Digitale Edition, hg. von THOMAS MARSCHLER, Augsburg ... - OPUS
Digitale Edition, hg. von THOMAS MARSCHLER, Augsburg ... - OPUS
Digitale Edition, hg. von THOMAS MARSCHLER, Augsburg ... - OPUS
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
44<br />
Vorstellung Gottes als der Urschönheit <strong>von</strong> solcher Bedeutung geworden, daß man<br />
das Resultat geradezu als „ästhetischen Optimismus“ bezeichnen konnte. 1<br />
Im zweiten Kapitel dieser Arbeit wurde dargelegt, wie weit Augustin Sinn und Herz<br />
für die Macht des Schönen in der Natur und der Kunst offen hielt. „Das ganze<br />
irdische Leben fesselte ihn durch seinen eigenartigen Reiz und seine Harmonie mit<br />
all diesem Schönen auf Erden.“ 2 Das noli foras ire befahl dagegen, das Auge vor<br />
dieser Schönheit der Außenwelt zu schließen und in das geistige Innere zu wenden.<br />
Doch die Fähigkeit zum ästhetischen Genießen war bei ihm zu sehr Naturanlage, als<br />
daß sie auf dem Wege der Verinnerung mit einem Male hätte unterdrückt werden<br />
können. Und wirklich bricht sie auch hier, in der mystischen Gotteserfahrung selbst,<br />
durch. Denn was da in unaussprechlicher Wonne genossen wird, ist „ wie ein Licht<br />
und Ton des inneren Menschen“, ist eine Art <strong>von</strong> ästhetischem Erlebnis. Wohl ist<br />
diese mystische Wonne unendlich viel süßer und beseligender als alle Lust an<br />
sinnlicher Schönheit, da es ja Gott, „die Schönheit über alle Schönheit“, ist, der da<br />
verkostet wird; aber sie verdeutlicht und stellt sich dem Bewußtsein doch nur dar als<br />
ein ins Unendliche und Geistige gesteigertes Lustgefühl an einem sinnlichen<br />
Schönen. In der straff theologisch zentrierten Denkweise Augustins wandelte sich<br />
aber diese Ähnlichkeit des sinnlichen Schönen mit der in der mystischen Vertiefung<br />
genossenen Urschönheit der göttlichen Wahrheit sofort zu einer kausalen<br />
Abhängigkeit: Die pulchritudo pulchrorum omnium 3 , die pulchritudo tam antiqua et<br />
tam nova 4 ,<br />
1<br />
vgl. A d . H a r n a c k , Lehrb. d. Dogmeng., 3. Aufl., Bd. 3, S. 106.<br />
2<br />
conf. l. 2, c. 5, n. 10: Et vitam, quam hic vivimus, habet illecebram suam propter quemdam modum<br />
decoris sui et convenientiam cum his omnibus infimis pulchris.<br />
3<br />
conf. l. 3, c. 6, n. 1 0 ; s. oben S. 41, Anm. 1.<br />
4<br />
ib. l. 10, c. 27, n. 38.