Verschärfung gegenüber<br />

den bisherigen Regelungen führen. In sehr grundsätzlicher<br />

Art erfolgt dies in folgenden Formulierungen:<br />

1) Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung Tz. 1.4, Rz. 19<br />

„Materiell ordnungsmäßig sind Bücher und Aufzeichnungen<br />

nur dann, wenn alle Geschäftsvorfälle nachvollziehbar, vollständig<br />

und richtig in ihrer Auswirkung erfasst und anschließend<br />

verbucht bzw. verarbeitet sind.“<br />

2) Zeitgerechtheit<br />

Tz. 3.<strong>2.</strong>3, Rz. 48 „Jede nicht durch die Verhältnisse des Betriebs<br />

oder des Geschäftsvorfalls zwingend bedingte Zeitspanne<br />

zwischen dem Eintritt des Vorganges und seiner laufenden,<br />

grundbuchmäßigen Erfassung ist bedenklich. Länger<br />

als etwa zehn Tage darf ein Geschäftsvorfall grundsätzlich<br />

grundbuchmäßig nicht unerfasst bleiben.“<br />

3) Verfahrensdokumentation<br />

Tz. 10.1, Rz. 154 „Soweit eine fehlende oder ungenügende<br />

Verfahrensdokumentation die Nachvollziehbarkeit und<br />

Nachprüfbarkeit beeinträchtigt, liegt ein formeller Mangel mit<br />

sachlichem Gewicht vor, der zum Verwerfen der Buchführung<br />

führen kann.“<br />

Anmerkung: Dies steht in Widerspruch zu § 158 AO nach<br />

dem die Buchführung der Besteuerung zugrunde zu legen<br />

ist, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass<br />

besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden.<br />

Diese Verschärfung ist aus Sicht der Mitglieder der <strong>DSAG</strong> e.V. unverhältnismäßig<br />

und geht an der Praxis vorbei.<br />

Zum Begriff "steuerrelevante Daten"<br />

Der Begriff war in den bisherigen Grundsätzen zum Datenzugriff<br />

und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) <strong>vom</strong> 16.07.2001


unter I., 1. deutlich definiert. Dies betrifft auch die Aussagen, welche<br />

Daten in einem DV-System steuerrelevant sind (Finanz- Anlagen<br />

und Lohnbuchhaltung) und dass in anderen Bereichen des DV-<br />

Systems der Steuerpflichtige die steuerrelevanten Daten ggf. zu<br />

verifizieren hat.<br />

Es ist zu begrüßen, dass unter Tz. 1. (Anwendungsbereich), Rz. 2,<br />

der im ersten Entwurf neudefinierte Begriffsversuch wieder zurückgenommen<br />

wurde. Dies ändert aber nichts daran, dass die Deutlichkeit<br />

der Begriffsdefinition aus dem o.g. GDPdU-<strong>Schreiben</strong> -<br />

nach wie vor – verloren gegangen ist. Das Qualifikationsrecht des<br />

Steuerpflichtigen wird zwar in Rz. 5 ansatzweise genannt aber nur<br />

im Bezug auf die außersteuerlichen und steuerlichen aufbewahrungspflichtigen<br />

Unterlagen. Unter 1.5 (Datenverarbeitungssystem,...),<br />

Rz. 20, wird definiert, welche Verfahren aus Sicht der Finanzverwaltung<br />

zu einem DV-System gehören. Unter 11.1 (Umfang<br />

und Ausübung des Rechts auf Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 AO),<br />

Rz. 157, werden die nach außensteuerlichen und steuerlichen Vorschriften<br />

aufzeichnungspflichtigen und die nach § 147 Abs. 1 AO<br />

aufbewahrungspflichtigen Unterlagen als Gegenstand der Prüfung<br />

benannt, wobei im zweiten Entwurf der Bezug der vor- und nachgelagerten<br />

Systeme auf die zuvor aufgeführten Daten der Finanzbuchhaltung,<br />

der Anlagenbuchhaltung und Lohnbuchhaltung dadurch<br />

ersetzt wird, dass jetzt die Daten aller Vor- und Nebensysteme<br />

für den Datenzugriff bereitzustellen sind. Dies ist führt zu einer<br />

weiteren Verunsicherung hinsichtlich des Begriffes "steuerrelevante<br />

Daten" bei den betroffenen Steuerpflichtigen.<br />

An keiner dieser genannten Stellen im Entwurf wird eingegrenzt,<br />

dass dies nur in der Art und Weise gilt, soweit es sich um steuerrelevante<br />

Daten handelt. Nicht alles, was nach außersteuerlichen<br />

Vorschriften aufbewahrungspflichtig ist, ist steuerrelevant. Nicht alle<br />

Daten z.B. eines Archivsystems und eines Vertriebs-<br />

/Logistiksystems sind steuerrelevant. Nicht alle Daten eines Verfahrens<br />

sind vollumfänglich für den Datenzugriff zur Verfügung zu stellen,<br />

nur weil eine Teilmenge davon steuerrelevant ist.<br />

Petitum: Rückkehr zur deutlichen Formulierung des Begriffs steuerrelevante<br />

Daten aus dem BMF-<strong>Schreiben</strong> <strong>vom</strong> 16.07.2001.


Zu Tz. 3.<strong>2.</strong>1 Vollständigkeit (Grundbuch und Journal), Rz. 42<br />

Die Unterscheidung zwischen Grundbuch und Journal ist nach unserer<br />

Kenntnis in heutigen Buchhaltungssystemen in dieser Form<br />

nicht vorhanden.<br />

Petitum: Anpassung an die heute verwendete Buchhaltungssystematik.<br />

Zu Tz. 4.3 Erfassungsgerechte Aufbereitung der Buchungsbelege,<br />

Rz. 77<br />

Nach Rz. 77 muss jeder Geschäftsvorfall mit einem Buchungstext<br />

versehen werden. Dies halten wir für eine überzogene und nicht<br />

praxistaugliche Forderung. Bei automatisch erzeugten Buchungen<br />

ist in der Regel kein sprechender Buchungstext vorhanden. Aufgrund<br />

der Systemeinstellungen lässt sich die erfolgte Buchung jedoch<br />

nachvollziehen. Gleiches gilt für Buchungen, bei denen im<br />

Wege einer Verknüpfung der zugrunde liegende Beleg angezeigt<br />

werden kann oder wenn durch Verknüpfung auf andere Bereiche<br />

des Datenverarbeitungssystems eine Erläuterung der Buchung erfolgt.<br />

Petitum: Anpassung der Regelung an die heutigen technischen<br />

Gegebenheiten bei Buchhaltungssystemen.<br />

Zu Tz. 4.4 Besonderheiten, Rz. 81<br />

Der zweite GoBD-Entwurf ist bei Dauersachverhalten dahingehend<br />

geändert worden, dass nach Rz. 81 die Aufbewahrungsfrist des<br />

Anschaffungsbeleges erst mit Ablauf der steuerlichen Nutzungsdauer<br />

beginnt. Damit wird die Aufbewahrungsfrist gegenüber dem<br />

ersten Entwurf nochmals verlängert. Hier ist nach wie vor unklar, ob<br />

es sich um den erstmals bei Buchung der Anschaffung zugrunde<br />

gelegten Beleg über den Kauf eines Wirtschaftsgutes handelt oder<br />

ob es die erstmalige Buchung ist. Welcher Beleg soll aufbewahrt<br />

werden? Hier handelt es sich um keine Frage der elektronischen<br />

Buchhaltung. Es besteht auch keine Notwendigkeit für eine solch


lange Aufbewahrungspflicht. Die Anschaffung konnte oder ist in den<br />

Vorjahren geprüft worden.<br />

Petitum: Streichung dieser Verschärfung.<br />

Zu Tz. 5.1/5.2 Differenzierung von Grundbuch und Journal<br />

Der Entwurf unterscheidet in einer eigenen Tz. 5.1 bei der Erfassung<br />

der Geschäftsvorfälle zwischen Grundaufzeichnungen oder<br />

dem Grundbuch einerseits und der Verbuchung im Journal andererseits<br />

(Journalfunktion). Diese Trennung zwischen Grundbuch<br />

und Journal ist zumindest in den heutigen Buchhaltungssystemen<br />

so nicht mehr gegeben.<br />

Petitum: Die Trennung sollte auch an dieser Stelle bei der Überarbeitung<br />

beseitigt werden (vgl. auch Ausführungen zu Tz. 3.<strong>2.</strong>1).<br />

Zu Tz. 9.1 Maschinelle Auswertbarkeit, Rz. 123<br />

Tz. 9.1, Rz. 123, Art und Umfang der maschinellen Auswertbarkeit<br />

sind nach tatsächlichen Informations- und Dokumentationsmöglichkeiten<br />

zu beurteilen.<br />

Die durch den zweiten Entwurf eingeführte Rz. 123 führt u.E. zu<br />

nicht mehr Rechts- und Auslegungssicherheit, auch wenn Rz. 124<br />

zu diesem Beurteilungsmaßstab für die maschinelle Auswertbarkeit<br />

nicht abschließende Beispiele aufführt.<br />

Im Zweifelsfall wirft die Rz. 123 mehr Fragen auf, als dass sie zur<br />

Sicherheit beiträgt, was die Finanzverwaltung unter maschineller<br />

Auswertbarkeit versteht.<br />

Petitum: Streichung der Rz. 123.<br />

Zu Tz. 9.2 Elektronische Aufbewahrung, Rz. 129<br />

Tz. 9.2, Rz. 129, Satz 1 „Eingehende elektronische Handels- oder<br />

Geschäftsbriefe müssen in dem Format aufbewahrt werden, in dem


sie empfangen wurden (z.B. Rechnungen oder Kontoauszüge in<br />

PDF- oder Bildformat).“<br />

Die durch den zweiten Entwurf vorgenommene Einführung des<br />

Klammerzusatzes "z.B. Rechnungen oder Kontoauszüge in PDFoder<br />

Bildformat" ändert nichts an der bisher vorgebrachten Kritik.<br />

Das BMF geht - nach wie vor - davon aus, dass elektronische Dokumente<br />

jeglicher Formate über die Dauer der Aufbewahrungsfristen<br />

jederzeit lesbar bzw. ausgewertet werden können. Aus heutiger<br />

Sicht kann nicht gewährleistet werden, dass diese proprietären Dokumente<br />

bzw. proprietären Formate über einen längeren Aufbewahrungszeitraum<br />

hinweg korrekt reproduziert bzw. maschinell ausgewertet<br />

werden können. Schon heute wandeln die Unternehmen solche<br />

properitären Formate in Bildformate, wie z. B. TIF- oder PDF-<br />

Dateien, um, da nur solche Formate die Unveränderbarkeit und<br />

Reproduzierbarkeit über einen längeren Zeitraum hinweg gewährleisten.<br />

Petitum: Eingehende elektronische Handels- oder Geschäftsbriefe<br />

können in elektronischen Standardformaten (z. B. TIF- oder PDF-<br />

Dateien) umgewandelt und aufbewahrt werden.<br />

Zu Tz. 9.4 Auslagerung von Daten aus dem Produktivsystem<br />

und Systemwechsel, Rz. 140 u. Rz. 141<br />

Tz. 9.4, Rz. 140, Nr.2 „Das neue System, das Archivsystem oder<br />

das andere System muss in quantitativer und qualitativer Hinsicht<br />

die gleichen Auswertungen ermöglichen, als wären die aufzeichnungs-<br />

und aufbewahrungspflichtigen Daten noch im Produktivsystem.“<br />

Bei Unternehmen mit großen Datenaufkommen besteht die Notwendigkeit<br />

zur Aufrechterhaltung eines performanten Tagesbetriebes,<br />

die aktiven Datenbanken des Produktivsystems in kurzen Zeitintervallen<br />

zu entlasten und diese Daten in ein Archivsystem zu<br />

überführen. Für Unternehmen, die z. B. SAP als Buchführungssystem<br />

im Einsatz haben, existieren keine Archivsysteme, die die<br />

quantitativen und qualitativen Auswertungen des zu entlastenden<br />

SAP-Systems beinhalten.


Petitum: Die Finanzverwaltung sollte berücksichtigen, dass bei einer<br />

notwendigen Entlastung der Datenbanken des Buchhaltungssystems<br />

nur eine eingeschränkte Möglichkeit des unmittelbaren<br />

Datenzugriffs sowie des mittelbaren Datenzugriffs zur Verfügung<br />

gestellt werden kann.<br />

Tz. 9.4, Rz. 141 „Andernfalls ist die ursprüngliche Hard- und Software<br />

des Produktivsystems – neben den aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen<br />

Daten – über die Dauer der Aufbewahrungsfrist<br />

vorzuhalten.“<br />

Die durchschnittliche Nutzungsdauer von Buchführungssystemen<br />

nimmt stetig ab. Dieser Umstand beruht auf betriebsbedingte Notwendigkeiten<br />

(z.B. konzernweite Umstellung/Vereinheitlichung von<br />

Hard- und Software, Kauf oder Verkauf von Betrieben bzw. Teilbetrieben<br />

und Verschmelzungen bzw. Abspaltungen), vorgegebene<br />

Lizenz- und Vertragspolitik sowie gesetzliche Erfordernisse. Die<br />

Regelung in Tz. 9.4, Rz. 141 bedeutet für die Unternehmen, dass<br />

die abgelösten Altsysteme für die Dauer der Aufbewahrungsfrist<br />

vorzuhalten sind. Unabhängig den enormen Kosten des Vorhaltens<br />

dieser Altsysteme wird zusätzliches Fachpersonal benötigt, welches<br />

die Altsysteme noch bedienen und warten kann. Des Weiteren<br />

muss bezweifelt werden, ob für die jeweilige Hardware über die<br />

Empfehlungen des Lieferanten bzw. Herstellers hinaus noch eine<br />

entsprechende lauffähige Betriebssystem-Software jederzeit vorgehalten<br />

werden kann.<br />

Petitum: Das Vorhalten und Aufbewahren alter Hard- und Software<br />

führt zu einem enormen Bürokratiekostenaufbau und ist unverhältnismäßig.<br />

Die Möglichkeit der Überlassung der Daten auf maschinell<br />

auswertbaren Datenträgern durch die Unternehmen sollte in<br />

diesen Fällen ausreichend sein. Der Hinweis auf die Bewilligung<br />

von Erleichterungen nach § 148 AO ist in der Praxis weder praktikabel<br />

noch hilfreich und führt auch nicht zu der erforderlichen<br />

Rechtssicherheit.


Zu Tz. 11.1 Umfang und Ausübung des Rechts auf Datenzugriff<br />

nach § 147 Abs. 6 AO, Rz. 159<br />

Tz. 11.1, Rz. 159, Satz 2 „Dazu gehört auch ein Überblick über alle<br />

im DV-System vorhandenen Informationen (z. B. Beschreibungen<br />

zu Tabellen, Feldern, Verknüpfungen und Auswertungen)“<br />

Unternehmen setzen, u. a. auch aufgrund zunehmender gesetzlicher<br />

Anforderungen, hochkomplexe Buchhaltungssysteme ein. Diese<br />

hochkomplexen Buchhaltungssysteme enthalten eine Vielzahl<br />

von Tabellen und Feldern. Beispielsweise umfasst ein SAP ERP--<br />

System im Standard fast 100.000 Tabellen. Je nach Aufbau und<br />

Struktur können es mehr als 150.000 Tabellen sein. Lt. Finanzverwaltung<br />

soll eine Beschreibung dieser Tabellen Bestandteil der Verfahrensdokumentation<br />

sein.<br />

Petitum: Die von der Finanzverwaltung geforderte Verfahrensdokumentation<br />

ist nicht umsetzbar. Der Satz „Dazu gehört auch ein<br />

Überblick über alle im DV-System vorhandenen Informationen (z. B.<br />

Beschreibungen zu Tabellen, Feldern, Verknüpfungen und Auswertungen)“<br />

ist zu streichen.<br />

Tz. 11.1, Rz. 162, Nr. 3, Abs. 2 „Die Datenträgerüberlassung umfasst<br />

die Mitnahme der Daten aus der Sphäre des Steuerpflichtigen.“<br />

Bei der Datenträgerüberlassung werden der Außenprüfung in der<br />

Regel die kompletten steuerrelevanten Daten des Buchhaltungssystems<br />

auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung<br />

gestellt. Diese Daten werden in der Regel zur Analyse auf die<br />

Festplatte der Laptops der Finanzverwaltung importiert. Wenn nach<br />

Import der Daten diese Laptops die Sphäre des Steuerpflichtigen<br />

verlässt, besteht einerseits die Gefahr, dass die Laptops entwendet<br />

werden und die umfangreichen Daten in die Hände eines unbefugten<br />

Dritten gelangen. Solche Computerverluste hat es in der<br />

Vergangenheit nicht selten gegeben (Computerverluste in<br />

Bundesbehörden, Drucksache 16/8673 <strong>vom</strong> 16.04.2008). Andererseits<br />

kann trotz bestehender Sicherungsmaßnahmen nicht gänzlich<br />

ausgeschlossen werden, dass bei einer Kopplung des Laptops<br />

der Finanzverwaltung an ein Netzwerk durch Angriffe von außen (z.


B. Virenbefall, etc.) Zugriffe auf die Daten des Steuerpflichtigen<br />

stattfinden. Dieser Verlust der Daten des Steuerpflichtigen kann zu<br />

einem erheblichen Schaden für das Unternehmen führen.<br />

Lt. § 200 Abs. 2 AO findet die Vorlage und Prüfung von Unterlagen<br />

in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen statt. Nur wenn kein<br />

geeigneter Geschäftsraum vorhanden ist, kann die Prüfung der Daten<br />

im Finanzamt durchgeführt werden.<br />

Petitum: Werden den Außenprüfungen geeignete Geschäftsräume<br />

zur Verfügung gestellt, verbleiben die Daten des Steuerpflichtigen<br />

in den Räumen der Gesellschaft. Zur Analyse und Aufbewahrung<br />

der Daten können beispielsweise USB-Festplatten eingesetzt werden,<br />

die <strong>vom</strong> Steuerpflichtigen für den Außenprüfungszeitraum zur<br />

Verfügung gestellt werden. Die Übernahme der zu prüfenden Daten<br />

auf die Festplatte der Betriebsprüfung ist somit nicht notwendig.<br />

Eine Mitnahme von Daten aus der Sphäre des Steuerpflichtigen<br />

sollte nur mit Zustimmung des Steuerpflichtigen erfolgen.<br />

Zu Tz. 11.2 Umfang der Mitwirkungspflicht nach §§ 147 Abs. 6<br />

und 200 Abs. 1 Satz 2 AO, Rz. 167<br />

Tz. 11.2, Rz. 167, Nr. 1 Abs. 1, Sätze 3 u. 4 „Sie umfasst u. a. auch<br />

die Nutzung der im DV-System vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten<br />

(z. B. Filtern, Sortieren, Konsolidieren). Eine tatsächliche Installation<br />

oder Nutzung der Programmfunktionalitäten im Unternehmen<br />

ist nicht Voraussetzung.“<br />

Das BMF geht mit dieser Formulierung davon aus, dass jegliche<br />

Auswertungsmöglichkeiten eines Buchhaltungssystems auf „Knopfdruck“<br />

bereitgestellt werden können. Tatsächlich müssen viele zusätzliche<br />

Auswertungen, die zwar im System potenziell vorhanden<br />

sind, erst aufwendig (zeit- und kostenintensiv) für das Unternehmen<br />

angepasst (gecustomized) werden, damit diese sinnvoll genutzt<br />

werden können. Hier ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu<br />

berücksichtigen.<br />

Petitum: Mit „vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten“ können nur<br />

die Auswertungsmöglichkeiten gemeint sein, die tatsächlich <strong>vom</strong><br />

Unternehmen genutzt werden. Der Satz „Eine tatsächliche Installa-


tion oder Nutzung der Programmfunktionalitäten im Unternehmen<br />

ist nicht Voraussetzung.“ ist im Entwurf zu streichen.

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