Das neue Präsidium des BDSW - BDGW

Das neue Präsidium des BDSW - BDGW Das neue Präsidium des BDSW - BDGW

26.12.2013 Aufrufe

2 | 2013 Arbeitsrecht in Kürze Von Rechtsanwältin Cornelia Okpara Leiharbeitnehmer sind bei der Zahl der Betriebsratsmitglieder einzuberechnen Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sind in allen Betrieben Betriebsräte zu wählen, vorausgesetzt, der Betrieb weist eine bestimmte Mindestgröße auf. Dabei stellt das Gesetz keine hohen Anforderungen. Es reichen „in der Regel mindestens fünf ständige wahlberechtigte Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind“. Auch wenn diese Schwelle einmal überschritten ist, kommt es bei Betriebsratswahlen auf die Anzahl der Arbeitnehmer an. Denn je mehr Arbeitnehmer im Betrieb arbeiten, desto mehr Mitglieder muss der Betriebsrat haben. Hierzu enthält das Gesetz in § 9 BetrVG eine entsprechende Staffel. Bei einer Betriebsgröße von 101 bis 200 Arbeitnehmern besteht der Betriebsrat aus sieben Mitgliedern, bei einer Betriebsgröße von 201 bis 400 Arbeitnehmern aus neun Mitgliedern usw. Rechtlich umstritten ist, ob Leiharbeitnehmer an dieser Stelle mitzählen, d. h. ob eine hohe Anzahl von Leiharbeitnehmern zur Folge hat, dass mehr Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Dazu hat sich nun das Bundesarbeitsgericht geäußert. Im Streitfall ging es um eine Betriebsratswahl, die in einem gemeinsamen Betrieb zweier Unternehmen abgehalten wurde. In dem Betrieb waren 879 Stammarbeitnehmer beschäftigt und darüber hinaus regelmäßig 292 Leiharbeitnehmer. Hätte man die Leiharbeitnehmer mitgezählt, hätte sich eine Betriebsgröße von 1.171 Arbeitnehmern ergeben, so dass gemäß der Staffel des § 9 BetrVG ein Betriebsrat mit 15 Mitgliedern hätte gewählt werden müssen. Tatsächlich war aber nur ein aus 13 Mitgliedern bestehender Betriebsrat gewählt worden, was korrekt gewesen wäre, wenn man bei der Betriebsgröße nur die 879 Stammarbeitnehmer zählt. Damit wollten sich 14 Arbeitnehmer des Betriebs nicht abfinden und leiteten ein Wahlanfechtungsverfahren gemäß § 19 BetrVG ein. Damit hatten sie weder vor dem Arbeitsgericht Nürnberg (Beschluss vom 4. November 2010, 8 BV 81/10) noch vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg Erfolg (LAG Nürnberg, Beschluss vom 2. August 2011, 7 TaBV 66/10). Das BAG hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und gab den Antragstellern recht. Die Betriebsratswahl war damit wirksam angefochten worden und es muss ein neuer Betriebsrat gewählt werden, diesmal ein 15-köpfiger statt eines 13-köpfigen. In der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG heißt es zur Begründung: Der Siebte Senat des BAG hält an seiner bisherigen Rechtsprechung nicht fest. Künftig zählen in der Regel beschäftigte Leiharbeitnehmer bei den Schwellenwerten des § 9 BetrVG im Entleiherbetrieb mit. Dabei beruft sich das BAG auf eine „an Sinn und Zweck der Schwellenwerte orientierte Auslegung des Gesetzes“. Dahinter steht offenbar die Überlegung, dass viele Leiharbeitnehmer dem Betriebsrat auch viel Arbeit bescheren, und dass es eine entsprechend größere Anzahl von Betriebsratsmitgliedern daher notwendig Rechtsanwältin Cornelia Okpara ist als Geschäftsführerin des Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) zuständig für den Fachbereich Arbeitsrecht. ist. Außerdem verweist das BAG darauf, dass es nach dem Gesetz bei einer Betriebsgröße von mehr als 100 Arbeitnehmern auf die Wahlberechtigung der Leiharbeitnehmer gar nicht ankommt. Fazit: In Zukunft müssen Wahlen zum Betriebsrat so vorbereitet und durchgeführt werden, dass Leiharbeitnehmer bei der Feststellung der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder mitzählen. Andernfalls ist die Betriebsratswahl anfechtbar. Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13. März 2013, 7 ABR 69/11 24 Arbeit und Soziales

2 | 2013 Auskunftsanspruch einer abgelehnten Stellenbewerberin Ein abgelehnter Stellenbewerber hat gegen den Arbeitgeber keinen Anspruch auf Auskunft, ob dieser einen anderen Bewerber eingestellt hat. Die 1961 in der Russischen SSR geborene Klägerin hatte sich im Jahre 2006 auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle eines/ einer Softwareentwicklers/-in erfolglos beworben. Die Beklagte teilte ihr nicht mit, ob sie einen anderen Bewerber eingestellt hatte und gegebenenfalls, welche Kriterien für diese Entscheidung maßgeblich gewesen waren. Die Klägerin behauptet, sie habe die Voraussetzungen für die ausgeschriebene Stelle erfüllt und sei lediglich wegen ihres Geschlechts, ihres Alters und ihrer Herkunft nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und damit unter Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) diskriminiert worden. Sie hat von der Beklagten eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Einen Anspruch der Klägerin auf Auskunft gegen die Beklagte, ob diese einen anderen Bewerber eingestellt hat und gegebenenfalls aufgrund welcher Kriterien, sah der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts nach nationalem Recht nicht. Auf seine Vorlage an den EuGH hatte dieser mit Urteil vom 19. April 2012 (- C-415/10 -) entschieden, dass sich ein solcher Auskunftsanspruch auch nicht aufgrund des Gemeinschaftsrechts ergibt, die Verweigerung jedes Zugangs zu Informationen durch einen Arbeitgeber jedoch unter Umständen einen Gesichtspunkt darstellen kann, welcher beim Nachweis der Tatsachen heranzuziehen ist, die eine Diskriminierung vermuten lassen. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung des EuGH blieb die Entschädigungsklage vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg. Die Klägerin hat zwar auf ihr Geschlecht, ihr Alter und ihre Herkunft hingewiesen, jedoch keine ausreichenden Indizien dargelegt, welche eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen und die nach § 22 AGG zu einer Beweislast der Beklagten dafür führen würden, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat. Auch die Verweigerung jeglicher Auskunft durch die Beklagte begründete im Streitfalle nicht die Vermutung einer unzulässigen Benachteiligung der Klägerin i.S.d. § 7 AGG. Bundesarbeitsgericht Urteil vom 25. April 2013 – 8 AZR 287/0 ARBEIT UND SOZIALES 25

2 | 2013<br />

Arbeitsrecht in Kürze<br />

Von Rechtsanwältin Cornelia Okpara<br />

Leiharbeitnehmer sind bei der<br />

Zahl der Betriebsratsmitglieder<br />

einzuberechnen<br />

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz<br />

(BetrVG) sind in allen Betrieben<br />

Betriebsräte zu wählen, vorausgesetzt, der Betrieb<br />

weist eine bestimmte Min<strong>des</strong>tgröße auf.<br />

Dabei stellt das Gesetz keine hohen Anforderungen.<br />

Es reichen „in der Regel min<strong>des</strong>tens<br />

fünf ständige wahlberechtigte Arbeitnehmern,<br />

von denen drei wählbar sind“. Auch wenn<br />

diese Schwelle einmal überschritten ist, kommt<br />

es bei Betriebsratswahlen auf die Anzahl der<br />

Arbeitnehmer an. Denn je mehr Arbeitnehmer<br />

im Betrieb arbeiten, <strong>des</strong>to mehr Mitglieder<br />

muss der Betriebsrat haben. Hierzu enthält<br />

das Gesetz in § 9 BetrVG eine entsprechende<br />

Staffel. Bei einer Betriebsgröße von 101 bis<br />

200 Arbeitnehmern besteht der Betriebsrat aus<br />

sieben Mitgliedern, bei einer Betriebsgröße von<br />

201 bis 400 Arbeitnehmern aus neun Mitgliedern<br />

usw. Rechtlich umstritten ist, ob Leiharbeitnehmer<br />

an dieser Stelle mitzählen, d. h. ob<br />

eine hohe Anzahl von Leiharbeitnehmern zur<br />

Folge hat, dass mehr Betriebsratsmitglieder zu<br />

wählen sind. Dazu hat sich nun das Bun<strong>des</strong>arbeitsgericht<br />

geäußert.<br />

Im Streitfall ging es um eine Betriebsratswahl,<br />

die in einem gemeinsamen Betrieb<br />

zweier Unternehmen abgehalten wurde. In<br />

dem Betrieb waren 879 Stammarbeitnehmer<br />

beschäftigt und darüber hinaus regelmäßig<br />

292 Leiharbeitnehmer. Hätte man die Leiharbeitnehmer<br />

mitgezählt, hätte sich eine Betriebsgröße<br />

von 1.171 Arbeitnehmern ergeben,<br />

so dass gemäß der Staffel <strong>des</strong> § 9 BetrVG ein<br />

Betriebsrat mit 15 Mitgliedern hätte gewählt<br />

werden müssen. Tatsächlich war aber nur ein<br />

aus 13 Mitgliedern bestehender Betriebsrat<br />

gewählt worden, was korrekt gewesen wäre,<br />

wenn man bei der Betriebsgröße nur die 879<br />

Stammarbeitnehmer zählt.<br />

Damit wollten sich 14 Arbeitnehmer <strong>des</strong><br />

Betriebs nicht abfinden und leiteten ein Wahlanfechtungsverfahren<br />

gemäß § 19 BetrVG ein.<br />

Damit hatten sie weder vor dem Arbeitsgericht<br />

Nürnberg (Beschluss vom 4. November 2010,<br />

8 BV 81/10) noch vor dem Lan<strong>des</strong>arbeitsgericht<br />

(LAG) Nürnberg Erfolg (LAG Nürnberg,<br />

Beschluss vom 2. August 2011, 7 TaBV 66/10).<br />

<strong>Das</strong> BAG hob die Entscheidungen der Vorinstanzen<br />

auf und gab den Antragstellern recht.<br />

Die Betriebsratswahl war damit wirksam angefochten<br />

worden und es muss ein <strong>neue</strong>r Betriebsrat<br />

gewählt werden, diesmal ein 15-köpfiger<br />

statt eines 13-köpfigen. In der derzeit<br />

allein vorliegenden Pressemeldung <strong>des</strong> BAG<br />

heißt es zur Begründung:<br />

Der Siebte Senat <strong>des</strong> BAG hält an seiner bisherigen<br />

Rechtsprechung nicht fest. Künftig<br />

zählen in der Regel beschäftigte Leiharbeitnehmer<br />

bei den Schwellenwerten <strong>des</strong> § 9 BetrVG<br />

im Entleiherbetrieb mit.<br />

Dabei beruft sich das BAG auf eine „an Sinn<br />

und Zweck der Schwellenwerte orientierte Auslegung<br />

<strong>des</strong> Gesetzes“. Dahinter steht offenbar<br />

die Überlegung, dass viele Leiharbeitnehmer<br />

dem Betriebsrat auch viel Arbeit bescheren,<br />

und dass es eine entsprechend größere Anzahl<br />

von Betriebsratsmitgliedern daher notwendig<br />

Rechtsanwältin Cornelia Okpara<br />

ist als Geschäftsführerin <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>verband<br />

der Sicherheitswirtschaft<br />

(<strong>BDSW</strong>) zuständig für den Fachbereich<br />

Arbeitsrecht.<br />

ist. Außerdem verweist das BAG darauf, dass<br />

es nach dem Gesetz bei einer Betriebsgröße<br />

von mehr als 100 Arbeitnehmern auf die Wahlberechtigung<br />

der Leiharbeitnehmer gar nicht<br />

ankommt.<br />

Fazit: In Zukunft müssen Wahlen zum Betriebsrat<br />

so vorbereitet und durchgeführt<br />

werden, dass Leiharbeitnehmer bei der Feststellung<br />

der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder<br />

mitzählen. Andernfalls ist die<br />

Betriebsratswahl anfechtbar.<br />

Bun<strong>des</strong>arbeitsgericht,<br />

Beschluss vom 13. März 2013, 7 ABR 69/11<br />

24<br />

Arbeit und Soziales

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!