Digitale Edition, hg. von THOMAS MARSCHLER, Augsburg ... - OPUS
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gehenden Altertums überhaupt und speziell die Spekulationen über die<br />
„intelligible“, göttliche Schönheit ihren Weg in die Mystik und die Theologie des<br />
Mittelalters gefunden haben; und <strong>von</strong> da führen ihre Spuren besonders in der<br />
Vorstellung Gottes als der Urschönheit noch bis in die heutige christliche Dogmatik.<br />
Deshalb kann die Betrachtung der ästhetischen Elemente in der<br />
Religionsphilosophie des hl. Augustin auch einen Beitrag zu dem Verständnisse<br />
dieser merkwürdigen Seite des christlichen Denkens liefern.<br />
Aus dem Gesagten ist schon deutlich geworden, daß die folgende Untersuchung<br />
nicht darauf abzielt, die zahlreichen Aussprüche Augustins über das Schöne aus<br />
seinen Werken zusammenzutragen und zu einer „Lehre vom Schönen“ zu ordnen,<br />
sondern ihre Fragestellung lautet vielmehr: Wie erklären sich die häufigen<br />
Reflexionen Augustins über die „übersinnliche“, „unwandelbare“ Schönheit als das<br />
Ergebnis der Einwirkung eines lebhaften ästhetischen Fühlens auf sein Denken? –<br />
Demgemäß wird im folgenden zunächst die natürliche Empfänglichkeit Augustins<br />
für das Schöne in Natur und Kunst darzustellen sein (Kap. 2). Dann wird weiter<br />
untersucht werden, weshalb und wieweit diese natürliche Fähigkeit Augustins zum<br />
ästhetischen Genießen auf seine allgemeine Geistesrichtung (Kap. 3) und insbesondere<br />
auf seine Gottesvorstellung (Kap. 4) eingewirkt hat. Zuletzt soll die<br />
Bedeutung, welche die so auf ihre Wurzel zurückgeführte Vorstellung <strong>von</strong> Gott als<br />
der Urschönheit in dem Zusammenhange seines religionsphilosophischen Systems<br />
hat, herausgestellt werden (Kap. 5). 1<br />
1<br />
Die Stellen aus den Werken Augustins sind im folgenden nach der Ausgabe <strong>von</strong> Migne, Patrologiae<br />
cursus completus, series prima, tom. XXXII–XLVII, Parisiis 1845 zitiert; l. 1, c. 2, n. 3 bedeutet: liber<br />
1, caput 2, numerus (= laufende Nummer, Paragraph) 3.