Digitale Edition, hg. von THOMAS MARSCHLER, Augsburg ... - OPUS
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43<br />
5. Kapitel.<br />
Die Bedeutung der Vorstellung Gottes als Urschönheit in dem Zusammenhang<br />
des religionsphilosophischen Systems des hl. Augustin.<br />
Zuweilen ist die „Doppelnatur“ und die „Zwiespältigkeit“ des augustinischen<br />
Geisteslebens vielleicht allzueifrig hervorgehoben worden. 1 Der eine große<br />
Widerspruch aber hat die Seele des hl. Augustin, wie die Confessionen es so<br />
meisterlich schildern, namentlich in der früheren Periode aufgewühlt: dem<br />
herrschenden mystisch ascetischen Zuge stemmte sich eine starke<br />
weltaufgeschlossene Anlage entgegen. Mit aller Kraft betont er nämlich einerseits,<br />
daß der unendliche Gott das einzig wahrhaft Seiende, das einzig dauernde Gut, die<br />
einzig wahre Beseligung sei und daß ihm gegenüber die sinnliche, materielle Welt<br />
gleichsam ein Nichts sei, daß ihre Lust nur Schein und Trug und Abhaltung <strong>von</strong> der<br />
einen wahren Freude sei und deshalb durchaus zu fliehen sei. Anderseits war jedoch<br />
gerade Augustin <strong>von</strong> Natur aus in ganz außergewöhnlichem Maße darauf angelegt,<br />
das Schöne und Wertvolle in der Außenwelt zu erfassen und sich seiner Betrachtung<br />
hinzugeben. Die Aussöhnung und Vereinigung dieser widerstreitenden Richtungen<br />
seines Geistes mußte sich dem hl. Augustin als eine Hauptaufgabe seiner<br />
Religionsphilosophie aufdrängen. In ihrer Lösung sind nun ästhetische Begriffe und<br />
besonders die in der mystischen Verinnerung gewonnene<br />
1<br />
s. z. B. R u d . E u c k e n , Die Lebensanschauungen der großen Denker, 8. Aufl., S. 207 ff.